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Reviews

Nadine Maria Schmidt & Frühmorgens Am Meer

Die Kinder an unseren Händen


Info

Musikrichtung: Singer/Songwriter

VÖ: 02.06.2023

(BSC Music)

Gesamtspielzeit: 62:44

Internet:

https://www.nadinemariaschmidt.de/
https://www.bscmusic.com/de/home.htm
https://bite-it-promotion.de/

Nadine Maria Schmidt & Frühmorgens Am Meer, ein ungewöhnlicher, aber nicht unbekannter Name, denn Ingo hatte sich bereits hier und hier mit diesem Ensemble beschäftigt.

Die 1980 in Thüringen geborene Künstlerin näherte sich der Musik autodidaktisch, erst im Alter von dreiundzwanzig, und gründete 2011 die Band Nadine Maria Schmidt & Frühmorgens Am Meer, nach einem englischsprachigem Album erschien dann 2012 das erste mit deutschen Texten, "Blaue Kanten". Doch bereits zuvor hatte ich die Musikerin 2010 mit ihrer Platte unter dem Namen Nylonsaiten und Saitenstrümpfe entdeckt und war überrascht über die Vielfalt des Albums, konnte ich seinerzeit Assoziationen zu Marianne Faithful, zur Band Renaissance, zu Melissa Etheridge als auch zu David Bowie und zur Band Pentangle herleiten.

Nun ist endlich das neue Album Die Kinder an unseren Händen erschienen, ursprünglich für 2020 geplant, aber der Pandemie wegen verschoben. Laut Pressetext geht es hinsichtlich der Texte kräftig in die Tiefe, so heisst es hierzu: Thematisch geht es ans Eingemachte – von ganz intimen Dramen über Kriegs- und Fluchtgeschehen bis zu einem historischen Massensuizid 1945 im vorpommerschen Demmin. Dabei gibt es doch einen klaren roten Faden – Nadine Maria macht ihn klar: „Die Kinder an unseren Händen als ein Symbol für Liebe und Vertrauen, aber auch für die Verantwortung für sie und das über die Generationen hinweg.“
Und diese Textinhalte kann man gut nachlesen im separaten Booklet, auch gut die kurzen Anmerkungen, worum es im Einzelnen gehen soll. Fiel mir bereits beim Album "Blaue Kanten" auf, dass die Musik der Platte von einer oft melancholischen Stimmung durchzogen wird - so, wie man es auch "frühmorgens am Meer" erleben kann, so gilt das gleichermaßen für das neue Album.

Ich spüre diesen sehr intimen Ausdruck der Musik, hiervorragende Arrangements, die zusammen mit dem Cellisten Christoph Schenker geschaffen wurden, unterstreichen dieses, Streicher und Bläser sind Bestandteil dieser kammermusikalisch geprägten Musik, die sich zwischen den Genres Singer/Songwriter und Pop bewegt und verleihen ihr eine beeindruckende Atmosphäre, sehr sensibel und harmonisch gestaltet.

Ja, vor Allem sind es die Streicher, die die Aufmerksamkeit fesseln können und förmlich zum Zuhören zwingen, beispielhaft nenne ich einmal den Song "Mein Kleid aus Federn". Dazu dann der Text: Wenn in den Tälern die Knospen nicht blühen. Aus Angst unter Blicken zu welken. Wenn in den Nächten sich das Brieflein nicht schreibt. Aus Angst an der Antwort zu verbrennen. Ja, poetisch und anspruchsvoll fokussieren die Texte die Aufmerksamkeit sehr stark auf diese, und es scheint, als würde die Musik erst einmal zweitrangig, irgendwie scheint man unweigerlich beide Elemente zu trennen, doch die Harmonien, die Melodik und hier die Streicher verbinden sich dann doch zu einem melancholischen Ganzen.

Einige der Songs erinnern mich an typische Chansons, aber auch Spuren der deutschen Sängerin Alexandra meine ich zu vernehmen. ("Buschwindröschen") Ganz besonders tieftraurig kann der eine oder andere Song auch ausstrahlen, "Selma" sei hier genannt. Und hier zeigen sich dann auch die Besonderheiten in der Stimme der Protagonistin, eine Stimme, die über viele Ausdrucksmöglichkeiten verfügt, zart, weich, rau, dehnbar, dunkel, sanft bis unsanft, ab und zu ein Hauch von Unsicherheit, aber stets die Aufmerksamkeit auf sich ziehend aufgrund der Eindringlichkeit. Maßgeblich ist dabei, wie die Musiker um sie herum dieses ganz spezielle Gerüst zimmern, dass alle Elemente so zauberhaft vereint.

Selten ist es mir geschehen, auf Musik zu treffen, die emotional so extrem bewegend ist, und im Vergleich zu "Blaue Kanten" hat man hier noch eine gewaltige Steigerung erfahren können. Die Kinder an unseren Händen, so der Albumtitel, und passend dazu das im Booklet abschliessend abgedruckte Zitat von Astrid Lindgren: "Gebt den Kindern Liebe, mehr Liebe und noch mehr Liebe...“



Wolfgang Giese

Trackliste

1 Schwalben
2 Mein Kleid aus Federn
3 Buschwindröschen
4 Solang ich Dich male
5 Selma
6 Karl & die Wildvögel
7 Hannah (DDR 1980)
8 Pozellan
9 Ich bin der Krieg
10 Aleyna - Kinder von Idomeni
11 Eispferde vom Ladogasee
12 Blauer Mond
13 Träumer
14 Wer leben darf
15 Glück
16 Wer zählt unsere Tränen (Bonus)

Besetzung

Nadine Maria Schmidt (Gesänge, Gitarren, Ukulele, Melodika)
Till Kratschmer (Klavier)
Chris Turrak (Rückhalt)
Christoph Schenker (Celli, Bässe, Sounds & Beats)
Andreas Uhlmann (Posaune)
Patrick Schanze (Trompete)
Johannes Ziemann (Schlagzeug)
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