Monoblock

I.F.A. 2.0


Info
Musikrichtung: Dark Metal

VÖ: 24.07.2020 (1999)

(Kick The Flame / Broken Silence)

Gesamtspielzeit: 43:04

Internet:

http://www.facebook.com/monoblockmetal


Ende des letzten Jahrtausends fand am Pestalozzi-Gymnasium im westsächsischen Meerane eine Schulband zusammen, die ihren Aktionsradius bald deutlich ausdehnte. In den Herbstferien 1999 marschierte das Monoblock getaufte Quartett dann ins Studio, um elf Songs für den ersten Longplayer einzuspielen, der den kryptischen Titel I.F.A. erhielt – einen gleichnamigen Song oder auch nur einen, auf den das Kürzel passen würde, gibt es nicht, und trotz der Herkunft aus der klassischen sächsischen Autoregion (das einstige Sachsenring- und heutige VW-Werk in Mosel steht nur ein paar Kilometer südöstlich von Meerane) dürfte auch nicht damit zu rechnen sein, dass der Industrieverband Fahrzeugbau der DDR als Namensgeber herhalten mußte, denn Monoblock waren keine ostalgische Spaßband wie etwa die legendären IFA Wartburg. Zehn Jahre, diverse Umbesetzungen und weitere drei Alben später verschwanden die zwischenzeitlich zum Sextett angewachsenen Monoblock quasi auf dem Bandfriedhof, aber vor allem Gitarrist/Sänger Christian Litzba blieb szeneaktiv, u.a. bei Deadend In Venice, und zehn Jahre nach der praktischen Grablegung Monoblocks entschloß er sich, den Erstling zu re-releasen, allerdings in einer komplett neu eingespielten Fassung. Für dieses Vorhaben konnte er vom Debüt-Quartett Zweitgitarrist Sven Großkreutz für zwei Akustikgitarrenpassagen gewinnen, während Drummer Frank Koppe und Bassist Silas Hofmüller nicht beteiligt waren, so dass Litzba bis auf die genannten Akustik- sowie einige Leadgitarren und Synthies alles andere offensichtlich im Alleingang einspielte.
So ist also praktisch ein komplett neues Album entstanden. Die Anzahl der Songs blieb allerdings unverändert, auch die Reihenfolge entspricht dem Original. Wer selbiges besitzt, kann hören, was alles sich konkret in der Musik und den Texten verändert hat – ja, auch in den Texten: Die Bandhymne „Monoblock“ beispielsweise hat ein Update erfahren, indem auf den weiteren Verlauf der Bandkarriere Bezug genommen und beispielsweise das 2006er Album Kinderaugenblicke erwähnt wird, während der Protagonist von „Vorurteile“ jetzt u.a. des unreflektieren Likens zweifelhafter Netzinhalte geziehen wird, woran 1999 natürlich in dieser Form auch noch nicht zu denken war, denn ein gewisser Mark Zuckerberg zählte damals gerade mal 15 Lenze, und es wußte noch niemand, was man eines Tages unter dem Terminus „Soziale Netzwerke“ verstehen würde. Die behandelten Themen allerdings waren 1999 partiell schon erschreckend aktuell, etwa „Feigling“, das ohne eine konkrete Nennung alle verurteilt, die über Schwächere herfallen, worunter man vor dem damaligen Hintergrund aber ohne weiteres die lokale nationalsozialistische Bewegung verstehen konnte. Und „Vorurteile“ kann man ohne große Schwierigkeiten auf alle möglichen Kleingeister münzen, von der AfD über die Antifa bis hin zu Chemtrails- und Q-Anhängern. Bis auf die Ballade „I’m Alone“ sind die Lyrics komplett in Deutsch gehalten und trotz des dominierenden harschen Gesangsstils fast durchgängig gut verständlich, zur Sicherheit aber auch allesamt nochmal im Booklet abgedruckt. Kurioserweise verrät das Booklet indes nicht, wer hier eigentlich singt, aber die Wahrscheinlichkeit dürfte relativ groß sein, dass es sich um Litzba handelt. Neben den dominierenden rauhen Gesang tritt bisweilen klarer, etwa in der genannten Ballade, der aber in den tieferen Lagen etwas unbeholfen wirkt, und auch die zweistimmigen Parts lassen irgendwie noch Reserven bei der Feinabstimmung erkennen. Da überzeugt das bedrohlich-appellierende Flüstern im Mittelteil von „Feigling“ viel stärker.
Bleibt zu klären, wie I.F.A. in seiner Fassung 2.0 (die im Artwork nirgendwo in Zahlenform aufscheint, sondern nur in Litzbas Danksagung) denn nun klingt. Hatten Monoblock einstmals den Gothic Metal zugunsten einer powermetallisch angehauchten Prog-Kante verlassen, so hat auch die Neueinspielung wenig mit dem zu tun, was man üblicherweise unter Gothic Metal versteht – da ist allein schon das üblicherweise recht zügige Musiziertempo vor, das sich in „Feigling“ oder „Die Erinnerungen“ bis zum Blastspeed ausweitet, so dass man eher von dem sprechen kann, was man in den Neunzigern irgendwann als Dark Metal zu bezeichnen begann, also ein Mix aus Gothic und Black Metal mit diversen weiteren Zutaten, allerdings im vorliegenden Fall ohne solche, die man 1999 noch gar nicht hätte kennen können. „Morgens halb 10 in Deutschland“ etwa weist einen punkigen Einschlag auf (übrigens auch im anarchistischen Aspekt der Uneinigkeit, ob man die Zahl nun in Ziffern oder als Wort schreibt) und bringt außerdem Madlen Siekjost zu Gehör, die die Titelzeile im Stile einer Nachrichtensprecherin rüberbringt. Weiblichen Gesang, wie man ihn später von der Band kannte, gibt es auf dem Album indes noch nicht. „Vorurteile“ wiederum schielt im Hauptthema ein Stück in Richtung „Temple Of Love“ und ist der Song, der sich allein aufgrund dieses Aspekts am stärksten ins Gothic-Fach lehnt, während die Bandhymne „Monoblock“ zwar mit feistem Doom anhebt, aber letztlich doch ins erst groovige, später treibende Midtempo umschlägt. Bis auf die Balladen „I’m Alone“ und „Du kennst mich nicht“ herrscht in den zehn mit Gesang versehenen Songs durchweg eine beträchtliche Grundhärte, und Litzba hat zwar das Material arrangementseitig durchaus etwas aktualisiert, aber gerade den Balladen auch ein bißchen „Schülerbandfeeling“ belassen. Das elegisch-melodische Instrumental „1.49“, das so lange dauert, wie es heißt und stilistisch schon weit ins spätere Bandschaffen vorausweist, schließt 43 überwiegend reizvolle Minuten ab, die man auch unabhängig von der Kenntnis von I.F.A. 1.0 interessant finden kann. Die Scheibe kommt im Digipack mit neuem Artwork, zeigt im Booklet aber auch das alte plus diverses weiteres historisches Material (auf der CD selbst findet sich u.a. ein kultiges handgemaltes Bandlogo aus historischer Zeit) und wird so zum doppelten Zeitdokument für alle damals Dabeigewesenen. Außerdem könnten Eisenbahnfreunde das Panoramabild im Inneren des Digipacks (Sonnenuntergang hinter Bahnanlagen) interessant finden.



Roland Ludwig



Trackliste
1Gib mir die Kraft4:05
2Feigling4:19
3Vertrau in der Not3:59
4Morgens halb 10 in Deutschland3:12
5Vorurteile4:31
6I’m Alone6:02
7Sag niemals nie3:19
8Du kennst mich nicht3:13
9Die Erinnerungen2:36
10Monoblock5:55
111.491:49
Besetzung

Christian Litzba (nahezu alles)


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