Skavida

Offbeat Circus


Info
Musikrichtung: Ska

VÖ: 12.05.2018

(Eigenproduktion)

Gesamtspielzeit: 57:40

Internet:

http://www.skavida.de


Nach einer anno 2014 erschienenen EP namens Sunny Day legen Skavida nun ihren ersten Longplayer vor. Wer nach unten auf die Tracklist linst, wird feststellen, dass sich der EP-Titeltrack auch auf dem Album wiederfindet, was in analoger Weise auch für weiteres EP-Material gilt. Die Frage, ob es sich um Übernahmen der alten Einspielungen oder aber um neue Fassungen handelt, kann auch der Nichtbesitzer der EP problemlos beantworten: Erstens sagen die im Digipack des Albums abgedruckten Credits, dass die 14 Nummern allesamt 2017 eingespielt worden seien, und zweitens ist ohrenhörlich in allen Songs der Gesang von Sabine Neues zu vernehmen, die erst seit 2017 zu Skavida gehört. Wir haben es also mit komplett neu eingespieltem Material zu tun, unabhängig davon, welcher Bandphase das originale Songwriting entsprungen ist. Zugleich dokumentiert Offbeat Circus aber nicht nur einen großen Schritt in die Zukunft, sondern auch den Abschluß einer frühen Bandära: Co-Gründer/Bassist Pablo Beckmann hat das Album noch mit eingespielt, die Band, deren Heimatstadt Jena und Deutschland zwischenzeitlich aber verlassen, so dass er bei der Releaseparty im Mai 2018 (siehe Konzertbericht auf diesen Seiten) schon nicht mehr mit von der Partie war. „Fast ’N Funny“ bringt ihn allerdings nicht nur an seinem angestammten Instrument zu Gehör, sondern sampelt zugleich einen Anruf bei seiner Mutter ein – worüber sich die beiden aber unterhalten, das bleibt dem Kenner der spanischen Sprache zu ergründen vorbehalten.
Ansonsten konzentrieren sich Skavida lyrisch aber aufs Englische, wobei der Digipack zwar die strukturellen Infos zum Album sowie die Crowdfunding-Unterstützerliste, aber keine Songtexte enthält, der Interessent also genau hinhören oder einen Blick auf die Bandhomepage werfen muß, ob er möglicherweise dort fündig wird. Gedanken, die weiter als bis zum nächsten Bong reichen, machen sich Skavida nämlich durchaus, wenngleich die Musik freilich auch als reine „Hirn ausschalten und tanzen“-Untermalung funktioniert.
Nur sollte man doch auf einige Überraschungen gefaßt sein – weniger grundsätzlich stilistischer Art (das ist Ska archetypischer Art und beispielsweise weitgehend ohne Rockfaktor, da Holger Hustemeier nur sehr selten feistes Rockriffing einwirft), aber in Detailfragen. Schon im Opener „Tears“ ein wenn auch kurzes Drumsolo einzuwerfen mutet reichlich außergewöhnlich an, und Sabines bisweilen leicht verzerrter Gesang macht auch deutlich, dass die Band moderneren Elementen zumindest nicht prinzipiell abgeneigt erscheint, wenngleich dieses Stilmittel in der knappen Stunde singulär bleibt und die Vokalistin erst wieder ganz zum Schluß in „Ten Times“ entscheidend von ihrer üblichen Deklamation abweicht, dort freilich in leicht angerauht-bluesiges Territorium abdriftend. „Corleone“ bietet vor einem der seltenen Gitarrensoli noch eines von Florian Drachenberg am Saxophon, songsujetkompatibel ausgestattet mit enorm viel italienischem Pathos, „Goddamn Fine“ beinhaltet Chorgesänge, die eine bestimmte Altersgruppe in ähnlicher Weise noch aus der frühen deutschen Daewoo-Werbung kennen könnte, das große Break in „Submarine“ offeriert schleppenden Reggae vom Feinsten (wenngleich man sich gerade hier als metallisch sozialisierter Hörer fragt, wie das klänge, wenn diese Passage noch mit einem großen Doomriff unterlegt worden wäre), das Orgelthema in „Love Is Not For Sale“ klingt im positiven Sinne historisch, und inmitten der partykompatiblen Nummern findet sich ein epischer Fünfeinhalbminüter namens „Like A Bird“, der eine ganz andere Stimmungslage einbringt, mit sehnsuchtsvollen Soli der Blechbläser glänzt und auch live zu überzeugen wußte, während die Band wiederum von der Livekompatibilität des balladesk-angedüsterten, wie erwähnt mit einem etwas expressiveren, angebluesten Leadgesang versehenen Finalsongs „Ten Times“ wohl nicht überzeugt war und diese in der Studiofassung trotzdem sehr interessante Nummer nicht in die Setlist der Releaseparty aufnahm. Auch in den scheinbar archetypischen flotten Skanummern muß der geneigte Hörer allerdings auf den einen oder anderen möglicherweise an dieser Stelle eher unerwarteten Tempowechsel gefaßt sein, der ihn bei Nichtbeachtung gehörig aus dem Tanzrhythmus zu bringen droht, ohne freilich irgendwie unlogisch oder eingeklebt zu wirken: Skavida sind offensichtlich trotz noch junger Bandgeschichte durchaus gewiefte Songwriter, die es beispielsweise in „Love Is Not For Sale“ fertigbringen, die genannten orgeldominierten und midtempolastigen Passagen geschickt mit einem flotten Refrain zu verknüpfen, ohne dass es irgendwie bemüht wirkt. Freilich ist durchaus noch nicht alles Gold, was glänzt: Nicht jeder Übergang gelingt so harmonisch und flüssig, wie das wünschenswert gewesen wäre, wobei sich die Dichte der Problemfälle aber dankenswerterweise in Grenzen hält.
Zu sprechen wäre auch noch über diverse technische Grundlagen: Eine unpoliert wirkende Aufnahme ist zwar ein hehres Ziel, schließt aber die Ausbesserung diverser ungewollt schräger Elemente durchaus nicht aus. Da holpert es etwa im Break von „Johnny Can Fly“ oder den mehrstimmigen Gesängen am Ende von „Like A Bird“ noch zu sehr, und auch die Bläser geraten hier und da hörbar ans Ende ihres Atemvorrats und/oder ihres Ansatzes. Aber Skavida sind noch jung, werden diesbezüglich sicher noch an Sicherheit gewinnen – und für eine gepflegte Baggerseeparty sind sie allemal gut, sowohl live als auch mit der sauber und natürlich produzierten Offbeat Circus-Konserve, wenngleich letztgenannte selbstredend kein Ersatz für ein Liveerlebnis sein kann und Skavida es nicht schaffen, ihre Live-Vitalität 1:1 auch auf der Scheibe zu verewigen. An dem Problem sind freilich auch schon Größere gescheitert ...



Roland Ludwig



Trackliste
1Tears 4:33
2 Johnny Can Fly 3:14
3 Fast ’N Furry 4:29
4 Submarine 3:58
5 Corleone 4:14
6 Goddamn Fine 3:30
7 Come On And Dance2:54
8 Like A Bird 5:26
9 Love Is Not For Sale 3:42
10 Let Me Sleep 3:31
11 Emanuela 4:27
12 Same Way 4:07
13 Sunny Day 5:16
14 Ten Times 4:11
Besetzung

Sabine Neues (Voc)
Holger Hustemann (Git, Voc)
Pablo Beckmann (B)
Robert Hahn (Dr)
Florian Drachenberg (Sax, Key, Voc)
Julius Krämer (Pos, Key)
Martin Reemts (Trp)



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