Axemaster

Crawling Chaos


Info
Musikrichtung: Metal

VÖ: 24.11.2017

(Pure Steel / Soulfood)

Gesamtspielzeit: 43:51

Internet:

http://www.axemasterofficial.com
http://www.puresteel-records.com


Mit ihrem 1987er Debütalbum Blessing In The Skies hatten Axemaster einigen Staub in der Szene aufgewirbelt, aber um einen richtigen Sturm zu entfachen, waren sie damals schon zu spät dran: Sie gerieten mit ihrem ziemlich traditionellen US-Metal in den Malstrom, der sich durch die Aufspaltung in Thrasher und Poser öffnete, und trotz aller Qualität reichte es nur zu einem überschaubaren Bekanntheitsgrad bei metallischen Gourmets, denen Szeneschubladen herzlich egal waren und die 1987, 1997, 2007, 2017, 2027 ... unverfälschte ehrliche Metalkunst traditionellen Zuschnitts zu schätzen wissen. Wie viele Stilgenossen besaßen auch Axemaster auf ihrem Debüt schon eine latente Neigung zu Elementen, die man später als progressiv titulieren sollte, und diese Tendenz fiel auf den späteren Werken sowohl Axemasters als auch der Bands, die Bandkopf Joe Sims hernach gründete (The Awakening, Dream Or Nightmare), noch etwas stärker aus, ohne dass man freilich von lupenreinem Progmetal sprechen konnte. Statt dessen begannen besonders Dream Or Nightmare das Tempo in doomangehauchte Gefilde zu senken, ohne indes wiederum eine reinrassige Doomband zu werden.
Nun sind Axemaster wieder da, Blessing In The Skies liegt bereits seit Jahren als Re-Release vor, und Crawling Chaos ist das zweite aktuelle Album der neuen Aktivitätsperiode – das erste, Overture To Madness, befindet sich hier noch auf dem großen Stapel der Ungehörten, so dass seine musikstrukturelle Einordnung bisher nicht möglich ist. Aber das stellt kein Problem dar: Crawling Chaos eröffnet mit „10,000 Pound Hammer“, zu dem auch ein Video gedreht wurde, und dieser Song schließt nahtlos an das an, was man vor mehr als einem Jahrzehnt beispielsweise auf Dream Or Nightmares Light Burning Bright Till The Dawn hören konnte, freilich mit einem markanten Unterschied – die Präsenz merk- und daher mehrheitsfähiger Passagen wurde wieder deutlich erhöht, der Refrain dieses Songs besitzt durchaus eine gewisse Eingängigkeit und kann live ohne größere Probleme mitgeshoutet werden. Die Massivität wiederum mag denjenigen Hörer überraschen, der von Blessing In The Skies zumindest etwas leichtfüßigeres Material gewohnt war – aber auch diese Zielgruppe darf sich anhand Crawling Chaos beruhigt zurücklehnen, denn gleich an zweiter Position steht der Titeltrack, eingeleitet durch ein fluffiges Baßintro und trotz aller metallischer Power mit fast swingenden Drumparts versehen, die sich erst kurz vor Minute 4 in einen vertrackten Progmetalpart verwandeln, der wiederum kurze Speedpassagen eingepflanzt bekommen hat, übrigens nahezu die einzigen der gesamten knapp 44 Minuten und im Leadgitarrensound eine ganz kuriose Erinnerung wachrufend: Kollege Georg Lögler hatte in seinem ersten Dream-Or-Nightmare-Review auf www.crossover-netzwerk.de bereits den Bandnamen Candlemass ins Spiel gebracht, das aber eher auf die doomigere Ausrichtung bezogen – hier hingegen hören wir einen Leadgitarrensound, der ein wenig an Candlemass erinnert, und zwar nicht etwa die der klassischen Periode, sondern die des Chapter VI-Albums, das ja weiland etwas aus dem stilistischen Rahmen fiel. Aber wenn man sich mal dem Gedankenexperiment unterzieht, Messiah Marcolin hätte „Axes Of Evil“ eingesungen, so hätte dieser Song durchaus problemlos seinen Weg auf das selbstbetitelte 2005er Candlemass-Album finden können, und das keineswegs nur wegen der massiven Geschwindigkeitsherausnahme zwischendurch. Damit soll logischerweise nicht gesagt werden, dass Axemaster nun plötzlich Candlemass-Kopisten wären, zumal sich eben gerade die Sänger doch deutlich unterscheiden: Geoff McGraw geht auch mit einer durchaus epicmetalkompatiblen, aber etwas angerauhten Stimme zu Werke, mit der er hier und da nicht hundertprozentig sicher wirkt, etwa in den harten Passagen von „Shallow Grave“, während er andernorts haargenau paßgenaue Linien setzt, beispielsweise in den Strophen von „Flowers For The Dead“. „Nebenher“ spielt er übrigens auch noch Rhythmusgitarre, so dass Axemaster zu Zeiten dieses Albums live mit drei Äxten arbeiten konnten, da neben Joe Sims mit Damin Bennett noch ein weiterer Leadgitarrist an Bord war, der im Nebenjob allerdings auch noch die Keyboards bediente, die indes nur punktuellen Einsatz finden. Das Instrumental „Mystify The Dream Hypnotic“ hat Bennett übrigens im Alleingang geschrieben, wobei die grundstrukturierenden Passagen nicht so richtig nach einer Gitarre klingen, sondern eher nach einem asiatischen Saiteninstrument – aber mit heutigen Effektgeräten ist ja viel möglich. Leider endet dieses Werk nach nur knapp zwei Minuten ein wenig unvermittelt, fast überhastet wirkend – da entschädigt auch das exzellente Openingriff des auf dem Fuße folgenden „Aldar Rof“ nicht so richtig, obwohl der Song als solcher zu den stärksten des Albums gehört, wobei man auch hier trotz des dominanten Hauptriffs vor gelegentlichen Seitenthemen nicht gefeit ist und auch damit zurechtkommen muß, dass McGraw im Mittelteil mal kurz in herbes Gebrüll übergeht. „Shallow Grave“ beginnt dann balladesk, wechselt allerdings später in zwei temposeitig markant unterschiedene harte Passagen, wobei McGraw in den doomigeren Teilen noch überzeugt, in den schnelleren Parts aber wie oben bereits erwähnt irgendwie neben der Spur landet und wohl ungewollt eine Art thrashiges Feeling einbringt, das nur bedingt in den Gesamtkontext passen will. Mit „Death Before Dishonor“ folgt ein Song mit verdächtigem Titel, denn so hieß schon ein 1990er Release und ein 2002er noch dazu – sollte es sich um historisches Material handeln? Eine analoge Frage stellt sich übrigens zu „Flowers For The Dead“, denn ein Song dieses Titels stand schon 1999 auf einer Compilation des Unisound-Labels, die Archivmaterial von Axemaster und The Awakening vereinte. Die Credits auf Crawling Chaos weisen für neun der zehn Songs (das oben genannte Instrumental ausgenommen) allerdings komplett die 2017er Axemaster-Besetzung als Songwriter aus. Besitzer dieser historischen Scheiben können auf Spurensuche gehen, der Rezensent, lediglich Blessing In The Skies besitzend, kann es zumindest mit physischen Tonträgern nicht und diagnostiziert für die 2017er Fassung von „Death Before Dishonor“ zunächst abermals diesen candlemass-artigen Leadgitarrensound. Ein Blick in die Encyclopedia Metallum offenbart für die beiden genannten Songs allerdings, dass die neuen Lyrics und die der jeweiligen „Ur-Songs“ übereinstimmen – also liegt der Verdacht nahe, dass es sich hier tatsächlich um Neufassungen historischen Songmaterials handelt.
Zurück zu Crawling Chaos: „Bravado“ entwickelt seine Songgrundidee ein wenig zu plötzlich, überzeugt aber mit einem weiteren live garantiert wirkungsmächtigen „Stand and fight“-Refrain, und die Halbakustikelemente im Intro des Closers „Knight Of Pain“ führen letztlich nicht zu einer entscheidenden Stilwendung – dafür sorgt vielmehr Drummer Denny Archer, der hier einige galoppierende Passagen einbaut, die man im bisherigen Verlauf der Scheibe noch nicht gehört hat und den hörspielartigen Mittelteil auch noch nicht. Die von einem Ed-Repka-verwandten Cover (der abgebildete Krake ist kein Oktopus, denn er hat deutlich mehr als acht Arme, und außerdem kann er nebenbei auch noch fliegen) verhüllte Scheibe braucht einige Durchläufe, bis sich ihre Reize entfalten, kann intensivere Beschäftigung aber reich belohnen. Was die Band in Zukunft abliefern wird, steht zum Rezensionszeitpunkt allerdings noch nicht fest, denn von der Crawling Chaos-Besetzung sind aktuell nur noch McGraw und Sims übrig, die sich mit drei neuen Mitstreitern umgeben haben.



Roland Ludwig



Trackliste
110,000 Pound Hammer4:25
2 Crawling Chaos5:46
3 Axes Of Evil4:53
4 Flowers For The Dead4:54
5 Mystify The Dream Hypnotic1:53
6 Aldar Rof4:29
7 Shallow Grave4:39
8 Death Before Dishonor4:27
9 Bravado3:36
10 Knight Of Pain4:48
Besetzung

Geoff McGraw (Voc, Git)
Joe Sims (Git)
Damin Bennett (Git, Keys)
Jim Curtis (B)
Denny Archer (Dr)



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