Musik an sich


Editorial

Alles neu macht der Mai!

Schön wär’s! Aber wenn ich mir anschaue, was ich in den letzten Monaten, ja Jahren an Musik auf den Tisch, bzw. in den Player bekommen habe, dann kann ich da an Innovationen wenig finden. Alles ist Klaus Lage! „Tausend Mal gehört, tausend Mal ist nichts passiert!“

Klar, gibt es da mal ein Album, das gefällt, einen Kracher, der im Ohr bleibt, oder eine Atmosphäre, die Herz und Seele erhebt. Aber Innovationen? Mir fällt auf, dass ein großer Teil dessen, was mir beim Besprechen besonders gefällt, Wiederveröffentlichungen sind. War früher wirklich alles besser? Oder bin ich mittlerweile so in die Jahre gekommen, dass ich einfach nicht mehr offen für Neues bin?

Vielleicht ist ja die Grundfrage schon falsch gestellt. Alles neu macht der Mai – das ist ja erst einmal einfach die be-geistert mitgerissene Formulierung eines Naturerlebnis gewesen. Und wenn ich die Nase mal von der Tastatur erhebe und aus dem Fenster schaue, dann kann ich dieses Erlebnis live und in Farbe sehen. Die Pflaume zeigt ihren letzten Blüten vor dem dunkelgrünen Hintergrund der schon abgeblühten Magnolie. Die Forsythie wechselt von Gelb zu hellerem Grün Die Kirsche steht in voller weißer Blüte. Die Rhododendren lassen die ersten schweren Knospen aufplatzen. Der Weißdorn hält sich noch vornehm zurück. Und in den Blumenkästen haben die Stiefmütterchen am Wochenende schon den Geranien weichen müssen. Ja, der Mai macht wirklich alles neu. (auch wenn dieses Jahr vieles schon im April passiert ist.) Und er macht das völlig ohne so genannte Innovationen - mit denselben Hits, die schon seit Jahrhunderten die floralen Charts anführen – auch wenn die bevorzugt „aufgelegten“ Hits immer wieder mal mit der Mode und der Zeit wechseln.

Genießen wir also, was uns an neuem Alten und altem Neuen auf den Tisch kommt, ob nun Beth Hart den Blues hat, Impellitteri den Thrash shreddern, Van Morrison alte Kamellen aufwärmt, Elliot Murphy US-amerikanisch songwritert, Gunnar Halle den Jazz über seine Grenzen hinaus trägt, Lis Er Stille die 70er Jahre am Leben erhalten oder The Leather Nun nach 20 Jahren wieder aus der Garage kommen. Und dann, ja manchmal gibt es doch so was, was ein wenig innovativ wirkt; zum Beispiel das zweite Album von Cryptex, dem es gelingt ganz passabel an den genialen Erstling anzuknüpfen.

In diesem Sinne – Ohren, Augen und Nasen auf für einen schönen Frühling (Allergiker mögen mir verzeihen!)

Norbert von Fransecky