Europa steht zusammen

Schon oft war es so, dass es Krisen oder Kriege waren, die Teile der Bevölkerung, oder wie aktuell, einen Erdteil/Staatenverbund zusammenhalten ließen / lassen. Das Stichwort hierzu ist der kriegerische Angriff auf die Ukraine. Doch nicht über diesen Krieg will ich berichten. Dazu hat man in der täglichen Berichterstattung mehr als Gelegenheit genug. Rasch möchte ich die Brücke zur Musik schlagen. Darum geht es uns bei Musik An Sich schließlich vorrangig.

Der Name dieser "Brücke" lautet European Song Contest (seit 1992), kurz ESC. 1956 startete diese Veranstaltung, noch unter der Bezeichnung Grand Prix Eurovision de la Chanson. Seit der ersten Gewinnerin aus dem Jahre 1956, Lys Assia, waren es immer wieder Teilnehmer dieses Wettbewerbs, die heute einen hohen Bekanntheitsgrad aufweisen. So lesen wir unter den Gewinnern Namen wie Jean-Claude Pascal, Gigliola Cinquetti, France Gall, Udo Jürgens, Lulu, Vicky Leandros und nicht zuletzt waren es Abba, deren Sieg einen großen Erfolg nach sich ziehen konnte. Auch mit Johnny Logan oder Céline Dion waren nachfolgend noch großartige Beiträge zu vernehmen. Ursprünglich war es wohl angedacht, einen Preis für das beste Lied, die beste künstlerische Darstellung und die beste Komposition zu verleihen.

Dieses hat sich mittlerweile stark verändert. Vielmehr stehen ganz andere Prioritäten im Vordergrund. So gingen nach und nach auch der künstlerische Wert, die Festlichkeit und letztlich auch das Niveau gegen Null. Auch die Zeit, als noch jeder Song von einem eigens dafür zur Verfügung gestellten Orchester künstlerisch hochwertig begleitet wurde, ist lange vorbei. Nur noch der Gesang ist live verblieben. Im Fokus stehen bei vielen Acts nur noch der Show-Charakter, billiger Klamauk, aufwendige Choreografien und schrille Darstellungen, die so in den Vordergrund gerückt sind, dass die damit oft auch verbundenen grottenschlechten Kompositionen noch mehr verblassen, Kompositionen, die ohnehin oft nur zusammengeschustert wurden, und die, hört man sie unabhängig von der visuellen Darstellung, einfach schlecht sind. Nun, sicher ist es auch nicht ganz so einfach, innerhalb eines Zeitlimits von drei Minuten etwas Ansprechendes und Hochwertiges zu komponieren. Und grundsätzlich ist auch nicht Alles schlecht, denn schaut man sich intensiv in der langen Historie des Wettbewerbs um, wird man auch wirklich gute Beiträge entdecken können, die jedoch leider schlechte Plätze belegten. Auch haben sich schon lange nicht mehr entweder bekannte Künstler*innen als Interpreten*innen zur Verfügung gestellt und Gewinner*innen haben ihren jeweiligen Erfolg international nicht weiter ausbauen können, auch wohl, weil es an Substanz fehlte.

Doch was hat das nun mit dem Krieg in der Ukraine zu tun? Genau - es war im letzten Jahr, als - erwartungsgemäß - der Beitrag der Ukraine, die Band Kalush Orchestra mit dem Song „Stefania", den Wettbewerb mit großem Vorsprung gewann. Sicher war das zu einem großen Teil eine Art Solidaritätswertung. Denn bei dem Song, der ethnische Elemente mit Rap und ukrainischer Volksmusik kombinierte, handelte es sich wohl um keine außergewöhnliche und großartige Komposition. Nun, was auf diese Weise allerdings erreicht wurde, das ist ein gewisser Ausdruck von Solidarität gegenüber dem ukrainischen Volk und diese Art eines Zusammenhaltens, von dem ich eingangs sprach.

Insofern hat sich, und hierzu verweise ich auf mein Editorial vom Oktober 2022, die Macht der Musik behauptet, und, um noch einmal Albert Ayler zu zitieren, „Music causes all bad vibrations to fade away, It makes one want to love instead of hate.“ In Verbindung mit dem noch andauernden Krieg in der Ukraine will ich hoffen, dass sich dieser Gedanke weiter verbreiten wird, und um hoffentlich mit Musik dieses Ziel näher bringen zu können. Der nächste European Song Contest im Mai dieses Jahres steht vor der Tür, ich bin gespannt, ob es Beiträge geben wird, die sich mit dieser Situation beschäftigen werden.

Nun, die deutschen Beiträge, die für die Vorauswahl in diesem Jahr zur Verfügung stehen, halten sich da wohl eher zurück. Erneut viele schwache Songs, die es offensichtlich vermeiden, eine gute Komposition als Grundlage zu haben. Gibt es hierzulande denn wirklich keine Musiker*innen mehr, die sich trauen, für diesen Wettbewerb einen guten Song zur Verfügung zu stellen? So ist auffällig, dass man in den letzten Jahren meist auf ausländische Komponisten*innen zurückgriff, die in der Gesamtheit von Komposition und Vortrag auch nicht punkten konnten, sondern eher hintere Ränge bescherten. Oder traut man sich nicht, ggf, schlecht abzuschneiden und einen guten Ruf aufs Spiel zu setzen? Aber das nur am Rande...

Widmen wir uns einigen Beiträgen in unserem Magazin, auf die man hinweisen sollte: so konnten unsere Redakteure folgende Künstler*innen mit ihren Veröffentlichungen besonders empfehlen: Durante, F. (Doni), Mihály Borbély Quartet, Oscar Peterson, Schönberg, A. – Berg, A. (Het Collectief), Martinu, B. – Krása, H. – Kalabis, V. (Esfahani, M.), Dieupart, F. (Van Asperen, B.), Flood, Vinnie Moore, Machina Mundi.

Viele Grüße von der Küste,

Wolfgang