Sibelius, J. (Berglund)

Symphonien Nr. 1-7 (DVD)


Info
Musikrichtung: Spätromantik

VÖ: 04.02.2022

(ics / Outhere Music / 2 DVD / 1998, live / Best. Nr. ICAD5162)

Gesamtspielzeit: 230:00

Internet:

Chamber Orchestra of Europe



NIE GENUG

Nein, er konnte nicht genug bekommen von der Musik seines großen Landsmannes. Der finnische Dirigent Paavo Berglund schätzte die Orchesterwerke Jean Sibelius´ (1865-1957) dabei keineswegs aus reinem Nationalstolz, sondern sah in ihnen ein unerschöpfliches Klangfarbenrepertoire, das von der Schwelle zwischen Spätromantik und Moderne kündet. Hin und hergerissen zwischen der Tradition und dem Aufbruch in die Avantgarde, dabei beeinflusst von der Natur des Nordens wie auch von dessen volkstümlicher Musik. Die Herauforderung sah Berglund dabei zeitlebens darin, die Klangfarben im Orchester immer wieder neu im Geiste Sibelius´ auszutarieren. Ein höchst notwendiges Unterfangen, denn nur allzu leicht gehen Schattierungen in diesen mal rauhen, mal fragilen Tongebilden unter, was die Musik rasch ins Ungefähre und Flächige abdriften lässt.

Berglunds Ringen um den idealen Klang für jeden Takt ist hinlänglich dokumentiert. Unter seiner Leitung entstanden Gesamteinspielungen auf CD mit dem Bournemouth Symphony Orchestra (EMI/Warner), dem Helsinki Philharmonic Orchestra (Warner) und dem Chamber Orchestra of Europe (Finlandia Records). Kurz nach der Einspielung der letztgenannten Studioproduktion präsentierte Berglund den Zyklus aller Symphonien mit ebendiesem Orchester 1998 live beim Helsinki Festival. Den TV-Mitschnitt der entsprechenden Konzerte hat nun, zehn Jahre nach Berglunds Tod, das Label ica veröffentlicht. Bei der Bildqualität müssen Abstriche hingenommen werden, auch wenn das Bild digital auf das HD-Format hochgerechnet wurde. Der Klang ist etwas trocken, aber überaus transparent. Sehr schön und fein die Zeichnung der Streicherstimmen, die dem Bläserklang ausreichend Raum zur Entfaltung bietet. Berglunds Deutung fällt bei dieser Einspielung insgesamt lichter und sanfter, zugleich auch weniger illustrativ als in den anderen Gesamtaufnahmen aus. Gerade in den späten, ohnehin enigmatischen und sich von den Vorgaben in Tonalität und Form mehr und mehr lösenden Symphonien, erschafft er damit einen Klangraum, der durchaus transzendente Qualitäten aufweist. Insofern eine willkommene Ergänzung von Berglunds Sibelius-Diskographie und ein weiteres Plädyoer für die Musik dieses Wanderers zwischen den Welten bzw. Zeiten, der in den hiesigen Konzertprogrammen noch immer unterrepräsentiert ist.



Sven Kerkhoff



Trackliste
Jean Sibelius: Symphonien Nr. 1-7
Besetzung

Chamber Orchestra of Europe

Paavo Berglund: Ltg.


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