Musik an sich


Reviews
Bach, J.S. (Ella)

Die Kunst der Fuge


Info
Musikrichtung: Barock / Cembalo

VÖ: 17.02.2006

Hungaroton / Klassik Center Kassel (DVD / Best.nr. HDVD 32245)

Gesamtspielzeit: 115

Internet:

http://www.hungaroton.hu


Die Kunst der Fuge war das letzte große Werk des Barock-Giganten Johann Sebastian Bach. 1750 verstarb der Komponist - und hinterließ einen fast fertigen Zyklus von 14 Fugen und 4 Kanons.

Für welches Instrument die Partitur bestimmt war, ist bis heute unklar. So gibt es Einspielungen mit verschiedensten Besetzungen, die wahrscheinlichste - und somit auch am häufigsten eingespielte - Variante ist die mit einem Tasteninstrument. Und eben weil sich bereits derart viele Einspielungen mit Klavier oder Cembalo auf dem Markt tummeln, ist es nicht gerade leicht, mit einer neuen Einspielung auf Aufmerksamkeit (sprich: Käufer) zu stoßen.

Der ungarische Cembalist Péter Ella bemüht sich zu diesem Zweck, den besonderen Kontext des Werkes in den Vordergrund zu stellen. Was, wenn Bach Die Kunst der Fuge ganz bewusst als seine eigene Trauermusik konzipiert hat? Wenn er quasi, ähnlich wie rund 50 Jahre später Wolfgang Amadeus Mozart, sein eigenes Requiem kompiniert hat? Umgesetzt hat Ella dieses fragwürdige Konzept letztlich nur in einem imaginären Brief von Bachs jüngstem Sohn Johann Christian an dessen Freund Mozart - von einigen schwammigen Bemerkungen im Booklet und der Aufschrift "An imaginary requiem" auf dem Cover einmal abgesehen.

Was bleibt, sind die Musik und die Bilder. Letztere wissen zu gefallen: Der Saal einer Burg bildet mit festlicher Beleuchtung eine edle Kulisse. Ein sehr schönes einmanualiges Cembalo rundet den positiven Eindruck ab... der Ton stammt jedoch offenbar von einem ganz anderen Instrument.

Das schmucklose Booklet verrät: Die Musik wurde im Januar 2003 in einem Radiostudio aufgenommen, die Bilder jedoch Mitte 2004 in einer ungarischen Burg - Schade! Das Video ist dementsprechend - wenn vor dem Hintergrund dieses Wissens verstärkt darauf achtet - nicht immer 100%ig synchron zur Musik.

Aber wenn wir doch schon dabei sind ohne Rücksicht auf die Authenzität an der Optik zu feilen - warum dann nicht auch gleich den zwar sympathisch, aber irgendwie auch etwas kauzig wirkenden Péter Ella durch etwas ansehnlicheres ersetzen? Ein spärlich bekleidetes Model vielleicht...!? Den Verkaufszahlen würde das schon gut tun.

Was letztlich die Beweggründe für ein solches Frankenstein-Produkt waren wird uns wohl verschlossen bleiben - vielleicht ließen die akustischen Verhältnisse des Burgsaales keine Audioaufnahme zu, oder es erschien den Produzenten einfach zu aufwändig. In jedem Fall bleibt für den Konsumenten ein etwas fauliger Beigeschmack. Was angesichts der wirklich schönen Einspielung schade ist.

Immerhin lassen sich die 18 Sätze einzeln anwählen - das freut den Konsumenten wiederum, denn das komplette 115 Miunuten lange Werk am Stück zu hören, mag manch einem dann doch etwas anstrengend anmuten.



Hendrik Stahl



Trackliste
1Contrapunctus 1 - Toccata
2Contrapunctus 2 - Introitus
3Contrapunctus 3 - Kyrie eleison
4Contrapunctus 4 - Christe eleison
5Contrapunctus 5 - Kyrie eleison
6Contrapunctus 6, a 4, In stile francese - Dies Irae
7Contrapunctus 7, a 4, per augmentationem et diminutionem - Rex tremende
8Canon alla ottava - Confutatis
9Contrapunctus 8, a 3 - Lacrimosa. Pie Jesu Domine
10Contrapunctus 9, a 4 alla duodecima - Domine Jesu
11Canon alla duodecima - Quam olim Abrahae
12Contrapunctus 10, a4, alla decima - Hostias
13Canon alla decima - Fac aes Domine
14Contrapunctus 11, a 4 - Sanctus. Benedictus. Hosanna
15Canon per augmentationem in contrario motu - Toccata per l'Elevatione
16Contrapunctus inversus 12, I&II a 4
17Contrapunctus inversus 13, I&II a 3
18Contrapunctus 14, Fuga a 3 soggetti - Lux aeterna. Requiem aeternam
Besetzung

Péter Ella - Einmanualiges Cembalo


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