Musik an sich


Reviews
Bach, J.S. (Gardiner)

Kantaten Vol. 15 (Weihnachtskantaten)


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 17.11.2006

Soli Deo Gloria (Monteverdi Productions) / Harmonia Mundi (1 CD, DDD (AD: 2000, live) Best.nr. SDG 127)

Gesamtspielzeit: 75:57

Internet:

Label "Soli Deo Gloria"



DER DRITTE WEIHNACHTSTAG

Es gibt Feiertagsstreichungen, von denen bemerken wir schon gar nichts mehr: Weihnachten war den christlichen Gemeinden im deutschen Sprachraum nämlich noch zu Bachs Zeiten drei Festtage wert. Für jenen dritten Weihnachtstag, also den 27. Dezember, sind die mit Vol. 15 der Gesamteinspielung vorgelegten Werke komponiert (mit Ausnahme der Kantate BWV 57, die noch zum zweiten Festtag gehört). Die Folge wurde diesmal wieder mit nur einer, statt der sonst üblichen zwei CDs bestückt. Sie kommt den Käufer - ohne dass ein progarmmatischer Grund ersichtlich wäre - im Vergleich zur Doppel-CD damit leider teurer.

Das Gesamtkonzept von Gardiners Cantata Pilgrimage bringt es mit sich, dass die jeweiilgen Live-Mitschnitte von durchaus unterschiedlicher Qualität sind, was nicht nur an der Tagesform der Mitwirkenden, sondern auch an den Schwankungen in den Leistungen der verschiedenen Gesangssolisten liegt. Der Mitschnitt dieser Weihnachtskantaten vom 27.12.2000 aus einer New Yorker Kirche gehört dabei nicht unbedingt zu den Höhepunkten im gesamten Zyklus. Hier merkt man den Beteiligten schlichtweg die Erschöpfung nach einem Jahr Cantata Pilgrimage an, denn diese musikalische Pilgerreise hatte bereits Weihnachten 1999 begonnen.

Besonders unangenehm fällt auf, dass der Altus Robin Tyson (BWV 64, 133) einen ganz schlechten Tag erwischt hat. Seine Tongebung ist extrem unsauber, die Artikulation undeutlich, die Stimme glanzlos und teils krächzend. Sein Kollege William Towers, dem die Altpartie in der Kantate BWV 151 zufällt, macht auch nur eine unwesentlich bessere Figur und so fragt man sich einmal mehr, wieso in der Alten Musik-Szene immer noch nach dem Motto verfahren wird "Lieber ein schlechter Altus, als eine gute Altistin".
Demgegenüber gefällt die Sopranistin Gillian Keith mit einer zwar schmalen, aber sehr beweglichen, glasklaren Stimme. Peter Harvey zeigt mit seiner sonoren Basstimme eine solide Leistung. Für James Gilchrist bieten die vier Kantaten mangels entsprechender Tenor-Arien keinen Raum zur künstlerischen Entfaltung.

Chor und Orchester agieren zwar souverän, lassen aber das sonst gewohnte Engagement vermissen. Insgesamt ist damit dieser Teil der Gesamteinspielung wesentlich farbloser und weniger lebendig, als etwa die zeitgleich erschienene Folge 7 mit den Kantaten zum 14. Sonntag nach Trinitatis und zum Michaelisfest (Tracklist und Samples hier).

Bei den Weihnachtsplatten hat daher in diesem Dezember Telemann in der Interpretation durch Paul Dombrecht (vgl. Besprechung in dieser Ausgabe) die Nase deutlich vorn.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-8 Sehet, welch eine Liebe uns der Vater erzeigt, BWV 64 17:39
9-13 Süsser Trost, mein Jesus köömmt, BWV 151 17:07
14-21 Selig ist der Mann, BWV 57 22:56
22-27 Ich freue mich in die, BWV 133 18:15
Besetzung

Gillian Keith / Joanne Lunn / Katherine Fuge, Sopran
Robin Tyson / William Towers, Altus
James Gilchrist, Tenor
Peter Harvey, Bass

The Monteverdi Choir
The English Baroque Soloists

Ltg. John Eliot Gardiner


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