····· EP, Buch und Tour - Ringo Starr feuert aus allen Rohren ····· 40 Jahre Steamhammer – 40 Jahre Rockgeschichte  ····· Neues Solo-Album von David Gilmour im September ····· Evildead-Album wird mit einer ersten Single angekündigt ····· Alles ist =1 meinen Deep Purple auf ihrem kommenden Album ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Araujo, J. (Skidmore)

Fire burning in the snow


Info

Musikrichtung: Barock / Kirchenmusik

VÖ: 07.02.2008

hyperion records / Codaex (SACD hybrid (AD: 2007) / Best.nr. SACD67600)

Gesamtspielzeit: 75:35

Internet:

Ex Cathedra

hyperion

NEUES AUS DER NEUEN WELT

Den mittlerweile dritten Teil ihrer Reihe mit Barockmusik aus Lateinamerika präsentieren Jeffrey Skidmore und sein Ensemble Ex Cathedra. Diesmal liegt der Schwerpunkt auf Kompositionen von Juan de Araujo (1648-1712). Araujo war gebürtiger Spanier, aber bereits als Jugendlicher mit seinen Eltern nach Südamerika gekommen. Nach Stationen im heutigen Peru und Panama verbrachte er die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens als Organist und Komponist an der Kathedrale von La Plata (heute Sucre / Bolivien). Die Faszination seiner Musik liegt in der Vermischung der Stilelemente barocker (liturgischer) Musik aus Südeuropa mit Einflüssen, Instrumenten und Rhythmen, wie sie bis heute in Lateinamerika dominieren. Er schuf damit eine volksnahe Kirchenmusik, die an die Hörerfahrungen der einheimischen Bevölkerung anknüpfte und so gleichermaßen der Mission wie der Liturgie selbst dienen konnte.
Heute, da wir aufgeschlossen sind für alles, was sich Weltmusik nennt und in denen südamerikanische Rhythmen von keinem Kirchentag mehr wegzudenken sind, nimmt es nicht Wunder, dass das Interesse an der Musik Araujos neu erwacht.

Über Araujos vielfältiges Werk gibt diese Aufnahme einen guten Überblick. Als Stück, das ihr den Rahmen und die Struktur gibt, wurde das eingängige "Hanacpachap cussicuinin" gewählt, ein polyphones Werk in Quechua, der Sprache der Indigenas. An deren Klangvorstellung sind auch die Harmonien angepasst. Den Prozessionscharakter dieser mehrstrophigen Marienhymne unterstreicht eine dumpf tönende Pauke, die dem ganzen fast filmmusikalische Qualitäten gibt. Je fünf Strophen werden im ersten und letzten sowie in den Tracks 6 und 10 gesungen.
Streng liturgisch gebundene Musik wusste Araujo auch im strengen Stil zu vertonen, so etwa das dreichörige, elfstimmige "Dixit Dominus". Doch auch hier wird die Erhabenheit durchbrochen durch Taktwechsel und Einsprengsel, die der laterinamerikanischen Umgebung Tribut zollen. Skidmore setzt außerdem zusätzlich Schlaginstrumente ein, um die Farbigkeit zu erhöhen. Eine Reihe weiterer Stücke greift den Stil der Villancios auf, die durch einen stampfenden, hüpfenden Rhythmus geprägt sind.
Darüber hinaus finden sich aber auch höchst delikate Werke, wie das Wiegenlied "Silencio" und das melodisch, sinnliche Duette "Dios de amor" bzw. Quartett "Dime, amor". Dazu kommen energiegeladene, harmonisch spannende Chorsätze (Nummern 5, 7, 8 und 9), und schließlich darf Diego José de Salazars feurige musikalische Stierkampfvertonung, hier theologisch überhöht als Hymne an die Jungfau von Guadalupe, nicht fehlen.

Anders als bei vergleichbaren Produktionen hat Skidmore nicht den Versuch unternommen, mit der SACD den Ablauf einer liturgischen Feier oder eines Festes zu rekonstruieren. Ihm geht es darum, die Vielfalt und hohe künstlerische Qualität dieser Kompositionen vorzustellen. Dafür unterstreicht er mit seinem Zugriff den Schwerpunkt durchweg den sakralen Charakter der Stücke. Dazu trägt auch die Klangtechnik bei, die dem Geschehen aus dem Kirchenschiff zu folgen scheint und den Chor aus einiger Entfernung und mit deutlichem Nachhall abbildet. Skidmore zieht die Melodiebögen weit aus, bevorzugt ein ruhiges Grundtempo und einen edlen Gesangston. Dafür stehen ihm ein vorzügliches Vokal- und Instrumentalensemble zur Seite.
Insofern stellt die Einspielung uns Araujo ganz anders vor, als dies etwa bei der Prdouktion mit Gabriel Garrido und dem Ensemble Elyma (K617, 1992) der Fall ist. Während dort, nicht zuletzt durch den Einsatz eines Kinderchores und durch schnelle Tempi, eher das Bild vom Gottesdienst als einem naiven Spektakel evoziert wird, erleben wir hier Sakralmusik, die weiterhin europäisch und römisch-katholisch überformt ist und Elemente aus der neuen Welt lediglich abgemildert und ergänzend integriert.
Welcher Ansatz der historischen Wahrheit näher kommt, dürfte kaum zu beurteilen sein.



Sven Kerkhoff

Trackliste

1ANONYMOUS Hanacpachap cussicuinin verses 1–5 [5'54]
2JUAN DE ARAUJO Dixit Dominus a 3 choros [9'09]
3JUAN DE ARAUJO Silencio [5'58]
4JUAN DE ARAUJO Dime, amor [5'38]
5JUAN DE ARAUJO ¡A, de la región de luces! [4'04]
6ANONYMOUS Hanacpachap cussicuinin verses 6–10 [4'52]
7JUAN DE ARAUJO ¡A, del cielo! [4'08]
8JUAN DE ARAUJO ¡Fuego de amor! [6'28]
9JUAN DE ARAUJO En el muy gran Padre Ignacio [3'14]
10ANONYMOUS Hanacpachap cussicuinin verses 11–15 [4'50]
11DIEGO JOSÉ DE SALAZAR ¡Salga el torillo hosquillo! [4'20]
12JUAN DE ARAUJO Dios de amor [3'52]
13JUAN DE ARAUJO ¡A, del tiempo! [7'24]
14ANONYMOUS Hanacpachap cussicuinin verses 16–20 [5'08]

Besetzung

Ex Cathedra Consort & Baroque Ensemble

Ltg. Jeffrey Skidmore
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger