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Reviews

Stormwitch

Walpurgis Night (Re-Release-Serie)


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 2023 (4.6.19, 4/84)

(High Roller)

Gesamtspielzeit: 40:14

Stromwitch-Re-Release-Serie, Folge 1: Walpurgis Night


1979 formierte sich in Baden-Württemberg ein Quintett namens Lemon Sylvan, dem dann 1981 dämmerte, dass dieser Bandname für den angestrebten metallischen Pfad ein wenig seltsam anmutet, jedenfalls zur damaligen Zeit (heute sähe das vielleicht anders aus). Ergo benannte man sich in Stormwitch um und spielte 1983 in teilweise neuer Besetzung ein Vier-Track-Demo namens The Cave Of Steenfoll ein, mit dem man die Aufmerksamkeit von Gama Records erregte. Bei ebenjener Firma unterzeichneten die jungen Musiker einen langfristigen Deal, und als dessen erstes akustisches Zeichen erschien 1984 auf dem Sublabel Scratch das Debütalbum Walpurgis Night.
„Are you ready?“ begrüßt Sänger Andy Mück die Hörer gleich zu Beginn des Openers „Cave Of Steenfoll“, der unter Verlust des Artikels den Weg vom Demo auf den Debütlongplayer geschafft hatte, während die vier instrumentalen Mitstreiter des Fronters einen gemeinsamen donnernden Auftakt setzen, in einer Manier, wie man es eher am Ende eines Songs gewöhnt ist. Dann entspinnt sich flotter melodischer Metal mit einigen interessanten Wendungen, die schnell klarmachen, dass Stormwitch zwar einerseits das traditionsmetallische Alphabet aus dem Effeff beherrschen, andererseits aber keine Band von der Stange sein und schon gar nicht typisch teutonisch klingen wollen, zumindest nicht durchgängig. Besagter Opener wirkt in einigen Passagen diesbezüglich noch ein wenig zu bemüht, obwohl man auch hier schon die Klasse der Instrumentalisten durchhören kann – und dann ist da ja auch noch Mück. Der Mann kann singen, also tut er es auch, und wenn er hier noch nicht in jedem Fall die Ideallinie findet, so steigt seine Treffsicherheit im Verlaufe des Albums spürbar an. Man höre nur mal das folgende „Priest Of Evil“, wo er sowohl im hohen als auch im gemäßigteren Bereich prima zur Geltung kommt – und auch der Song selbst ist wieder interessant strukturiert, koppelt einen schleppenden Hauptteil mit speedigeren Passagen und macht zugleich klar, dass die Musiker in den Siebzigern musiksozialisiert worden sind: Phasenweise wird man das Gefühl nicht los, hier einer metallisierten Version von Uriah Heep zu lauschen. Dieser Eindruck verliert sich in den Folgesongs aber wieder, wo sich Stormwitch klar als Kinder des Achtziger-Metals positionieren. „Skull And Crossbones“ kommt in den Strophen noch recht unauffällig daher, legt aber einen so unwiderstehlichen Vorwärtsdrang unter den Refrain, dass der Piratensegler gefühlt gleich viel schneller unterwegs ist, während „Werewolves On The Hunt“ gleich ganz im Speedlager siedelt – man muß ja auch recht flott auf den Beinen sein, um einem Werwolf zu entkommen, sogar einem schwäbischen.
Spätestens hier wird auch dem letzten Hörer klar, dass Gitarrist Harald Spengler, der zugleich für die Texte verantwortlich zeichnet, das düstere zeittypische metallische Image aufsetzt, selbst wenn die zugehörige Musik munter und lebensbejahend daherkommt. Auch die optische Gestaltung mit der eher pseudoböse wirkenden Brockenhexe auf dem Cover und der mit Nietenarmbändern und Patronengurten vor einem Friedhofstor (Tympanoninschrift: „Pforte zur Ruhe.“) von zwei Sensenmännern flankiert wild posenden fünf Musiker paßt sich diesem Image an. Interessantes Detail: Drummer Peter Langer steht im Mittelpunkt des aufgereihten Quintetts (oder Septetts, wenn man die Sensenmänner mitzählt), was in solchen Fällen eher ungewöhnlich ist. Ob das einen speziellen Grund hat, wäre gelegentlich zu erforschen – einen musikalischen sicherlich nicht, denn Langer tut das, was er als Drummer einer soliden, aber ambitionierten Band zu tun hat, sticht aber nicht sonderlich aus dem Gesamtgeschehen heraus, obwohl er gleich im Opener zusammen mit Bassist Ronny Gleisberg (den verschiedene Quellen mit dem Vornamen Thomas belegen, obwohl auf dem Backcover eindeutig Ronny steht) eine vorwärtstreibende Passage im Duett bestreiten darf. Strukturell fällt rückblickend freilich auf, dass er von der Debütbesetzung hinter Mück derjenige Musiker ist, der am längsten zur Band gehörte – aber das konnte beim Fotoshooting 1984 ja noch niemand ahnen.
Die einstige B-Seite der LP beginnt mit dem Titeltrack, einem soliden Midtempostampfer, in dem am ehesten der markante Oktavsprung Mücks im Refrain im Ohr hängenbleibt, den der Vokalist sauber meistert. „Flour In The Wind“ geht flotter zu Werke, bremst im ersten Soloteil aber ab und baut dort eine zweistimmige Gitarrenpassage ein, die Iron Maiden harmonisch auch nicht wesentlich anders gestaltet hätten. „Warlord“ ist ähnlich strukturiert, bringt Mück im Refrain allerdings an damalige stimmliche Grenzen, während hier der unheimliche erste Soloteil mit seinem spannungserzeugenden düsteren Riff zu überzeugen weiß, der dann wieder in ein klassisches Metal-Solo mündet, am Ende allerdings ein wenig ungewöhnlich rhythmisiert wird. Das vielschichtige Instrumental „Excalibur“ läßt Spengler und/oder seinen Gitarrenkompagnon Stefan Kauffmann (ja, ein f mehr als der damalige Accept-Drummer und spätere U.D.O.-Gitarrist) zwischendurch auch mal zur Akustischen greifen (dass dieser Teil ein bißchen an die Scorpions erinnert, könnte, aber muß nicht Zufall sein), ehe mit „Thunderland“ wieder eine speedlastigere Nummer das Album abschließt, in der allerdings die frühe Sozialisation nochmal deutlich wird, indem Spengler (auf dem Backcover in klassischer Arbeitsteilung als Leadgitarrist ausgewiesen) in seinem Soloteil ein paar klassische Bluesharmonien unterbringt, ohne dass es bemüht, störend oder gar rückwärtsgewandt wirken würde – allenfalls den Refrain hätte man noch ein wenig entholpern können, wenngleich Mücks finales Abgleiten nach oben schon klarmacht, dass er mehr will als der durchschnittliche Metal-Shouter des Jahres 1984.
So bekommen wir 40 Minuten noch heute hörenswerten klassischen Metal, der den Startschuß für eine interessante Karriere darstellte. High Roller Records legt seit einiger Zeit das Frühwerk der Band neu auf. Die CD ist von Patrick W. Engel remastert, Bonustracks, Liner Notes oder ähnliche Zutaten sucht man allerdings vergebens – das Booklet enthält „nur“ die Lyrics und knappe historische wie heutige Produktionsangaben. Dafür kommt der Release im Pappschuber mit der feurigen Hexe in Silber, während diese in Originalfarbe auf einem kleinen Poster zusätzlich beiliegt, mit dem Bandlogo, aber ohne den Albumtitel drüber. Wer die Original-LP besitzt, kann sich auch die an die Wand hängen und bekommt einen ähnlichen optischen Effekt, aber für Jüngere, die die Geschichte einer wichtigen deutschen Metalband ergründen wollen, ist dieser Re-Release definitiv eine interessante Sache.
Noch interessanter wäre er freilich geworden, wenn man ihm noch die vier Bonustracks beigegeben hätte, die der 2004er CD-Fassung von Battle Cry Records und auch der 2016er brasilianischen Version von Hellion Records hinzugefügt worden waren. Dabei handelt es sich um vier Livetracks vom 29.9.1984 aus der Rockfabrik Ludwigsburg, und unter denen findet sich mit „Light The Pyre“ auch eine Nummer, die es nie regulär auf ein Album schaffte – ein Status, der auch noch auf diverse andere Tracks aus dem frühen Stormwitch-Schaffen zutrifft. Aber vielleicht findet sich irgendwann noch ein Weg, den ganzen Ludwigsburg-Gig der Band (die Setlist umfaßt immerhin 19 Positionen) aufzuarbeiten und offiziell als Livescheibe zu veröffentlichen – als Bootleg kursiert er schon. Mit einer offiziellen Veröffentlichung könnte eine wichtige editorische Lücke geschlossen werden.
Kleine strukturelle Unklarheit am Rande: Der Re-Release von Walpurgis Night wird in den gängigen Nachschlagewerken mit einem Releasedatum am 4.6.2019 angegeben, auf dem Backcover des Schubers des Rezensenten steht aber eindeutig 2023. Die 2019er Fassung soll auf 500 Exemplare limitiert gewesen sein, möglicherweise gibt es also mittlerweile eine Zweitpressung.



Roland Ludwig

Trackliste

1Cave Of Steenfoll4:20
2Priest Of Evil4:55
3Skull And Crossbones5:43
4Werewolves On The Hunt4:40
5Walpurgis Night3:00
6Flour In The Wind4:45
7Warlord4:27
8Excalibur3:45
9Thunderland4:30

Besetzung

Andy Mück (Voc)
Harald Spengler (Git)
Stefan Kauffmann (Git)
Ronny Gleisberg (B)
Peter Langer (Dr)
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