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Reviews

Impact

The Lost Tapes


Info

Musikrichtung: Hard Rock

VÖ: 13.08.2021

(Headbangers / Big Bad Wolf)

Gesamtspielzeit: 63:51

Internet:

http://www.headbangerszineandgigs.nl
http://www.bigbadwolfrecords.nl

Die 1981 gegründeten Impact stellten in den Niederlanden der 1980er offensichtlich eine feste Größe im härteren Rockbereich dar, wobei die rückblickenden Meinungen durchaus geteilt waren: Andreas Preisig etwa bezeichnete das 1982er Debütalbum Never Too Young To Rock in Stefan Riermaiers Buch „Heavy Metal aus Westeuropa“ als „langweiligen, belanglosen Heavy-Rock“ und den fünf Jahre später erschienenen Zweitling The Flag als „nicht viel besser“ – vielleicht übte das Material ja aber auch live stärkere Reize aus als auf Konserve. In den 1990ern verschwand die Band wie so viele andere ihres Genres auf dem Bandfriedhof, aber Chefdenker Thierry Plisson trommelte kurz vor Ende des Jahrtausends eine neue Besetzung zusammen, die zehn Songs für ein Album mit dem Arbeitstitel The Calm Before The Storm einspielte, das letztlich aber nicht das Licht der Welt erblickte. Statt dessen fielen Impact abermals in Agonie und tauchten erst ab 2013 wieder auf, diesmal längerfristig: Einer Single folgten ein Livealbum, Re-Releases der beiden Achtziger-Scheiben und nun auch noch die Exhumierung des nie erschienenen Albums, das in The Lost Tapes umgetauft und um sechs weitere Songs aus der Vergangenheit der Band ergänzt wurde.
Der Rezensent besitzt die beiden Achtziger-Scheiben weder im Original noch in den Re-Release-Fassungen, muß sich also auf die externen Stileinschätzungen verlassen und auch darauf, dass die Angabe in den Liner Notes von The Lost Tapes, diese Scheibe sei etwas heavier als die Frühwerke, stimmt. Aber auch anhand der zehn Songs lassen sich gewisse Diskrepanzen ausmachen. Der Opener „Damned“ etwa könnte den Beschreibungen nach durchaus auch auf eines der Frühwerke gepaßt haben – klassischer Hardrock schallt aus den Boxen, kurioserweise ein wenig an „Damned If We Do (Damned If We Don’t)“ der Landsleute Sleeze Beez erinnernd. In „On The Rampage“ baut J.J. de Werk, Alleinverantwortlicher für alle Saiteninstrumente, aber tatsächlich feisteres Riffing ein, das der schweren Midtemponummer durchaus ein metallisches Feeling verleiht. Ob der etwas unmotiviert wirkende Tempoausbruch gegen Ende unbedingt sein mußte, darf diskutiert werden, während der hintere Soloteil, der eine fette Hammondorgel auffährt, deren Bediener im Booklet anonym bleibt, durchaus viel Hörspaß bereitet. Auch „Are We Divine“ geht recht kernig zu Werke – dazwischen steht allerdings die Coverversion des Albums, und deren Wahl weist wiederum in eine völlig andere Richtung, denn wir hören eine solide Hardrockversion von „No More Heroes“ aus der Feder der Stranglers. Sollte man sich aus eventuellen frühen gemeinsamen Liveaktivitäten kennen? Widmungsträger ist hier jedenfalls der zwischenzeitlich verstorbene Dave Greenfield. „Jezebel“ bietet wieder typischen stampfenden Hardrock, besticht allerdings durch die halbakustische Hinleitung zum Hauptsolo. „United“ entpuppt sich als schnellste Nummer des Albums, bleibt konsequent im Traditionssektor und macht ziemlich Laune, während sich die Halbballade „Why“ deutlich moderner gebärdet und „Crown Of Thorns“ beide Welten zu verbinden trachtet – einerseits einer im Bluesrock öfter zu hörenden Struktur folgend, andererseits aber eigenartige Instrumentalparts auffahrend, die wiederum dezent hammondbeorgelt werden.
Spätestens hier – wir sind bei der Hälfte der Songs angekommen - muß sich der Hörer dann auch an Plissons Gesang gewöhnt haben, um an Impact Freude zu haben. Keine Ahnung, ob der Mann ganz früher wesentlich anders klang, also irgendwie heavyrocktypischer, aber gegen Ende des Jahrtausends befleißigte er sich eines episch-breiten, angedüstert wirkenden Gesangsstils, der zu einer angedüsterten Metal-Nummer wie „Unleashed“ deutlich besser paßt als zum klassischen Hardrock wie in „Damned“, wo der Sänger gar einen gelangweilt-unmotivierten Eindruck hinterläßt, was sich aber zum Glück nicht fortsetzt. Trotzdem wird man eigenartigerweise den Eindruck nicht los, dass ausgerechnet er, der die einzige personelle Konstante von Impact darstellt, auch den die Band musikalisch am stärksten limitierenden Faktor darstellt und in einer Punkband besser aufgehoben wäre. Dass „Unleashed“ im hinteren Drittel unerwarteterweise nochmal ordentlich Tempo macht und in den Classic Rock außer einer Metalkante auch noch einen gewissen Punktouch einschmuggelt, paßt da ins Bild. Der Closer „Redemption“ dagegen versucht zweistimmige Gitarren aus der Maiden-Schule mit Modern Rock zu kombinieren, was irgendwie komisch wirkt und die Einflechtung der US-Nationalhymne auch – aber vielleicht gibt es dafür einen inhaltlichen Grund. Der Re-Release enthält keine Lyrics und an dieser Stelle auch keine weiterführenden Informationen.

„6 songs from the past Impact vault“ sind dem Zehnerpack noch hinzugefügt worden. Das Booklet nennt für alle die jeweiligen Besetzungen und die Aufnahmeorte, verschweigt aber die Aufnahmejahre, so dass nur absolute Kenner der Bandgeschichte erschließen können werden, wann welcher Song eingespielt worden ist. Die Besetzungsangabe hilft da wenig weiter, da sich vor allem in der zweiten Hälfte der Achtziger die feste Besetzung bis auf Plisson und Bassist Rob Schoof mehr oder weniger in ein offenes Projekt, bei dem aus einem Pool von Musikern mitspielte, wer gerade Zeit hatte, verwandelte. Schoof ist jedenfalls auch in den ersten drei Bonustracks zu hören, dazu auch Drummer Ernst van Ee, der dann auch kurz vor Ende des Jahrtausends wieder zur Besetzung gehörte. Plisson singt ein wenig sauberer und fokussierter, aber nicht in grundsätzlich anderer Weise, wobei der unterschiedliche Eindruck zumindest in „Believe The Unbeliever“ auch daraus resultieren kann, dass wir hier im Refrain eine hohe Zweitstimme dahinter liegen haben. Auch die Musik bleibt stärker dem traditionellen Hardrock verhaftet, wobei der Refrain von „Midnight Is Alright“ dem Rezensenten derart bekannt vorkommt, dass er hier eine Coverversion vermutete, was gemäß den Angaben im Booklet aber nicht zutrifft, sondern es sich tatsächlich um eine Eigenkomposition, hier sogar eine Alleinkomposition Plissons, handelt. Das Stilmittel des mit einer zweiten Stimme ausstaffierten Refrains tritt auch hier auf, und gegen Ende liefern Tmpact auch gleich eine passende Struktur für ein Mitsingspiel im Konzert. „At Close Range“ läßt van Ee zwischenzeitlich einige Verschiebungen spielen und überzeugt im Refrain überhaupt nicht – hier wäre im Falle einer „richtigen“ Aufnahme möglicherweise noch etwas gefeilt worden.
In den nächsten beiden Songs hören wir den wahrscheinlich international bekanntesten Musiker, den Impact je beschäftigt haben: Drummer Ed Warby ist dem Kenner der niederländischen Szene von Elegy, Gorefest oder Hail Of Bullets wohlbekannt. In „Making Money“ und „Airplay“ fällt sein Spiel auch tatsächlich auf, mit einigen interessanten Elementen in ersterem Song, die geschickter ins Gesamtbild eingepaßt wirken als die verwandten in „At Close Range“, und flotter Beckenarbeit in zweiterem. Plissons Stimme wirkt hier wie auf halbem Wege zwischen den ersten drei Bonussongs und den zehn des Albums, während der Grundstil im Classic Rock bleibt und „Airplay“ irgendwie an zwei andere bekannte Niederländer erinnert, nämlich das Schaffen der Gebrüder Van Halen. Interessanterweise standen Frühfassungen dieser beiden Songs bereits auf einem 1984er Demo namens The Sound Of Money, das Plisson und Gitarrist Jean Schimmel mit einer anderen Rhythmussektion als der in der auf der CD zu hörenden offensichtlichen Neueinspielung aufgenommen hatten, wobei Langzeitbassist Rob Sohoof 1984 zur Besetzung gehörte, aber wiederum bei der Neueinspielung nicht dabei war. Möglich wäre freilich auch, dass die Gesangs- und Gitarrenspuren vom 1984er Demo übernommen und nur Baß und Schlagzeug neu eingespielt wurden. In „Next Generation“ schließlich trommelt mit Andre Borgman noch ein relativ prominenter Musiker, den man von After Forever her kennen könnte, und auch der fällt mit seinen galoppierenden Bassdrums durchaus auf, während der Song wiederum Hardrock an der Grenze zum Metal auffährt.

Das Grundproblem von Impact bleibt aber auch anhand dieser 16 Songs deutlich erkennbar: Über ein solides Level kommen sie nicht hinaus. Das Material könnte live tatsächlich gut funktionieren, aber auf Platte muß man schon ein Herz für derartige Klänge mitbringen, um mit dem Material langfristig warmzuwerden – und wie beschrieben muß man Plissons Stimme mögen. Schrägerweise verarbeitet das Coverartwork Bilder von Tapes, aber solchen, die gar nicht „lost“ sind, zumindest jedenfalls kein Material enthalten, das auf dem Album steht.



Roland Ludwig

Trackliste

1Damned4:04
2On The Rampage3:51
3No More Heroes3:14
4Are We Divine4:13
5Jezebel3:31
6United4:16
7Why5:07
8Crown Of Thorns3:36
9Unleashed5:19
10Redemption4:21
11Believe The Unbeliever3:48
12Midnight Is Alright4:37
13At Close Range3:01
14Making Money3:16
15Airplay4:06
16Next Generation3:21

Besetzung

Thierry Plisson (Voc)
J.J. de Werk (Git, B; 1-10)
John Doe (Git, 11-13)
Jean Schimmel (Git, 14-15)
Gert-Jan Hoogerbrugge (Git, 16)
Rob Schoof (B, 11-13)
John van Wissen (B, 14-15)
Rene Haakmeester (B, 16)
Ernst van Ee (Dr, 1-13)
Ed Warby (Dr, 14-15)
Andre Borgman (Dr, 16)
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
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19 bis 20 Überflieger