····· 40 Jahre Steamhammer – 40 Jahre Rockgeschichte  ····· Neues Solo-Album von David Gilmour im September ····· Evildead-Album wird mit einer ersten Single angekündigt ····· Alles ist =1 meinen Deep Purple auf ihrem kommenden Album ····· Sense of Fear, Heavy-Metal-Band aus Griechenland, veröffentlicht neue Single ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Strawinsky, I. (Faust, I. – Roth, F. X.)

Violinkonzert u. Kammermusik mit Violine


Info

Musikrichtung: Klassische Moderne / Violine

VÖ: 03.03.2023

(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2022 / HMM 902718)

Gesamtspielzeit: 43:39

STRAWINSKYS VIOLIN-ERKUNDUNGEN

Igor Strawinskys Violinkonzert ist eines dieser Stilcamouflagen, die mit dem Label „Neoklassizismus“ nur unzureichend beschrieben sind. Man erlebt eine Art quergebürsteten Barock, der irgendwie auch mit dem Jazz und dem Kubismus flirtet und ansonsten launiger Post-Sacre-Stravinsky ist. Das heißt: ein Feuerwerk anspielungsreicher Motive und ironischer Brechungen, mit simultan verschränkten Hörperspektiven, rhythmisch gespannt und verpackt in einen drahtig-schlanken, gleichwohl farbigen Sound. Der Solopart für die Violine ist sehr anspruchsvoll, der Komponist hat aber konsequent jeden äußeren Glamour vermieden.

In der Einspielung von Isabelle Faust und „Les Siècles“ unter der Leitung François-Xavier Roth gewinnt man aufgrund des historischen Instrumentariums noch mal ganz neue Impressionen. Trotz der großen Besetzung könnte man meinen, dass es sich um reinste Kammermusik handelt. So luzide und im Detail farbverfeinert hat man diese Musik wahrscheinlich noch nicht gehört. Aber wohl auch kaum „trockener“. Hier ist alles Kontur und Linie, obertönig aufgeraut und auch angeschärft. Da wirkt mancher solistischer Einsatz bei den Holzbläsern wie hereinknorzende Fagotte, kieksende Klarinetten oder näselnde Oboen noch einmal besonders anekdotisch. Doch das passt ganz gut zu Strawinskys anti-romantischer Haltung. Seine strenge Ästhetik kommt Fausts per se schlankem Ton entgegen. Sie ist hier prima inter pares, eine vibratoreduzierte Violin-Ballerina. Tänzerisch verbunden mit dem lebhaften Diskurs des gesamten Ensembles, spannt sie mit scheinbar leichter Hand den Bogen von der eröffnenden „Toccata“ über die beiden „Arien“ hin zum Kehraus des „Capriccios“.

Das „Violinkonzert“ ist sicherlich der Höhepunkt dieser Aufnahme und wird ergänzt durch eine Reihe kleinerer kammusikalischer Werke, bei denen Faust als Geigerin am ersten Pult sitzt. Es sind kurze „Nebenstücke“, die Strawinskys chamäleonartige Fähigkeiten zur Adaption der verschiedensten Stile demonstrieren. Manches wie die „Drei Stücke für Streichquartett“ steht mit seiner rauen Pseudo-Folklore noch seiner „russischen“ Phase mit dem Sacre nahe. In der „Pastorale für Violine, Oboe, Englisch Horn, Clarinette und Fagott“ klingt der Einfluss von Rimski-Korsakov nach. Zwölftönig hingegen gibt sich der kurze Doppel-Kanon für Streichquartett.

Das sind sicherlich hörenswerte Vignetten. Man hätte sich als gewichtigere Ergänzungen auch sehr gut die beiden „Dumbarton Oaks“-Konzerte oder mehr von „Apollon Musagete“ vorstellen können (von letzterem gibt es als Appetizer die „Variationen“). Aber dann wäre es wohl ein anderes Album geworden, bei dem Strawinskys Auseinandersetzung mit der Violine nicht mehr im Zentrum gestanden hätte.



Georg Henkel

Trackliste

Variation des Apollon aus Apollon Musagete; 3 Stücke für Streichquartett; Concertino für Streichquartett; Pastorale für Violine, Oboe, Englischhorn, Klarinette, Fagott; Doppelkanon für Streichquartett

Besetzung

Isabelle Faust, Violine

Les Siècles

François-Xavier Roth, Leitung
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger