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Reviews

Little Feat

40 Feat: The Hot Tomato Anthology 1971-2011


Info

Musikrichtung: Rock, Americana

VÖ: 23.09.2011

(Proper Records/ Rough Trade)

Gesamtspielzeit: 200:00

Internet:

http://www.littlefeat.net

Was man so alles feiern kann! Vor 40 Jahren (1971) kam das erste Album von Little Feat (Little Feat) heraus und damit begann wohl auch ihr Mitschneiden von Live-Auftritten. Grund zum Feiern für die Band, auch wenn sie eigentlich schon zwei Jahre vorher gegründet worden war. Aber Little Feat sind nicht mehr die absoluten Kritikerlieblinge von einst (damals besonders bei SPEX). Sie müssen sich also an die Langzeit-Fans halten, die gerne mal davon ausgehen, dass Little Feat als Jam-Band bei jedem Auftritt anders klingen und es sich also lohnt, immer neue Live-Mitschnitte vom gleichen Stück zu haben. Ob dem wirklich so ist, sei mal dahingestellt, jedenfalls dient die vorliegende 3-CD-Box diesem Bedürfnis. Es sind weitgehend Live-Mitschnitte, die allerdings alle schon auf verschiedenen Live-Alben, Box-Sets und Compilations seit 2002 veröffentlicht wurden. Nach 2000 gab es von der Band sieben Mal so viele Veröffentlichungen dieser Art, also alten Materials, als reguläre Studioalben mit neuem Material. Die Band lebt also weniger von Weiterentwicklung und zunehmend von ihrer eigenen Geschichte wie von sammelwütigen Fans. Für diese organisiert sie sogar jährlich einen Extra-Trip nach Jamaika, wo man die Bandmitglieder einzeln, im Duett oder mit Gästen auftreten sehen darf. (Vielleicht gibt es da ja auch mal was Mitgeschnittenes. Little Feat scheinen ja Weltmeister im Horten unveröffentlichter Aufnahmen zu sein.)
Die Box nun hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck, ist sie doch als preiswerter Einstieg in die späten Live-Veröffentlichungen der letzten zehn Jahre gedacht. An die Qualität ihres bislang besten Live-Albums Waiting For Columbus (1978) kommt es immer noch nicht ran, aber es ist ja auch eher eine Raritätensammlung.
CD 1 beinhaltet Aufnahmen von 1971-78, also der Zeit mit Bandgründer Lowell George, der 1979 die Band verließ und kurz darauf starb. Nach wie vor gilt dieser Zeitraum als der kreativste der Band. Little Feat waren ja vor allem dafür bekannt, einen Schritt weg vom stampfenden Blues-Rock gegangen zu sein. Ungewöhnliche Breaks und Songstrukturen charakterisierten viele ihrer Songs. Vertrackte Rhythmen wie in Dixie Chicken waren typisch. Sie konnten neben Rock auch Country, Folk, Funk, Boogie, Latin oder gar Jazzrock spielen. Das Vorzeigestück „Day at the Dog Races“ vom Album Time Loves A Hero wurde einst gar mit dem Fusionjazz von Weather Report verglichen. Doch genau dieses Stück war einer der Trennungsgründe für Lowell George von der Band und man sucht es auch hier vergebens. Gerade die Aufnahmen der legendären Frühzeit leiden hier nun unter dem qualitativ weniger guten Equipment der damaligen Zeit. Der Sound hat weniger Bass und Brillanz. Es gibt einige unnötige Demos und Aufnahmen, die nicht unbedingt mehr bieten als die Studioaufnahmen. Bei „Lafayette Railroad“ muss das Mikro gar unter der Snaredrum befestigt gewesen sein, so scheppert das. Auf „Tripe Face Boogie“ zeigt Bill Payne, was er kann, nach dem er sich einen Synthie gekauft hatte, was aber eher wie eine Geräte-Vorführung für Musikmessen klingt. Einzig an der wie immer vorzüglichen Slidegitarrenarbeit der Herren Lowell George und Paul Barrere kann man sich ergötzen.
CD 2 präsentiert die Zeit nach 1988 bis 2001, nachdem sich die Band also nach ihrer Trennung 1979 wieder zusammengefunden hatte. Gleich zum Einstieg merkt man: Der „Rock And Roll Doctor“ hat hier den Sound geheilt. Es klingt es gleich voluminöser und die Titel gehen auch gut ab. Die Band bestand zu diesem Zeitpunkt aus Paul Barrère, Sam Clayton, Richard Hayward, Bill Payne, Kenny Gradney, Craig Fuller und Fred Tackett. Fullers Gesangsqualität (1987-1993) konnte nie mit der Lowell Georges mithalten und auch die Kompositionen waren seitdem mehr auf gutes Handwerk und Volldampf angelegt und ließen oft das Unkonventionelle der Zeit mit Lowell George vermissen. Ab der Neu-Gründung wirkte Little Feat kalkulierbarer. So klingt „Long Time Til I Get Over You“ von der zweiten Disc wie von einer schlechten T.Rex-Cover-Band gerockt. Auch der „Borderline Blues“ mit Sängerin Shaun Murphy hört sich nach Pausenfüller an. Überhaupt kommt die Sängerin, die immerhin von 1993-2009 dabei war, auf der Box kaum zum Zug. Man teilte sich bei den Titeln mit ihrer Beteiligung den Gesang sehr oft und sie sagte sich vielleicht irgendwann mal: „Ain’t Had Enough Fun“. Dieser Gospel wird sehr hausbacken vorgetragen und wäre bei Ry Cooder besser aufgehoben gewesen. Doch es gibt auch Highlights auf dieser Disc. Aus Woodie Guthries „This Land is Your Land“ machte die Band ein bluesiges Glanzstück mit Hymnencharakter. Und die Version von „Willin’“ - sowieso das optimale Stück der Band - lehnt sich mit seinen lang gezogenen Pausen und Vokalen an „Don’t Bogart That Joint My Friend“ an, dem berühmten Song der Little Feat-Vorläufer-Band The Fraternity Of Man aus dem Film Easy Rider.

CD 3 (2003-2004) zeigt dann endlich, warum Little Feat als Liveband nach wie vor so legendär sind, dass sie sich bis heute nicht nur halten konnten, sondern allmählich auch von einer jüngeren Generation wiederentdeckt werden. „Skin It Back“ hat ungewöhnliche Abläufe, einen Unisono-Gesangspart, einen kurzer Funk-Teil und ist im Prinzip dennoch klassischer Southern Rock. In „Spanish Moon“ erlebt man, was Keyboarder Bill Payne inzwischen aus diesem Song macht und auch das Mandolinensolo von Fred Tackett auf „Cajun Girl“, einem der besten Songs der Phase ohne Lowell George, kann begeistern. Stücke wie „Let It Roll“ hätte man dagegen ausblenden können, weil in der Länge nichts mehr passiert. Doch „Bill’s River Blues“ und „Roll Um Easy“ kommen zum Schluss noch als unerwartete akustische Highlights daher, die sich an den Klassiker „Willin’“ heranwagen können.

Ein Live-Album ist dann gut, wenn es eine gute Aufnahmequalität hat, wenn es bei Songs an Dynamik, Arrangement und Improvisationen mehr bietet als auf der Studioaufnahme, was eher bei Bands zutrifft, die gewohnt sind, vom Grundkonzept abzugehen. In diesem Sinne hätte hier eine Disc gereicht, doch so gibt es 40 Songs für 40 Jahre Bandgeschichte von einer Band, die sich hierbei in Momenten zeigt, die anderen Gruppen nur zur Selbstkontrolle gedient hätte. Andererseits weist die Box viele vorzüglich gespielte Versionen mancher Klassiker mit längerer Spielzeit auf, die man als echter Little Feat-Fan doch haben sollte.



Hans-Jürgen Lenhart

Trackliste

1Disc 1:
2Crack In Your Door
3The Fan
4Trouble
5Cat Fever
6Texas Rose Cafe
7Lafayette Railroad
8Hamburger Midnight Blues
9Apolitical Blues
10Fat Man In The Bathtub
11Cold Cold Cold
12Dixie Chicken
13Sailin' Shoes
14Teenage Nervous Breakdown
15Long Distance Love
16Down Below The Borderline
17Rocket In My Pocket
18Tripe Face Boogie
19Disc 2:
20Rock And Roll Doctor
21Long Time 'Til I Get Over You
22Daily Grind
23Feelin's All Gone
24Shake Me Up
25Strawberry Flats
26Borderline Blues
27Ain't Had Enough Fun
28This Land Is Your Land
29Hate To Lose Your Lovin'
30One Clear Moment
31Willin'
32Hoy Hoy
33Disc 3:
34Skin It Back
35Cajun Girl
36Oh Atlanta
37Time Loves A Hero
38Spanish Moon
39Old Folks Boogie
40Let It Roll
41Feats Don't Fail Me Now
42Bill's River Blues
43Roll Um Easy
44Down On The Farm
45Candy Man Blues
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger