Musik an sich


Reviews
Händel, G. F. (Minasi)

Partenope


Info
Musikrichtung: Barockoper

VÖ: 06.11.2015

(Erato / Warner / 3 CD / 2015 / Best. Nr. 0825646090075)

Internet:

Il Pomo D´Oro



FARBENFROH

Die Covergestaltung in edlem Schwarz-Weiß täuscht: Diese Neueinspielung von Händels 1730 uraufgeführter Oper Partenope ist ein höchst farbenreiches, sinnenfrohes Vergnügen. Denjenigen, die der Alten Musik schon länger treu sind, ist das Werk vermutlich noch aus der Frühzeit der Originalklangbewegung vertraut, denn Sigiswald Kuijken brachte es 1979 als eine er ersten Barockopern im neuen bzw. wiederentdeckten Klanggewand heraus. Viel hat sich seither getan und entwickelt. Zunehmend hat man sich an ein Interpretationsniveau gewöhnt, das man damals noch nicht einmal erahnen durfte. Die aktuelle Gesamtaufnahme unter Leitung von Riccardo Minasi bildet hier keine Ausnahme. Sie lässt Händels Verwirrspiel um Liebesränke, Politik und Geschlechterverwirrung auf das Schönste erstrahlen. Wenngleich Handlung und musikalische Schlagkraft im ersten Akt zunächst einmal Fahrt aufnehmen müssen, entfaltet die Partitur mit vergleichsweise knappen Arien, ungewöhnlich vielen Duetten bzw. Ensembles und einer abwechslungsreichen Instrumentierung praktisch durchweg hohen musikalischen Reiz. Händel überrascht in diesem Werk mit manch kühnem Einfall und selbst für einen Meister wie ihn ungewöhnlich präziser psychologischer Deutung.

Minasi zieht die Zügel im Verlaufe der Oper mehr und mehr an, so dass das Orchester spätestens ab dem zweiten Akt zum Motor des Geschehens wird. Besonders geist- und einfallsreich agiert dabei die Continuogruppe, in welcher vor allem die Cembalisten nie um einen pfiffigen Einfall verlegen sind.

Unter der Solisten fällt zunächst einmal die Mezzosopranistin Teresa Iervolino positiv auf, die die Hosenrolle der Rosmira stimmlich so kongenial umsetzt, dass man als Hörer ein ums andere Mal zweifelt: Mann oder Frau? Mezzo oder Counter? Charmante Dame oder kämpferischer Herr? Iervolino spielt ungeniert und frech mit diesen Möglichkeiten, ohne dass dies auf Kosten der musikalischen Qualität ginge. Ihren abtrünnig gewordenen Geliebten verkörpert Philippe Jaroussky mit einer mittlerweile nachgereiften, aber wie gewohnt äußerst beweglichen Counterstimme, die in Arien wie „Ch´io parta?“ oder „Ma quai note“ noch immer schwärmerisch-sanft zu Tränen rührt.
Emöke Baráth gibt einen glanzvollen Armindo und Karina Gauvin verkörpert die Titelheldin höchst menschlich als eine von den Leidenschaften zerrissene Figur. Als Emilio könnte John Mark Ainsley bisweilen heroischer auftrumpfen, wenngleich seine Auftritte an Intonationssicherheit nichts zu wünschen übrig lassen.

Als Schmankerl für eingefleischte Fans bietet die Aufnahme neben dem Schluss gemäß der Uraufführungspartitur auch das alternative Ende nach der Version, die Händel wenig später aus Anlass einer Wiederaufnahme konzipierte, um dem damals just nach London zurückgekehrtem Kastraten Senesino mehr Raum zu geben. Auf diese Weise kommt Jaroussky als der Senesino unserer Tage noch zu einem zusätzlichen Auftritt.



Sven Kerkhoff



Besetzung

Karina Gauvin: Sopran (Partenope)
Philippe Jaroussky: Countertenor (Arsace)
Emöke Baráth: Sopran (Armindo)
John Mark Ainsley: Tenor (Emilio)
Teresa Iervolino: Mezzosopran (Rosmira)
Luca Tittoto: Bass (Ormonte)

Il Pomo D´Oro
Riccardo Minasi: Ltg.



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