Musik an sich


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Niedecken

Zosamme alt


Info
Musikrichtung: Songwriter

VÖ: 13.09.2013

(Vertigo / Capitol / Universal)

Gesamtspielzeit: 61:10

Internet:

http://www.bap.de


Wenn ich gewollt hätte, hätte ich mir Zosamme alt sicher noch etwas schöner hören können. Früher hätte ich das wahrscheinlich getan, gerade wenn es um einen meiner großen Helden gegangen wäre. Aber wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass mich das Album gelegentlich gelangweilt und selten richtig gepackt hat.

Wolfgang Niedecken hat sich mit Zosamme alt einen Traum erfüllt und direkt in Woodstock ein reines Songwriteralbum aufgenommen. Die Texte hat er seiner Frau gewidmet. Es sind Lieder, „die ich im Laufe von fast zweieinhalb Jahrzehnten für die Mutter meiner Töchter geschrieben habe,“ so der Sänger im Booklet.

Herausgekommen ist ein nachdenkliches, melancholisches Album, das sich nicht selten schuldbewusst mit den grüblerischen Gedanken eines in Sachen Musik auf der Walz befindlichen Musikers befasst, der seine Familie immer wieder einmal zu oft alleine zuhause lässt. Der mit sich in dieser Situation aber insgesamt im Reinen zu sein scheint.

Was dabei im Gegensatz zu den (frühen) BAP Alben und auch seinen Soloscheiben, insbesondere dem Debüt Schlagzeiten, fehlt, das ist die wache Beobachtung des Alltags, die in ungeheuer treffenden Geschichten und Portraits umgesetzt wurde.

Auch musikalisch liegen Welten zwischen den Klassikern und dem neuen Werk. Niedecken bemüht sich nicht einmal packende Melodien und Rhythmen, oder gar Refrains zu finden. Mehr sprechend als singend teilt er seine Gedanken mit. Die Musik gerät in radikal dienende Rolle. Sie ist wenig mehr als der Träger, der Rahmen für das, was der Poet vom Rhein heute zu sagen hat. Aber damit ist er gar nicht so weit von seinem Helden entfernt. Ihm setzt er am Ende mit dem „Offical hidden Track“ ein akustisches Denkmal, bei dem es dann doch noch etwas los rockt.

Am Ende bin ich enttäuscht und erleichtert. Natürlich hätte ich gern ein neues „Verdamp lang her“, „Will“, einen „Müsli Man“, „Jupp“ oder ein „Sendeschluss“ gehört. Aber wahrscheinlich hätte Niedecken dazu das opfern müssen, was ihn immer aus dem Gros der Konkurrenz herausgehoben hat – seine Ehrlichkeit.

So kann man mit ihm zosamme alt werden, ohne dass er zur Toten Hose wird.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Zosamme alt 3:18
2 Rääts un links vum Bahndamm 4:41
3 Griefbar noh 4:37
4 Nöher zo mir 4:50
5 Paar Daach fröher 4:56
6 Do jeht ming Frau 4:00
7 Lena 4:02
8 Ich wünsch mir, Du wöhrs he 4:08
9 Jedanke em Treibsand 4:16
10 Nie zo spät 4:26
11 Für Maria 4:26
12 Magdalena (Weil Maria hatt ich schon) 5:17
13 Waat ens jraad 3:40
14 Alles, wat ich zo jähn wöhr (Offical hidden Track) 4:34
Besetzung

Wolfgang Niedecken (Voc, Ac. Git)
Larry Campbell (Pedal Steel, Dobro, Violine, Mandoline, Cittar, Cümbüs)
Steuart Smith (Eg. Git, B, Piano, Wurlitzer, Vibraphon, Hammond)
Julian Dawson (Ac. Git, Mundharmonika, Back Voc)
Zev Katz (B <2,3,10,14>)
Steve Elson (Sax <7,13>)
Jim Freyer (Posaune <8>)
John Sebastian (Mundharmonika <14>)



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