Musik an sich


Reviews
Larry Graham & Graham Central Station

Raise Up


Info
Musikrichtung: Funk

VÖ: 28.9.2012

(Moosicus Records/ Indigo)

Gesamtspielzeit: 63:45

Internet:

http://www.larrygraham.com


Ach, wie schön ist es doch, Prince zum Freund zu haben. Der half schon alt gedienten Soul-Größen wie Mavis Staples wieder auf die Beine und seit Funk-Bassist Larry Graham in der Band und im Vorprogramm von Prince spielt, darf auch dieser wieder hoffen. Nach 13 Jahren Sendepause meldet sich Graham nun mit seiner legendären Funkband Graham Central Station (GCS) wieder zurück. „Raise Up“ ist knackiger, hochenergetischer Ur-Funk für Freunde von Tower Of Power (die mit GCS oft kooperierten) und Prince. Raus aus den Stühlen und abtanzen bis der Arzt kommt, heißt hier die Devise, insbesondere die Hauptbotschaft der Texte. Na, dann mal los!
Verdient hat er’s ja, der Larry Graham. Er hat Musikgeschichte geschrieben als Erfinder der Slap-Bass-Technik und er gilt als einer der Wegbereiter des Funk, da er schon als Bassist bei Sly & The Family Stone mitwirkte. Prince ist auf dem Album dreimal mit dabei und nicht zum Schaden von Graham, der auch als Sänger glänzt.
Graham hat sein Repertoire lange vor Publikum getestet, bevor er sich ins Studio wagte. Das merkt man besonders in den Anfangstiteln. Da ist viel Showgestik dabei. Man startet mit einem Trommel-Intro, im zweiten Titel stoßen die einzelnen Musiker dazu und im dritten dann die Botschaft: Wo Funk draufsteht ist auch Funk drin. Nachdem die Band bewiesen hat, dass sie die Grundmuster des Old School Funk kann – aber auch nicht mehr – mischt sich zum ersten Mal Prince ein. Und schon klingt es trockener, auf den Punkt gebracht. Die Bläser sind durch Prince’ kratzige Gitarre ersetzt, weniger Instrumente sind im Einsatz, dafür wirkt es aber, tja, nach besserem Sex. Bei diesem Stück werden auch die Unterschiede zur Ära Sly Stone und Prince deutlich. Zu Sly Stones Zeiten war eben noch ein Schuss Hippie Family in der schwarzen Musik: Das Gemeinschaftserlebnis war die Show, der Frontman trieb die Leute in die Partystimmung. Prince dagegen ist der geniale Studiofrickler, der sich live der Showmittel zwar auch bedient, aber dessen Musik – sagen wir es einmal so – nie den Weg ins Festzelt finden wird.
Echte Duoarbeit gibt es dann in „Shoulda Coulda Woulda“ zu hören. Larry Graham und Prince vokalistisch im Duo, bluesig, beseelt, intensiv. Apropos Stimme: Die Sängerin auf dieser Scheibe heißt Ashley Cole und führt hier auf mehreren Stücken vor, was es heißt, jemanden an die Wand zu singen. Alle Achtung, ihr Kreisch-Orgasmus in „Now Do U Wanta Dance“ haut echt um. Dies ist, wie noch zwei andere Stücke, eine Neueinspielung eines alten GCS-Hits. Da ist aber auch alles drin, was man für die Schwitzkur auf dem Tanzboden braucht: eine tiefbassige Talkbox, jaulende Synthies, gnadenlose Grooves. Überhaupt scheint ja Funk besonders dieser Art wieder verloren gegangenes Terrain zurückzuerobern.
Nicht tot zu bekommen sind auch Titel wie Stevie Wonders „Higher Ground“, den Graham hier mit etwas Bodypercussion einleitet und dann noch knackiger als das Original spielt. Grahams Funkbass steht im Vordergrund, mit fanfarenartigen Stößen der Bläser und kraftvollem Gedresche der Drums kann man so einen Titel heute auch derart fetzig rüberbringen, dass selbst Hip Hop-geschädigte Kids ihre Ohrenstöpsel wegwerfen. Nur merkt man schon ein bisschen, GCS ist zwar eine vorzügliche Funkband, Larry Graham aber nicht unbedingt jemand, der als Komponist in den Funk-Olymp Einlass bekommt. Seine Kompositionen sind die schwächeren im Vergleich.
Doch immerhin kommt er auch in den ruhigeren Stücken gut weg. Bei dem knarzig gesungenen „No Way“ hat Graham viel von den Dehnungen und Shouts in Prince’ Gesang gelernt und „Hold You Close“ ist was für die Mädels mit Lionel Richie-Alben im Regal.
Bei „Movin’“ zeigt sich Larry Graham schließlich auch an den Keyboards als Einheizer und Prince krönt alles mit seiner Gitarre. Nur der Schlusstitel „One Day“, eine soulige Love & Peace-Mitsingballade hätte nicht unbedingt aufs Album gemusst. Hierbei kommt ein anderer Freund, Gitarrist und Sänger Raphael Saadiq mit seiner Band zum Zuge.
Auch wenn GCS manchmal ein bisschen zu viel an Showgehabe spüren lässt, wird das Album in seinem Verlauf immer besser. Erstklassige Sänger, der Funkbass schlechthin, Prince als vorzügliche Beilage und dann eben Funk wie er sein sollte. Und vor allem vermittelt das Album, live sollte man sich das nicht entgehen lassen. Dies ist garantiert eine der Bands, die jedes Publikum zum Tanzen bringt.



Hans-Jürgen Lenhart



Trackliste
11 GCS Drumline
2 2 Throw-N-Down The Funk
3 3 It’s Alright
4 4 Raise Up [feat. Prince]
5 5 Shoulda Woulda Coulda [feat. Prince]
6 6 Welcome To Our World
7 7 It Ain’t No Fun To Me
8 8 Higher Ground
9 9 No Way
10 10 Hold You Close
11 11 Movin' [feat. Prince]
12 12 Now Do You Wanna Dance
13 13 One Day [feat. Raphael Saadiq]
14
Besetzung

Larry Graham: voc, bg, kb, talkbox,
Graham Central Station
Guests:
Prince: voc, e-g, dr
Raphael Saadiq: voc, e-g


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