Musik an sich


Editorial

Der Verfasser kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, als Musik aus der Konserve noch analog war und auf runde schwarze Scheiben gepresst wurde. Das waren die Zeiten, als Cover meist noch kleine Kunstwerke waren und man die abgedruckten Texte noch ohne Lupe lesen konnte. Und man konnte so herrlich in seiner Musiksammlung blättern.

Dann kam langsam und unaufhaltsam das „goldene“ Zeitalter der digitalen Medien. Die „Schallplatten“ wurden kleiner und glänzten silbern. Rillen hatten diese CDs nicht mehr, waren dafür aber meist schön bedruckt. Bewirkte zu analogen Zeiten ein Kratzer auf der Oberfläche ein kleines sympathisches Knacken, verursachte dies bei den Silberlingen meist einen Totalschaden. Das nannte man Fortschritt.

Heutzutage kommt es aber noch besser. Man kann sich seine Musikwünsche nun downloaden. So man dies legal tut, also auch bezahlt, ist das ja auch nicht weiter schlimm. Auf den MP3 Player damit, und schon darf man sich die Musik antun, meist mittels eines Kopfhörers. Cover? Nein. Texte? Nein. Beides darf sich die Hörerschaft doch bitte selbst besorgen. Und wenn der MP3 Player dann seinen Geist aufgibt, wie meinen Kindern schon oft passiert? PP (Persönliches Pech).

Die Auswirkung für diejenigen, die sich Monat für Monat Gedanken über die neuesten Erscheinungen auf dem Musikmarkt machen, im Volksmund werden diese Menschen „Rezensenten“ oder „Rezensentinnen“ genannt, heißt „digitale Bemusterung“. Nun hat der Verfasser das Problem, dass er keinen MP3 Player besitzt und auch nicht besitzen möchte, in seinen CD Player aus Prinzip keine gebrannten Medien kommen, und die Lautsprecher seines Computers klingen wie rostige Blecheimer. Außerdem möchte der Verfasser keine gebrannten CDs mit selbst gedruckten Covers und ohne Begleitheft in seiner Musiksammlung.

Außerdem hat dieser Verweigerer einigermaßen gute Ohren. Und bei der Decodierung der MP3 Dateien, die zum Hören notwendig ist, entstehen nun mal Verluste. Zitat Wikipedia: „…Bei starker Kompression werden auch hörbare Frequenzen von der Kompression erfasst, sie sind dann als Kompressionsartefakte hörbar“… Dies kann ja bei der so genannten Utz-Musik (Utz, utz, utz) möglicherweise egal sein. Doch niemand auf der Welt würde wohl behaupten, eine ihrer Obertöne beraubte Stradivari klinge noch wie eine Stradivari.

Was also tun? Am besten ich warte mal ab. Nachdem in diesem Monat der letzte Kopierschutz für Musik CDs gefallen ist, bin ich überzeugt, dass die Musikindustrie es begreifen wird. Nämlich die Tatsache, dass eine große Gruppe von Konsumenten, die teures Geld für ihre Musik ausgibt, dafür auch einen greifbaren Gegenwert bekommen möchte. Zumindest diejenigen, die Musik genießen wollen und sich nicht von morgens bis abends mittels verdrahteter Ohrstöpsel zudröhnen. Und eine profane und in meinen Augen auch minderwertige MP3 Datei lässt sich schlussendlich auch noch mit wesentlich weniger Aufwand „raubkopieren“ als eine CD.

In diesem Sinne verweise ich auf die vielen neuen Rezensionen bei Musik an sich, deren Grundlage meist (noch) von CDs sind. Und nicht von Dateien, die mittels inverser Quantisierung für die inverse modifizierte Cosinustransformation aufbereitet wurden.

Andreas Fieseler