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Diverse (Lombardi, M. – i Disinvolti)

Vulnerasti cor meum - Hoheliedmotetten

Info Musikrichtung: Barock / Geistliche Musik VÖ: 22.03.2024 (Arcana / Naxos / CD / DDD / 2023 / A562) Gesamtspielzeit: 73:35

Das Hohelied Salomons gehört mit zu den sinnlichsten und erotischsten Büchern der Bibel. In einer bildgewaltigen poetischen Sprache, die allerlei leiblich-irdische Freuden beschwört, wird das gegenseitige Suchen, Finden, Ersehnen und Begehren zweier Liebender geschildert – ganz ohne falsche Scham und Scheu.
Neben den freudigen werden auch die schmerzhaften und dunklen Seiten der Liebe keinesfalls ausgespart: Leben, Sehnen, Begehren, Leiden, Gewalt und auch der Tod liegen nahe beieinander. Christlich wurde dieser suggestive Text „getauft“ und spiritualisiert; man bezog ihn auf die menschliche Seele (oder auch die Kirche), die ihren göttlichen Herrn und Meister Christus sucht.

Stoff genug also für zahllose geistliche Deutungen und auch musikalische Beschwörungen. Auch im sinnenfrohen Barockzeitalter setzten sich zahllose Komponisten immer wieder mit diesen Texten auseinander. Eine Auswahl bekannter und vor allem unbekannter Werke aus dieser Zeit hat das Ensemble „i Disinvolti“ unter der Leitung von Massimo Lombardi zusammengestellt. Dabei hat man sich auf das Repertoire für ein bis drei Männerstimmen und Bassbegleitung konzentriert, eine durchaus interessante Entscheidung.

Doch wer nun aufgekratzte Erotik oder auch nur himmlische Leidenschaft erwartet, dürfte enttäuscht werden. Und dies liegt weniger an der Musik, die so affektgeladen barock ist wie auch die weltliche Musik dieser Zeit. Es liegt vor allem an der durchweg getragenen, um nicht zu sagen: schleppenden und rhetorisch flachen Darstellung durch die drei Sänger. So wirkt die Musik eher wie eine Bußübung. Noch in der Liebesklage erscheint das Ganze recht müde, ohne spürbare Passion. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Name der Gruppe „i Disinvolti“ übersetzt so etwas wie „die Unbekümmerten“ oder „die Lässigen“ bedeutet. Das kann man freilich so oder so verstehen.

Vielleicht hätte es den Ausführenden geholfen, einige Zeit vor Berninis „Heiliger Tersa von Avila in der Ekstase“ zu verweilen, um ein anderes Verständnis für diese Musik zu entwickeln?

Georg Henkel