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Reviews

Stormwitch

The Beauty And The Beast (Re-Release-Serie)


Info

Musikrichtung: Melodic Rock / Metal

VÖ: 2023 (1987/88)

(High Roller)

Gesamtspielzeit: 36:52

Internet:

http://www.hrrecords.de

Stormwitch-Re-Release-Serie, Folge 4


Über das Releasejahr des vierten Stormwitch-Albums The Beauty And The Beast kursieren verschiedene Jahreszahlen, nämlich 1987 und 1988, letztere u.a. im Booklet des hier vorliegenden High-Roller-Re-Releases. Aufgenommen im Mai/Juni 1987, erscheinen grundsätzlich beide Varianten möglich. Fest steht jedenfalls, dass das Originalcover etwas stilvoller als das des Vorgängers Stronger Than Heaven ausgefallen ist, wobei man hier in den Credits den Namen der Titelschönheit im orangefarbigen Negligé, deren Spiegelbild so ganz anders ausfällt als erwartet/erhofft, nicht erfährt. Die Posterbeilage an die Wand zu hängen würde sich in diesem Falle allerdings wirklich mal lohnen. Die Silbervariante des High-Roller-Schubers erinnert freilich wieder an eine Gothic-Black-Scheibe ...
Von solcherartigen Stilanwandlungen halten sich Stormwitch natürlich auch auf diesem Album fern, aber ihren mit dem zweiten Album begonnenen Imagewechsel untermauern sie diesmal stärker denn je. Oberflächlich betrachtet erinnert der schnelle Opener „Call Of The Wicked“ noch an das Vorgängermaterial, aber schon hier fällt die Zweitstimme auf, die Lisa Wheeler in den Hintergrund des Refrains legt, während der sich auf Vocals und Drums beschränkende Zwischenteil des nicht einmal dreiminütigen Songs live vermutlich wirkungsvoller ausfiel als auf Konserve. Aber schon der Titeltrack bewegt sich in Gefilden, die Stormwitch zuvor nie betreten haben: Tom Krügers Gastkeyboards dominieren hier das Geschehen, und der Song findet seine stilistische Parallele in Bon Jovis „Runaway“, fällt allerdings immer noch einen Tick knackiger aus als dieser und fährt abermals weibliche Gastvocals auf. Das anschließende „Just For One Night“ schraubt das Tempo wieder hoch und läßt Drummer Pete Lancer einen wirkungsvollen galoppierenden Rhythmus anschlagen, baut allerdings auch einen kleinen angedüsterten Zwischenpart ein. Abermals Neuland gibt es mit den beiden letzten Songs der A-Seite zu vermelden. Das schleppende „Emerald Eye“ kreuzt gleich drei Nummern, in denen original Ronnie James Dio am Mikrofon stand, in den klassischen Bandsound ein, nämlich „Heaven And Hell“ (Strophenrhythmus), „Holy Diver“ (Riff) und ganz kurz auch noch „Children Of The Sea“ (Stropheneinsatz), und führt Andy Aldrian im Refrain in die größten Höhen des Albums. „Tears By The Firelight“ wiederum entpuppt sich als die erste Ballade der konservierten Bandgeschichte, bestritten lange Zeit nur von Aldrian, Wheeler und Akustikgitarren, ehe auch noch ein paar Kunststreicher, ein Akustikbaß und einige fast akkordeonartige Keyboards hinzutreten. Und der erste Wurf in diesem Sektor überzeugt gleich mit sehr stimmungsvollem Geschehen, wobei der überraschend schnelle Grundrhythmus dafür sorgt, dass der Romantikfaktor nicht zu groß ausfällt, selbst wenn er gemäß Matthias Herr in seinem ersten „Heavy Metal Lexikon“-Band immer noch groß genug, war, dass dessen von den aus seiner Wohnung dringenden Knüppelorgien genervte Nachbarn ihn nach dem Hören dieses Stückes wieder öfter zum Kaffee einluden.
Seite B hebt mit einen Soundtrack aus einer maritimen Kneipe an, wo jemand „What Shall We Do With A Drunken Sailor“ am etwas verstimmten Klavier spielt, ehe „Tigers Of The Sea“ im flotten Marschtempo losbricht, ein maritimer Song natürlich, in dem neben Aldrians typischer Stimme auch eine relativ rauhe weitere männliche Stimme zu hören ist. Gemäß der Credit-Liste könnte diese Gitarrist Lee Tarot gehören, und sie paßt prima zum Rumflaschen-Gestus des Songs. „Russia’s On Fire“ stellt mit mehr als sechs Minuten den längsten Song des Albums dar, schleppt sich dahin wie Napoleons Armee auf dem Rückweg aus dem brennenden Moskau, bleibt aber oberhalb der Doomgrenze und baut sehr geschickt große schicksalhafte Donkosaken-Chöre ein. Auch die sinistren Keyboards in der zweiten Strophe verfehlen ihre Wirkung nicht, und der Halbakustikpart mit dem textseitig im Booklet nicht abgedruckten weiblichen Erzählpart (könnte Französisch sein) geht als Überraschung durch. „Cheyenne (Where The Eagles Retreat)“ kombiniert geschickt Midtempo-Strophen mit einem abermals völlig überraschend, aber durchaus nicht unlogisch losspeedenden Gestus in der Bridge und im Refrain, der sich mit seinen „Ohoho“-Chören auch wieder prima zum Live-Mittun eignet und nur im Mittelteil irgendwie ein wenig zu unentschlossen anmutet. Mit „Welcome To Bedlam“ schließt wieder kompakter und flotter Dreiminuten-Melodic-Metal das Werk ab, wobei das blackmetalkompatible Gekreisch im Refrain ein wenig zu bemüht wirkt, wenngleich Stormwitch damit ungewollt zum Einfluß für so manche Band, die das titelgebende Motto stimmlich umsetzt, geworden sein könnten, denn in besagtem Refrain hören wir neben Aldrians Stimme auch die weibliche von Lisa Wheeler, wenngleich nicht im operesken Modus, wie das dann ein Jahrzehnt später etliche Formationen pflegten.
So bewegt sich The Beauty And The Beast auch dank der abermals etwas geschliffener wirkenden Produktion wieder ein Stück vom klassischen Bandsound weg, ohne diesen ganz ad acta zu legen – und sowohl Aldrian als Sänger als auch die Instrumentalisten gehen mit den neuen Herausforderungen souverän um, zumal die vokale Einbindung Wheelers gleichfalls überzeugend gelöst worden ist. Das bisher kürzeste Stormwitch-Album (knapp 37 Minuten) macht fast durchgehend Hörspaß – und der Battle-Cry-Re-Release von 2005 wäre imstande gewesen, die Quantität noch deutlich zu erhöhen, denn da sind gleich neun Livesongs von 1991 hinzugegeben worden, davon sieben, die auch als Studioversion auf dem Album stehen („Welcome To Bedlam“ und „Just For One Night“ wurden nicht berücksichtigt). Bei der High-Roller-Variante, im Besitz des Rezensenten wieder als 2023er Re-Release des 2019er Re-Releases, bekommt man diese erneut nicht, dafür aber eben den Silberschuber und das Coverposter, wenn man sich die Schönheit im Negligé auch noch etwas größer anschauen möchte.



Roland Ludwig

Trackliste

1Call Of The Wicked2:56
2The Beauty And The Beast4:21
3Just For One Night3:25
4Emerald Eye3:41
5Tears By The Firelight4:01
6Tigers Of The Sea4:06
7Russia’s On Fire6:04
8Cheyenne (Where The Eagles Retreat)5:01
9Welcome To Bedlam3:18

Besetzung

Andy Aldrian (Voc)
Lee Tarot (Git)
Steve “Snake” Merchant (Git)
Ronny Pearson (B)
Pete Lancer (Dr)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger