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Reviews

Faithful Breath

Gold’n’Glory


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 20.11.2020 (1984)

(High Roller)

Gesamtspielzeit: 30:25

Internet:

http://www.hrrecords.de

Die Wurzeln von Faithful Breath reichen bis zu einer Mittsechziger-Band namens The Magic Power zurück, so dass Matthias Herr in Band 3 seines Heavy-Metal-Lexikons mit Fug und Recht von einem Hardrock-Oldtimer sprechen konnte. Wer dieses Zitat sucht, wird freilich nicht unter F, sondern im Kapitel über Risk fündig, denn das war die seit 1987 aktive Nachfolgeband von Faithful Breath. In den Siebzigern hatten Heinrich „Heimi“ Mikus und seine Mannen noch Prog- bzw. Krautrock gespielt, und ihre frühen Alben galten lange als schwer zu beschaffende Sammlerstücke, sind mittlerweile aber als Re-Releases erhältlich. In den Achtzigern entwickelte die Band einen immer stärker in den Hardrock driftenden Stil und war mit dem 1984er Werk Gold’n’Glory, Album Nummer 5, endgültig im Metal angekommen, wenngleich man die weit in der Vergangenheit liegenden musikalischen Wurzeln hier und da noch durchhört – man lausche mal im Opener „Don’t Feel Hate“ genau auf die Überleitung ins Hauptsolo. Aber grundsätzlich war das schon klassischer Metal, was das Quartett hier anbot, und für 1984 im deutschen Maßstab härtetechnisch auch noch in Schlagdistanz zur Spitze, die erst 1984/85 mit den ersten Alben gewisser Thrashbands weit enteilte.
Zwei Faktoren fielen neben der musikalischen Härtung ins Gewicht. Zum einen hatten Faithful Breath in Zusammenarbeit mit ihrem Manager Boggi Kopec ein Wikinger-Image entwickelt und damit hierzulande ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen – im internationalen Maßstab gab es da noch die Schweden Heavy Load, aber an die Myriaden sogenannter Viking-Metal-Combos war 1984 noch nicht zu denken, und Faithful Breath gingen dann auch mit Hörnerhelmen und entsprechenden Kostümen auf die Bühne. Zum anderen aber hatte Mikus neben der Gitarre mittlerweile auch den Gesang übernommen, und dieser fällt ziemlich kernig, dabei aber nicht grobschlächtig aus: Mikus ist ein Shouter, der sich aber durchaus auf Akzentuierung versteht. Etwas gewöhnungsbedürftig wirkt freilich sein Gesang in der Ballade „A Million Hearts“, die damals sogar als Single ausgekoppelt wurde, mit dem Albumtiteltrack als B-Seite. Einen realen Mehrwert für die Anhängerschaft hatte das Miniwerk damit nicht, aber es stellte eine Chance dar, dass der eine oder andere Radiosender die Ballade über den Äther hätte schicken können, auch wenn man dort sonst keinen Metal spielte. Und siehe da, in der WDR-Schlagerrallye konnte sich die Nummer tatsächlich plazieren, wie Zeitzeuge Norbert zu berichten wußte – 1980 war das mit „This Is My Lovesong“ vom Back On My Hill-Albumzweitling schon einmal gelungen. Die Gitarrenharmonien von „A Million Hearts“ verraten jedenfalls, dass Bassist Horst „Piet“ Stabenow und Drummer Jürgen Düsterloh, die diese Nummer geschrieben haben, diesbezüglich einiges Gefühl besitzen.
Aber routinierte Songwriter und Arrangeure waren die Mitglieder von Faithful Breath in ihrer langen Karriere sowieso geworden, und auch auf dem metallischen Terrain bewegen sie sich stilsicher, zudem kundig angeleitet vom Produzententeam Michael Wagener/Udo Dirkschneider. Ist es da Zufall, dass Song 7 nicht nur „Princess In Disguise“ heißt, sondern sich auch noch verdächtig nach „Princess Of The Dawn“ anhört? Vermutlich nicht. Auch in anderen Songs hört man gelegentlich einen leichten Accept-Touch, allerdings eher latent – die erwähnte Ballade „A Million Hearts“ etwa besitzt entfernte Ähnlichkeit zu „Seawinds“, und den Titeltrack hätten auch Hoffmann/Baltes/Deaffy schreiben können, wobei hier Wagener zusammen mit Mikus sogar als Komponist angegeben ist und die Bridge die Zeile „We live our lives restless and wild“ enthält. Den Druck des verbal zitierten Accept-Klassikers nehmen Faithful Breath aber nicht auf, sondern machen einen großen feisten Stampfer draus, während sie sich von Hochgeschwindigkeit bis auf den abschließenden, nur knapp über zweieinhalbminütigen Doublebass-Knaller „Don’t Drive Me Mad“ komplett fernhalten und sich statt dessen in verschiedenen Varianten mittlerer Tempolagen verlustieren, mit etwa dem Opener „Don’t Feel Hate“ und dem lockeren „Play The Game“ an der oberen Grenze und dem stampfenden „King Of The Rock“ und dem erwähnten Titeltrack im weiten Mittelfeld. Wofür das Quartett aber definitiv ein gutes Händchen besitzt, sind einprägsame, schnell mitsingbare und doch nicht zu platte Refrains. Denjenigen von „Don’t Feel Hate“ etwa konnte der Rezensent, der die Scheibe mehr als 20 Jahre nicht mehr gehört hat, schon beim ersten Durchlauf des vorliegenden Re-Releases von High Roller Records nahezu fehlerfrei wieder mitsingen und denjenigen des Titeltracks auch.
So macht Gold’n’Glory also für Genrefreunde jede Menge Hörspaß, wie auch Norbert schon festgestellt hat, als er vor vielen Jahren Double Thing rezensierte, eine original 1989 erschienene Silberscheibe, die das Material von Gold’n’Glory und dem Folgealbum Skol bündelte. Wer diesen heute vermutlich kaum noch aufzutreibenden Release verpaßt hat und auch die Mausoleum-Original-LP (oder deren polnische Lizenzpressung, die im Schrank des Rezensenten steht) nicht besitzt, kann zum vorliegenden Re-Release bei High Roller greifen, der mit einem aktuellen Remastering (mit ziemlich sauberem, aber das alte Feeling nicht glattbügelndem Ergebnis) sowie im Booklet einer Fotocollage und einem Interview von Matthias Mader mit Heimi Mikus sowie einer Posterbeilage des Covers aufwartet, auf Bonustracks allerdings verzichtet, so dass sich der Silberling nur knapp über eine halbe Stunde im Player dreht. Ob es überhaupt verwertbares Bonusmaterial gegeben hätte, wäre allerdings sowieso noch die Frage, und für den Hörspaß des Materials ist diese Frage eh unerheblich. Nur über das Cover muß nochmal gesondert geredet werden: Schon aus damaliger, aber auch aus heutiger Perspektive mutet das Motiv „Krieger mit Schwert, pelzgefüttertem Slip und Pelzstiefeln, sonst unbekleidet, schleppt nackte dunkelhaarige Schönheit in Richtung eines Wikingerschiffs, das mittels Raketen über dem Boden schwebt“ etwas, ähem, merkwürdig an. Aber gut, die Gitarren mit Zebramuster auf der Rückseite des Schubers sprechen auch für einen eigenartigen optischen Geschmack ...



Roland Ludwig

Trackliste

1Don’t Feel Hate3:48
2King Of The Rock3:25
3Jailbreaker3:30
4A Million Hearts5:00
5Gold’n’Glory4:20
6Play The Game3:43
7Princess In Disguise4:18
8Don’t Drive Me Mad2:37

Besetzung

Heinrich “Heimi” Mikus (Voc, Git)
Andy “Bubi” Hönig (Git)
Horst “Piet” Stabenow (B)
Jürgen Düsterloh (Dr)
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So bewerten wir:

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