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Dag Taeldeman

Mount Olympus


Info
Musikrichtung: Electronica / Moderne Komposition / Theatermusik

VÖ: 29.01.2016

(Butler Records / H'art)

Gesamtspielzeit: 139:00

Internet:

blog.berlinerfestspiele.de/schlagworte/dag-taeldeman/


Dag Taeldman ist ein belgischer Komponist und Musiker, der neben seiner Band A Brand vor allem Musik zu Theaterstücken komponiert. Seine neueste Arbeit Mount Olympus ist bereits seine fünfte Zusammenarbeit mit dem Theaterregisseur Jan Fabre.

Das Stück:
Mount Olympus arbeitet sich durch die griechische Mythologie ohne irgendeinen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Das belgische Kollektiv Troubleyn unter der Leitung von Jan Fabre will die ausgelassenen Feiern unter Einsatz von Alkohol, Drogen und Sex der alten Griechen darstellen, dabei die Tragödie und Komödie nicht ausfallen lassen und vor allem darstellen, dass Zeit keine Rolle spielt. Sie wollen dem modernen Menschen den Spiegel vorhalten und darauf aufmerksam machen, dass doch so vieles nur an uns vorbeirauscht. Konsequenterweise dauert das Stück dann auch 24 Stunden. Wer mehr über das Stück erfahren möchte sollte einmal im Internet googlen oder folgenden Artikel lesen:

http://www.zeit.de/kultur/2015-06/mount-olympus-troubleyn-24-stunden-theater-berlin

Die Musik:
Eröffnet wird die Doppel-CD gleich mit dem fast 14 Minuten langen Titelstück. Dieses wird von dunklen Downbeats bestimmt, über denen elektronisch verzerrte, ebenso dunkle Chorgesänge liegen. Angetrieben wird dieser geniale Opener, der mich an Bands wie Laibach und Ulver denken lässt, von einem straffen elektronischen Beat aus elektronishcen Bässen und Perkussion. Hinzu gesellen sich dunkle, orchestrale Keyboardwände, psychedelische elektronische Sounds und männliche und weibliche Textfragmente, welche rhythmisch gesprochen werden. Gewürzt wird das Ganze von einer weiblichen Stimme eines Liebesspiels. Das ruhige und atmosphärische “Cocoon“ arbeitet mit Glockenspiel-ähnlichen Klängen, die mit viel Echo über einem steten Rauschen erklingen und so eine zum Titel passend versponnene Atmosphäre verbreiten. Das sich anschließende “Around the body“ bietet dann wieder elektronische Beat. Treibende Beats und Klänge aus der Drummachine jagen aus den Boxen, ein wenig 80er-Jahre-Dancefloor macht sich breit. Umrandet wird dieser treibende Mix von harschen, ebenfalls etwas oldschool klingenden Gitarrenriffs und schwebenden, nein, schwülstigen und pompösen Keyboardwänden. Um das Wechselspiel der Klänge beizubehalten schließt sich mit “The Dream of Agamemnon“ ein ambientes Stück kreisender Elektronik an. Die Sounds scheinen im Raum zu schweben, knarzende Elektronik gibt so etwas wie einen Beat.

Das monumentale, über 25 Minuten lange "Oil Dance“ eröffnet mit einer rituell klingenden Pauke und darüber liegenden elektronisch verfremdeten Gitarrenklängen. Die Sounds steigern sich in einen psychedelischen Rausch der nach knapp vier Minuten schlagartig aussetzt. Eine Glocke erklingt und ein manischer Beat aus Trommeln und Pauke setzt ein. Über diesem Sound setzt zunächst ein sägender elektronischer Sound ein bis alles abrupt abbricht und eine zarte Gitarrenmelodie einsetzt. Unter diesem Sound liegt ein schwelend bedrohlicher elektronischer Sound. Dieses Wechselspiel durchzieht das ganze Stück, ein wunderbares Stück zwischen ritueller Musik, Industrial und Neofolk. Die Stimmungen schwemmen hoch, verblassen und kehren sich ins Gegenteil. Dieses Stück umschreibt die im Theaterstück dargestellten Wechselspiele von Drama, Liebe, Ekstase und Leid perfekt.
Abgeschlossen wird die erste CD mit dem düsteren, eher am Industrial angelehnten “The Wet Dream“. Trompeten geben einen verstörenden Sound von sich, während darunter dunkle, metallische Elektronik dröhnt. Ein verzerrter Bassgitarrensound bildet das triste Gerüst dieses Stücks.

Die zweite CD bietet hingegen nur ruhiges, ambientes Material. Hier wird viel mit Droneklängen gearbeitet, die sich mitunter minutenlang dahinwälzen, ohne dass sich oberflächlich betrachtet viel verändert oder abspielt. Die Stücke bauen mit wenigen Klängen interessante Atmosphären auf und sind im Theaterstück wohl mehr für die Sequenzen in denen auch auf der Bühne die Langsamkeit der Zeit zelebriert wird. Als reines Tondokument funktioniert das jedoch noch teilweise und insgesamt fällt die zweite CD somit gegen die sehr starke erste Scheibe doch ab. Für Freunde von Drone- und Experimentalmusik mit Tiefenentspannung aber auf alle Fälle hörenswert.

Auf Grund des Materials der ersten Scheibe lege ich dieses Album Fans von den oben bereits genannten Ulver und Laibach sowie ähnlich gelagerten Neoklassik- und Neofolkbands wärmstens ans Herz. Auch lohnt es sich mal, dieses Projekt im Internet nachzuschlagen oder sogar auf Youtube-Ausschnitte der Aufführung zu schauen. Aber Vorsicht: Das Ganze ist mit Sicherheit nicht jedermanns Sache.

Bewertung:
CD 1 20/20
CD 2 16/20

Gesamt also 18/20.



Wolfgang Kabsch



Trackliste
CD1
Mount Okympus 13:54
Cocoon 8:14
Around the body 4:08
The Dream of Agamemnon 3:38
Oil Dance 23:18
The Wet Dream 5:27

CD 2
Vasedance one 13:30
The Dream of the travelling wig 5:52
Vasedance 29:02
The Dream of Ajax the shepherd 8:04
Vasedance thee 8:00
Make.up Scene 15:53

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