30 Jahre im Zeichen des Tridents; Mein persönliches Jubiläum mit der wohl fleißigsten und interessantesten Band der Welt - The Legendary Pink Docs Teil 4: Faces in the fire





Faces In the Fire

1984


Veröffentlichungsformen:

1.) Vinyl-Mini-Album
2.) CD-Album
3.) Download
4.) Musikkassette


Legendary Pink Dots - Faces In the Fire – EP

1.) Vinyl-Mini-Album

UK EP Play It Again Sam BIAS1, 1984
US LP Soleilmoon Bestandteil des Boxset Lullabies for the new dark ages, 1996

2.) CD-Album

US CD Soleilmoon SOL42 (1996 – alternatives Cover)
US CD Soleilmoon SOL 42 (1996 – alternatives Cover, Lullabies for the new dark ages)
PL CD Big Blue TK 02-4 (2006 – alternatives Cover)

3.) Download

Bandeigene Remaster-Version, veröffentlicht über Bandcamp 2012

Titelliste Vinylalbum, CD und Download:

- Seite 1
Blasto 3:28
Love In A Plain Brown Envelope 5:44
Sleeso 2:44

- Seite 2
Neon Gladiators 6:50
Kitto 1:08
Eight Minutes To Live 3:46

4.) Musikkassette

PL CS Big Blue TK02-4 (1996)

Titeliste Musikkassette:

- Seite 1
Blasto
Love In A Plain Brown Envelope
Sleeso
Neon Gladiators
Kitto
Eight Minutes To Live

- Seite 2
Een Ogenblik Alstubleft
Love On A Pale Green Postage Stamp [Stained Glass Soma Fountain, Traumstadt 5 MC]
Premonition 12 - [Stained Glass Soma Fountain]
Mmmmmmmmmmmm... - [Stained Glass Soma Fountain, Traumstadt 5 MC]
Jungle - [Stained Glass Soma Fountain, Traumstadt 2 MC]
Plague 2 - [Stained Glass Soma Fountain, Traumstadt 2 MC]
Find The Lady - [Stained Glass Soma Fountain, Traumstadt 2 MC]
No Bell No Prize - [Stained Glass Soma Fountain, Traumstadt 2 MC]
Suicide Pact - [Stained Glass Soma Fountain, Traumstadt 2 MC]

Anmerkung: Diese Version wird auf der Brainwashed-Webpage, die sehr zuverlässig ist, gelistet. Allerdings konnte ich nirgendwo sonst tatsächliche Nachweise über diese Fassung finden. Die Titel der zweiten Seite sind im Übrigen von verschiedenen CD-Veröffentlichungen mit Songs von frühen Kassettenveröffentlichungen der Band kompiliert. Nur das erste Stück gibt es nur hier. Allerdings habe ich keinerlei Information über Art, Länge, Alter etc. des Stücks. Vermutlich ist es irgendeine Bearbeitung eines bekannten Stückes das hier als Intro genutzt wird.


Musiker: (der 6 eigentlichen Stücke)

Edward Ka-Spel - Gesang, Keyboards
Stret Majest - Gitarre
Roland Calloway - Bass
Phil Harmonix - Keyboards, Sounds
April Iliffe - Keyboards, Gesang
Pat Paganini - Geige
Ignit - Schlagzeug


Produziert von Pat Bermingham und den Legendary Pink Dots

Vinyl-Version in zwei unterschiedlichen Covern. Das Artwork ist das Selbe, jedoch gibt es eine grüne und eine gelbe Fassung. Soleilmoon veröffentlichte es ebenfalls mit anderen Cover als CD und später auch Vinyl in der Lullabies for the new dark ages-Box.


Platteninschrft:

KLAUBSTEHTT NAVEEDA DERSTIHHN




Fakten zum Album:

Faces in the Fire erschien nur wenige Monate nach Curse 1984. Das Minialbum besteht aus nur sechs Stücken und läuft nur knapp 25 Minuten. Im Gegensatz zu den Songs auf Brighter Now und Curse befinden sich jedoch auf Faces in the Fire keinerlei Stücke, die vorher auf Kassetten erschienen waren. Und so stellt sich das Album zumindest musikalisch als ein kleines Konzeptalbum aus zwei Zyklen je drei Songs dar. Aufgenommen wurde es wie die Vorgänger im kleinen Studio vom In Phase-Label, welches auch die Erstveröffentlichungsrechte hatte. Später wurde es vom belgischen Label Play it again Sam (PIAS) veröffentlicht und vertrieben. Produziert wurde das Album von Pat Brimingham und den Pink Dots. Das spätere feste Bandmitglied Pat Paganini spielte Geige als Gastmusiker.

Und Faces in the Fire trägt als erstes Album der Pink Dots ein Cover von Stephen Barbery, welcher die Platten der Dots der 80er später visuell entscheidend mitprägen sollte.


Kritik:

Faces in the Fire entfernt sich wieder ein gutes Stück vom eher dunklen Klang des Vorgängers Curse und nähert sich in gewisser Weise wieder ein wenig an Brighter Now an, jedoch in einer wesentlich bunteren und experimentierfreudigeren Weise. Schlussendlich ist das Album auch wesentlich besser aufgenommen und produziert und stellt so ein wenig das Tor für die folgende Vielfalt der Band dar. Auch wenn die einigermaßen stabile Besetzung der späten 80er Jahre noch nicht gefunden war, stellt man sich hier als Bandeinheit dar.


Die erste Seite wird vom schrägen “Blasto“ eröffnet. Ein simpler Drumcomputer-Sound puckert durchgehend. Kräftige, auch schon zur damaligen Zeit oldschool klingende Keyboards erzeugen zum einen einen schwebenden Teppich, zum anderen fast einen Schunkelrhythmus. Der Bass ist sehr im Hintergrund, dafür gibt es eine ungewöhnlich rockige E-Gitarre und über diesen Soundmix erklingt ein inzwischen sehr ausgeprägter Gesang von Edward Ka-Spel. Der sich hinzu gesellende weibliche Chorgesang schmeckt diesen Hybrid aus Krautrock und 80er-Jahre-Pop sehr gut ab.

Im zweiten Stück kommen dann typische Silverman-Keyboards dieser Phase vor. Einerseits schwebende Sounds, andererseits diese puckernden Sequencersounds. Und in dieses Soundbild passt sich die offensive Geige Pat Paganinis kongenial ein. Edwards Gesang wechselt sich zwischen Erzählen und ekstatischem Gesang ab. Dass sich das Ganze in der Mitte des Songs zusammen mit der weiblichen Stimme zu Klängen eines ekstatischen Liebesspiels verbindet, wirkt sehr gut. Dass die beiden Protagonisten durch ein schellendes Telefon gestört werden, ist wohl der typische Dots-Humor. “Love in a plane envelope“, so heißt dieses Stück, ist ein waschechtes Stück Artrock mit den Mitteln der 80er Jahre. Die Geräusche und Stimmen vermischen sich am Ende in ein Kaleidoskop der Gefühle und die Geige hebt ab.

Mit dem folgendem “Sleezo gibt es dann eines dieser typischen Pink Dots-Popsongs, die eigentlich Hits hätten werden müssen. Eine perlende Gitarre spielt eine klare, doch melancholische Melodie vor einem eingängig programmiertem Rhythmus. Hieraus entsteht eine Passage sphärischer, synthetischer Streicherklänge, über denen Edward seine kurze Textpassage dahin leidet. Danach setzt wieder die poppige Anfangssequenz ein, eine weibliche Stimme erklingt und das Stück endet in einem ausklingenden Bassspiel.


Die zweite Seite eröffnet mit einem Artrocksong der Extraklasse, “Neon Gladiators“. Dieses Stück gibt klar vor, wie es in den nächsten Jahren mit der Band weiter gehen sollte. Nach einer kurzen Eingangssequenz von Sprachfetzen setzt die offensive Geige ein. Dazu gesellt sich der treibende Sound aus Silvermans Sequencer. Keyboardsounds laufen von links nach rechts und zurück und dann setzt Edwards Sprechgesang ein. Die Geige spielt sich nach und nach in einen Rausch. Die einsetzenden sphärischen Keyboards heben das Stück dann in absolute Artrockgefilde. Beachtenswert ist auch die rockige Gitarre, die nie in den Vordergrund tritt, aber einige sehr interessante Licks hervorbringt. Das Stück wurde 1987 dann noch mal für Stone Circles neu aufgenommen und war lange Bestandteil des Livesets der Band und uferte dabei nicht selten in sehr langen Improvisationen aus.

"Kitto" dagegen ist dann so ein typischer Pink Dots-Walzer. Ein kirmesartiger Keyboardsound treibt unatürlich schnell voran, Edward singt dazu und viele psychedelische Keyboardsounds würzen das kurze Stück.

Das abschließende “8 Minutes to live“ ist dagegen wieder ein Stück düsterer. Die Eingangssequenz übernimmt noch die verrückten Sounds von “Kitto“, dazu gesellt sich eine psychedelische Gitarre, ein pumpender Bass aus dem Keyboard und sphärische Keyboardsounds. Hier sind klar die Gitarrenklänge hervorzuheben. “8 Minuts to live“ ist ein dunkler Psychedelik-Track der 1984 sicherlich ein wenig aus der Zeit gefallen klang, andererseits Bands, die zu dieser Zeit wieder mit diesen Stilen experimentierten, ebenbürtig, wenn nicht sogar voraus war.


Fazit:


Auch wenn Faces in the Fire bei mir bisher immer ein wenig im Schatten der anderen Alben der 80er Jahre der Pink Dots stand, so muss man doch sagen, dass es im Grunde das Ergebnis einer Band war, die sich nach vielen Kassettenveröffentlichungen, einigen Liveauftritten und ihren ersten Alben gefunden haben zu schien. Wirkte Brighter Now noch ein wenig unentschlossen und Curse ein wenig uneinheitlich und beide Alben auch noch zu sehr in die frühen Aufnahmen verwurzelt, spielte die Band mit Faces in the Fire ein organisches Album ein, das klare Trademarks der Band setzte, welche sie im Folgenden weiterentwickelten und mit immer neuen Ideen fütterten. Dieses Album definierte den Bandsound der Band für die weiteren 80er-Jahre-Alben, mit dem sie es verstanden, auch völlig unterschiedliche Songs und Sounds zu einem Legendary Pink Dots-Album zu verbinden. Dies gelang ihnen meines Erachtens nach auf diesem Album zum ersten Mal in Gänze.

Zur Klangqualität sei noch zu sagen, dass das original Vinylalbum zwar um Längen besser klingt als Brighter Now, aber auch noch an der Aufnahmequalität und den in diesen Jahren üblichen eher minderwertigen Vinylpressungen leidet. Als wir damals in den 80ern zu Musikfans wurden, waren wir ja diese dünnen Scheibchen gewohnt, doch muss man klar sagen, dass die Klangqualität dieser etwas besseren Flexidiscs doch nichts ist gegenüber den heutigen Pressungen. Dementsprechend gewann das Album durch seine Neuveröffentlichung auf CD durchaus deutlich an Klangtransparenz und Dynamik. Und das ist ein Fakt der gerade bei der verspielten und abwechlungsreichen Musik der Dots nicht zu unterschätzen ist.

Ach, wie schön wäre es, wenn sich mal jemand über die Alben der Pink Dots hermachen würde und sie so aufwändig restaurieren würde wie man es von den Megaacts gewohnt ist. Doch das wird wohl leider ein Traum bleiben.


Cover:

Auch Faces in the Fire erschien mit vielen unterschiedlichen Hüllen. Und auch bei Faces in the fire ist es die erste, die das Album für mich am besten trifft und auch künstlerisch am wertvollsten ist. Das Bild zeigt eine ältere Frau, ein kleines Mädchen und ein Baby auf einem Fernsehbildschirm. Die Zeichnung ist Schwarz-Weiß, die Grundfarbe dahinter ist auf der größeren Auflage des Albums Hellgrün. Eine weitere Auflage ist im selben Rosaton wie Brighter Now angelegt. Sinn ergibt das Konzept erst dann durch die Rückseite. Auf dieser sind ebenfalls drei Personen zu sehen, die anhand der Anordnung und der Kleidung als dieselben Personen zu erkennen sind. Jedoch sind nun anstatt der Gesichter bei dem Baby der blanke Schädel, bei dem Mädchen ein poröser und bei der Frau ein aufgeplatzter Schädel zu erkennen.


Die Soleilmoon-Wiederveröffentlichung in der Lullabies for the new dark ages-Box kommt in einem gänzlich aussagelosen Cover daher. Wie alle vier Alben dieser Box ist sie auch in einem Retro-Schwarz-Weiß gehalten. Das Foto zeigt eine Frau mit Kopftuch und einen Jungen mit Hut vor einem Bäckerladenschaufenster. Im Hintergrund sieht man ein altes Stadthaus. Ich denke, es ist ein Bild das kurz nach dem 2. Weltkrieg entstanden ist oder aber so wirken soll.

Das Big-Blue-Cover trifft den Titel des Albums erstaunlicherweise dann am besten, denn es zeigt eine in Flammen verbrennende Fratze. Das ändert aber nichts daran, dass es wie die meisten anderen Cover dieser Serie hässlich ist und billig produziert wirkt. Die meisten Big-Blue-Cover wirken auf mich zwanghaft düster und auf Gothic gemacht, was für die bunten Pink Dots völlig unpassend ist.

Das beste Cover der Platte hat hingegen die oben nicht gelistete Picture-Vinyl-Version von Soleilmoon. Die Platte an sich stammt aus der Lullabies- Box. Sie wurde 2010 gefunden und von The Silverman und Alan Jaeger mit einem handgemalten Cover, das Flammen und Fratzen zeigt, versehen. Diese sind in psychedelischen Rot und Rosatönen gemalt.
Da es sich um eine nicht offizielle Edition von nur zwölf Stück handelt, ist diese Version oben nicht gelistet.



Wolfgang Kabsch



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