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Reviews

Mozart, W. A. (Immerseel)

Sinfonien Nr. 39-41, Fagottkonzert


Info

Musikrichtung: Orchester

VÖ: 2003

Zig-Zag-Territories / Note 1 (2 CD DDD (AD 2001/02) / Best. Nr. ZZT 030501)

Internet:

ZigZag Territories

GEGLÜCKTE SYNTHESE

Mozart. Sinfonien. Die Letzten. Da erübrigt es sich eigentlich, noch irgendwas zu schreiben. Gesagt, geforscht und gemutmaßt wurde darüber unendlich viel, der Mythos lebt: Letzte Worte (nicht ganz). Der sinfonische Schwanengesang (Hm!)
Und eingespielt hat man diese Musik noch und nöcher. Ich stelle also mal wieder die Gretchenfrage: Braucht man das noch einmal?

DIE ALTERNATIVEN: MINIATURISIERT, GLATT, ÜBERZOGEN ...

Man braucht! Wenn es nur so gut, so inspiriert und musikalisch intelligent gemacht ist, wie in diesem Fall. Wieder einmal ist es ein auf historischen Instrumenten spielendes Orchester, das die so sattsam bekannten Partituren zu frischen Leben erweckt.
Dabei da gab es ja schon einige Einspielungen in dieser Richtung. Die meisten davon haben mich allerdings, trotz aller Klangkultur und Perfektion, zumindest bei den letzten drei Sinfonien nicht sonderlich überzeugt: Christopher Hogwood, der den Jugendwerken Mozarts soviel quecksilbrige Brillianz verliehen hat, war mir da zu verhalten, J. E. Gardiner zu stromlinienförmig und Roger Norrington, sicherlich der Interessanteste der drei, zu maniriert. Auch bei Nikolaus Harnoncourt, der diesen Werken ebenfalls - allerdings mit modernen Instrumenten - ungewohnte Perspektiven abgewann, schien mir manches zu angestrengt gegen den Strich gebürstet.

GEGLÜCKTE SYNTHESE

Jos van Immerseel und Anima Eterna ist dagegen die ersehnte Synthese gelungen: Ihr Mozart ist nicht miniaturisiert, perfektionistisch und kühl wie bei Hogwood und Gardiner, kommt aber auch ohne die aggressiven Effekte Norringtons und Überzeichnungen Harnoncourts aus. Nicht, dass es bei Anima Eterna keine sehr berührenden, aufwühlenden oder schockierenden Momente gäbe. Nur werden diese eben nicht vordergründig "ausgestellt", sondern sind integraler Teil des sinfonischen Organismus'. So geht die Differenzierung der zum Teil überraschend, aber immer überzeugend empfundenen Details hier nicht auf Kosten der großen Bögen und des musikalischen Fluss'.

Denn die Modernität von Mozarts späten Werken liegt ja gerade darin, wie das unterschiedliche, zum Teil sehr disparate Material in einem Satz bzw. in einer Sinfonie zu einer höheren Einheit zusammengebracht wird. Wird nicht, wie so oft, mit glättendem Schönklang darüber hinwegmusiziert, bekommt Mozarts Musik hier eine geradezu dialektische Dimension: Heiteres verbindet sich mit Traurigkeit, Tragik mit Triumph, Erhabenheit mit Albernheit, Witz mit Ernst, Höfisches mit Volksmusikalischem, anheimelnde Konvention mit aufregender Modernität. Dabei kann eine große, energische Geste klangfarblich und harmonisch in ihr Gegenteil transformiert werden und urplötzlich in Melancholie oder Verzweiflung umschlagen - und umgekehrt.
Wenn z. B. dem auftrumpfenden, etwas pathetischen Beginn der sogenannten Jupiter-Sinfonie Nr. 41 im zweiten Thema eine fallende Linie aus kichernden Flöten und Oboen erst ironisierend gegenübergestellt wird, diese beiden so gegensätzlichen Elemente dann aber gemeinsam weiterverarbeitet und "auf einen Nenner" gebracht werden, dann ist es die Aufgabe der Interpreten, diese Doppelbödigkeit hörbar zu machen. Bei Anima Eterna und Immerseel klingt da das fröhliche Kichern plötzlich nervös und schrill, das Pathos aber gewalttätig und schneidend. Ähnlich ist es mit den dramatisch in den Streichersatz hereinfahrenden Hörnern und Holzbläser im ersten Satz der G-Moll Sinfonie Nr. 40! Wie verzweifelt und bedrohlich die Gestimmtheit dieser dichten, aktionsreichen Musik wirklich ist, läßt sich in der vorliegenden Neuproduktion beeindruckend erleben.

Orchester (und Tontechnikern) ist das Kunststück gelungen, die Musik in eindrucksvoller Transparenz darzubieten, ohne dass sie zerfasert oder anämisch klingt. Und statt sich nur auf knackige Virtuosität und den Klangcharakter der alten Instrumente zu verlassen, wird phantasievoll interpretiert. Manches gerät auf diese Weise regelrecht verblüffend (z. B. der markig abgesetzte Schlusston des einleitenden Themas im 2. Satz der Jupiter-Sinfonie, auch sonst ein Höhepunkt der Einspielung). Die Komplexität der Musik findet so ihre Entsprechung in der Vielstimmigkeit einer Interpretation, die nicht etwa zur Vereinzelung von Episoden und unverbindlichen Aha-Effekten führt, sondern zur spannungsvollen sinfonischen Einheit.

Diese Qualitäten zeichnen auch das Fagott-Konzert aus. Der "röhrige" Ton des Solo-Instruments mag zunächst etwas gewöhnungsbedürftig sein. Das charakteristische Timbre macht aus ihm allerdings einen ausdrucksvollen, besonders in den Kadenzen höchst originellen Darsteller. Vor allem, wenn so lust- und kunstvoll musiziert wird, wie in diesem Fall. Man kann sich vorstellen, wie aufregend die Emanzipation dieses Instruments von der basslastigen Hinterbank des Orchesters in die erste Reihe auf Mozarts Zeitgenossen gewirkt haben muss!

Bitte mehr davon!



Georg Henkel

Besetzung

Jane Gower (Fagott)
Anima Eterna

Ltg. Jos van Immerseel
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00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger