····· Neues Solo-Album von David Gilmour im September ····· Evildead-Album wird mit einer ersten Single angekündigt ····· Alles ist =1 meinen Deep Purple auf ihrem kommenden Album ····· Sense of Fear, Heavy-Metal-Band aus Griechenland, veröffentlicht neue Single ····· Status Quo-Sommer-Tour in Deutschland ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Messiaen, O. (Metzmacher)

Éclairs sur l’Au-Delà …


Info

Musikrichtung: Neue Musik Orchester

VÖ: 19.09.2008

(Kairos / Harmonia Mundi / CD DDD 2008 / Best. Nr. 0012742KAI)

Gesamtspielzeit: 54:53

REGENBOGEN

Es sieht ganz so aus, als würde Olivier Messiaens letztes vollendetes Orchesterwerk, die posthum 1992 uraufgeführten Éclairs sur l’Au-Delà …, zumindest zu einem diskographischen Klassiker. Insgesamt fünf Einspielungen zählt der Katalog mittlerweile. Nach Wit (Jade), Chung (DG), Cambreling (Hänssler) und Rattle (EMI) legt jetzt das Schweizer Neue-Musik-Label Kairos Ingo Metzmachers Interpretation mit den Wiener Philharmonikern als Live-Mitschnitt vor.

Erstaunlich, wie sicher sich dieses traditionsreiche Spitzenorchester auf dem Terrain Neuer Musik bewegt. Wobei Messiaens später Zyklus über die „Streifblicke ins Jenseits“ gegenüber seinen eruptiven Werken der 1950er und 1960er Jahre geradezu klassisch beruhigt wirkt. Extreme kennzeichnen die Sätze untereinander; innerhalb der Abschnitte disponiert der Komponist sein Material geradezu ohrenfreundlich übersichtlich. Was den einen oder anderen Tumult nicht ausschließt. Aber insgesamt trägt der elfsätzige Zyklus alle Kennzeichen eines abgeklärten Alterswerks.
Die Ecksätze bestehen aus massiven, langsam zu spielenden Chorälen. Der feierliche erste ist allein für die riesige Bläserbesetzung, der himmlisch verklärte zweite für Streicher gesetzt. Messiaens berühmte buntschillernde Harmonik steht jeweils im Zentrum. Ähnlich schlicht der fünfte Satz, ein herrlicher, Raum und Zeit übersteigender Gesang für die Streicher.
Das verschwenderisch besetzte Orchester (u. a. 10 Flöten und 10 Klarinetten!) kommt häufig in Form solcher Sub-Ensembles zum Einsatz, z. B. im 9. Satz, Einige Vögel des Lebensbäume, ein ausgezeichnetes Beispiel für Messiaens style oiseaux. 18 Holzbläser intonieren 25 Vogelstimmen aus aller Welt und erzeugen einen blendenden, labyrinthischen Kontrapunkt. Dabei gelingen den Wienern einige erstaunlich authentische Klänge. Das pfeift, trillert, jubiliert, flötet, schnarrt und keckert wie im echten Vogel-Leben. Und bleibt doch ganz Kunst-Musik.
Im Vergleich zu der berückend jenseitig klingenden Referenz-Einspielung von Christian Cambreling geht es bei Metzmacher und seinen Musikern überhaupt viel direkter zur Sache. Ihre musikalischen Visionen klingen nicht aus der Ferne herüber, sondern wirken deutlich diesseitiger, wenn man so will: irdischer, fleischlicher. Das gilt auch für den australischen Prachtleierschwanz, dessen exzentrischer, farben- und gestaltreicher Gesang dem 3. Satz sein besonderes Gepräge verleiht. Metzmacher wählt zudem die zügigeren Tempi und lässt die Kontraste in den Sätzen schärfer ausspielen. Gleich im 1. Satz regt er den finalen Akkord des Chorals zu maximaler Leuchtkraft an. Auch im 5. Satz, In der Liebe bleiben, mit seinen Messiaen-typischen süßen (aber nicht klebrigen!) Harmonien beeindruckt die Strahlkraft der Streicher auf dem Höhepunkt des Stücks.
Messiaens additive, zyklische Formen werden präzise und ausdrucksvoll umgesetzt. Bei Die Engel mit den sieben Posaunen, dem dramatischen Komplementär-Stück zu Nr. 5, gelingt es, mit dem Blech- und Schlagzeugapparat maximale klangliche Wucht zu entfesseln, ohne dass das ganze plakativ klingt. In Die Sterne und die Herrlichkeit dagegen arbeitet Metzmacher in der grandiosen finalen Steigerung eher mit Qualitäten denn Quantitäten.

Tiefenscharf und differenziert ist das Klangbild der ORF-Aufnahme, so dass man wesentlich mehr Details der Orchestrierung als bei Cambreling wahrnehmen kann. Dennoch würde ich der älteren Produktion wegen ihrer Innigkeit und auratischen Schönheit weiter den Vorzug geben.
Ein Manko der während der Konzertaufführung mitgeschnittenen Metzmacher-Version soll nicht verschwiegen werden: Huster, Quietschen und tieffrequente Nebengeräusche sind nicht zu überhören. Für mich war mindestens im 5. Satz die Toleranzgrenze überschritten. Da entsteht der Eindruck, als ob überall Leute herumlaufen.



Georg Henkel

Trackliste

1Apparition Du Christ Glorieux6:28
2La Constellation Du Sagittaire6:18
3L'Oiseau-Lyre Et La Ville-Fiancee4:23
4Les Elus Marques Du Sceau1:52
5Demeurer Dans L'Amour11:30
6Les Sept Anges Aux Sept Trompettes
7Et Dieu Essuiera Tout Larme De Leurs Yeux5:27
8Les Etoiles Et La Gloire3:49
9Plusiers Oiseaux Des Arbres De Vie2:56
10Le Chemin De I'Invisible3:47
11Le Christ, Lumiere Du Paradis8:23

Besetzung

Wiener Philharmoniker

Ingo Metzmacher: Leitung
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger