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After The End

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Info
Musikrichtung:
Jazz/Rock/Fusion
![]() VÖ: 24.04.2025 ![]() (Dotyk Music) ![]() Gesamtspielzeit: 47:00 ![]() Internet: ![]() https://www.dotyk.de/ |

Kyrylo Shchyptsov als Initiator des Chamber Jazz-Duos Dotyk stellt gemeinsam mit dem Schlagzeuger Gerhard Suhlrie seine sechs Eigenkompositionen unter dem Titel After The End vor. Auf einem der Songs, "Dark Matter", konnte er den Flügelhornisten Markus Stockhausen als Gast gewinnen.
Der Gitarrist Shchyptsov wurde in der Ukraine, in Nikopol, geboren, genoß bereits im Alter von sieben Jahren den ersten Gitarrenunterricht, ferner lernte er das Klavierspiel, so dass er bereits ab dem Alter von Vierzehn an der Glinka-Musikschule in Dnepropetrovsk das entsprechende Studium startete, das er dort im Jahre 2003 abschloss, mit einer Fortsetzung an der Musikhochschule in Odessa. Somit waren die besten Voraussetzungen gegeben für seine musikalische Laufbahn. Namhafte Gitarrenlehrer schulten das junge Talent weiter mit dem Ergebnis einiger Teilnahmen an internationalen Wettbewerben.
Aktuell haben Shchyptsov und Drummer Suhlrie nun das Album After The End veröffentlicht, eingespielt in Bremen, in Studio Nord, sechs Eigenkompositionen des Gitarristen. Begleiter Gerhard Suhlrie startete übrigens auch bereits im Alter von zwölf Jahren mit dem Schlagzeugspiel und studierte später an der Hochschule für Künste in Bremen. In verschiedenen Besetzungen wurde er nachfolgend aktiv, nicht nur im Jazz, sondern auch in Randbereichen und anderen Stilrichtungen.
So verfügen beide Musiker über das notwendige musikalische Wissen, um sich gemeinsam mit dieser individuell geprägten Musik darzustellen. Von Beginn an stellt der Gitarrist klar, das er über ein hohes Maß an spielerischer Fertigkeit besitzt, denn die Art seines Vortrags ist professionell und technisch perfekt in der Darstellung. Doch nicht nur die Gitarre kommt zum Einsatz, sondern auch Loops und ein Midi Keyboard wurden zur Gestaltung hinzugefügt. Zwar bleibt die Gitarre soundbestimmend, doch sorgt die weitere Instrumentierung für ein Mehr an Fülle und Gestaltungsmöglichkeit. Drummer Suhlrie bleibt eher als reiner Rhythmusgeber im Fokus und gibt die Richtung der einzelnen Songs vor. "Breath" ist zum Beispiel daher eher von Rockrhythmen geprägt und enthält eher weniger Spuren von Jazz. Mir wäre in diesem Zusammenhang lieber gewesen, hätte man das Keyboard weggelassen, denn speziell ab etwa Minute 5:43 unterbricht es leider die ansonsten leicht und locker-luftig gespielten Motive der Gitarre und läßt diesen Song dann leider ein wenig "am Boden kleben". Erst ab etwa Minute 8:22 lockert sich die Stimmung wieder auf, und ein neues Stück scheint zu beginnen, das sich bis zum Schluß fast wieder in eine überwiegend stimmungsvolle Umgebung begibt.
Eine Besonderheit und Ausnahme stellt "Dark Matter" dar, denn man konnte als Gaststar den bekannten deutschen Trompetenstar Markus Stockhausen gewinnen. Dieser bringt dann die aus meiner Sicht wichtige Jazz-Stimmung ein, die den übrigen Songs auf jeden Fall auch gut bekommen wären. Drummer Suhlrie hält jedoch auch hier wieder die Musik durch den rockenden Beat eher am Boden, ein wenig mehr Swing hätte dem Song, gerade im Zusammenhang mit Stockhausen, sehr gut getan und hätte ihm mehr Leichtigkeit und das gewisse Abheben verliehen, und, als sei mein "Ruf" erhört worden, geschieht genau das mit etwa Minute 3:11, mit dem Trompetensolo wird es lebendiger, ein künstlicher Basslauf unterstützt den Swing ein wenig. Hierbei fällt mir auf, dass Shchyptsov sich nicht unbedingt als Jazz-Gitarrist offenbart. Seine Technik, die sich mit großer Fülle und Klarheit darbietet, sehe ich eher in anderen Bereichen angesiedelt, und so stelle ich mir vor, dass sich hier auch avantgardistisch geprägte Richtungen anböten, oder vielleicht in Richtung Tommy Emmanuel oder ähnlichen Musikern, auch fällt mir mitunter eine gelegentliche Ähnlichkeit zum australischen Musiker Tim McMillan hinsichtlich des Gitarrenspiels auf, der sich mit dem musikalischen Begriff des "Goblincore“ eine eigene "Schublade" schuf.
Bei einigen Songs unterstützt der Einsatz von Keyboards recht passend die Stimmung, doch stets dann, wenn sie zu stark eingebunden werden, wird man vom eigentlich erwarteten Sound der Gitarre abgelenkt, so dass ich meine, man sollte damit dezenter umgehen und sie mehr in den Hintergrund drängen. Denn ich hatte eigentlich vorrangig ein Gitarrenalbum erwartet. Leider kann es dann vorkommen, dass die Gitarre dadurch mitunter nicht mehr im Fokus des Geschehens steht, und das sollte sie absolut ob des spielerischen Umgangs des Protagonisten mit dem Instrument. Interessant klingt es, wenn sich mitunter ein Hauch von klassisch inspirierter Musik einschleicht, wie bei "Dance" zum Beispiel.
Letztlich wünschte ich mir auch, dass sich, wie ich bereits erwähnte, Kyrylo Shchyptsov verstärkt in den Bereich Jazz einbringen würde, denn seine recht spezielle Art des Umgangs mit seinem Instrument könnte in diesem Umfeld für Erneuerung und Erweiterung sorgen, noch besser wäre es darüber hinaus, das Duo noch um einen Bassisten zu erweitern und wie zum Beispiel hier mit Stockhausen noch einen weiteren Klanggestalter hinzuzuziehen, oder, wegen der individuell geprägten Ausdrucksweise der Gitarre in eine ganz andere Richtung, wie zum Beispiel hin zum oben genannten Tim McMillan abzuschweifen. So bleibt die Musik, wie sie sich auf After The End darstellt, noch etwas "zwischen den Stühlen".
Was bleibt, ist eine gewisse stilistische Alleinstellung, die man durchaus ausbauen könnte, jedoch mehr als Konzentration und Verdichtung auf das Instrument Gitarre. So denke ich, dann würde sich der Sound auch öffnen hinsichtlich eines Mehr an Emotionalität und die grundsätzlich geplanten Strukturen dieser individuellen Art bekämen mehr Raum zur Entfaltung, was einem Song wie beispielsweise "Dreaming In The Rain" auf jeden Fall gut bekäme. In diesem Zusammenhang muss ich zwingend den letzten Song, "Song For Masha", erwähnen, das aus meiner Sicht entstandene Highlight dieser Produktion. Überwiegend ist Shchyptsov hier allein gestaltend tätig, sein Gitarrenspiel zeugt von seiner hohen Professionalität und gleichzeitig ist es hoch emotional, was mir entgegenschallt, und man hat den Eindruck, der Protagonist würde hier eine ganz persönliche Geschichte erzählen, die sanfte Unterstützung des Schlagzeugs füllt die Stimmung dazu sehr einfühlsam aus.



Trackliste
2 Dark Matter (8:17)
3 Neverland (8:30)
4 Dance (6:41)
5 Dreaming In The Rain (7:09)
6 Song For Masha (5:03)
Besetzung
Gerhard Suhlrie (drums, percussion)
Markus Stockhausen (flugelhorn - #2)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |