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Reviews

Axewitch

Out Of The Ashes Into The Fire


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 30.04.2021

(Pure Steel / Soulfood)

Gesamtspielzeit: 57:47

Internet:

http://www.puresteel-records.com
http://www.axewitch.com

Der Albumtitel ist Programm: 40 Jahre nach ihrer Bandgründung und mehr als 30 Jahre nach ihrer Auflösung legen Axewitch tatsächlich ein neues Studioalbum vor, ihr summiert viertes Full-Length-Werk. Von dem Quintett, das weiland das Debütalbum Lord Of the Flies einzimmerte, sind immerhin noch 60% des Personals an Bord, nämlich Sänger Anders Wallentoft, Gitarrist Magnus Jarl und Drummer Mats Johanson, wozu als Neuzugänge Zweitgitarrist Mikael A. Deild und Bassist Björn Hernborg treten. Dieses neue Quintett will mit zwölf neuen Songs dem guten alten Namen gerecht werden.
Und sieh an, die Schweden schaffen das auch. Out Of The Ashes Into The Fire klingt nicht nach zahnlosem Altherrenrock, sondern bietet knackigen Traditionsmetal, der schon im flotten Opener „The Pusher“ einiges an Energie rüberbringt und in dem einer der Gitarristen schon nach wenigen Sekunden zu einem frenetischen Sololauf ansetzt. Reine Speedfreaks waren Axewitch ja schon in ihrer ersten Aktivitätsperiode nicht, und im Härter-und-schneller-Wettbewerb wollten sie damals auch nicht mitmachen. Auf dem Albumneuling weiten sie aber ihr Spektrum geschickt in eine Richtung aus, die man auch im höheren Alter noch kompetent darbieten kann, ohne auf der Bühne nach einem halben Song in den Seilen zu hängen, nämlich in den Epic Metal. Johanson bremst also schon in „In Pitch Black Darkness“ in breites Midtempo ab, und die Songwritingfraktion sorgt dafür, dass der gewünschte Stil kompetent aus den Boxen kommt, in diesem Song latent ein bißchen nach Black Sabbaths Heaven And Hell-Album klingend und nur leider die progressiven Anstriche aus dem Intro nicht als Grundlage für die Weiterentwicklung nehmend. Allerdings fällt schon hier auf, dass Wallentoft öfter als früher seinem Zweitjob als Keyboarder nachgeht, was er freilich eher im Hintergrund tut und zudem mit Sounds, die auch schon die Altrocker der Siebziger hätten einsetzen können, allen voran die geliebte alte Hammondorgel. Dazu treten ein paar Anklänge an Magnum – aber die Briten sind ja beileibe keine schlechte Referenz, und so schimmern sie in „Dues To Pay“ latent gleich nochmal durch, wenngleich man dem Axewitch-Material grundsätzlich anhört, dass es auf zwei Gitarren ausgerichtet ist, während Tony Clarkin ja nie einen Zweitgitarristen neben sich hatte. „Let Sleeping Dogs Lie“ schaltet wieder ins treibende Midtempo hoch, bietet in der Bridge aber mit den düster-wavigen Gitarren ein überraschendes, sich allerdings ins Gesamtbild problemlos einfügendes Element auf. Und wenn ein Song schon „Boogie Of Death“ heißt, muß da natürlich auch ein Boogierhythmus druntergelegt werden, wenngleich sich die Schweden durchaus ein paar ungewöhnliche Schlenker gönnen. Dass sie vor den Achtzigern musiksozialisiert worden sind, wird u.a. auch in „Losing You“ deutlich, dessen Refrainunterbau althergebrachten Schemata folgt. Da Axewitch aber durchaus im Hier und Jetzt leben, stoppen sie diese durchaus flotte Nummer im Solo plötzlich ab und klingen mit den verschleppten Drums dort plötzlich viel neuzeitlicher, obwohl strenggenommen auch in diesen Momenten nichts ertönt, was es nicht zumindest schon im letzten Jahrtausend gegeben hat. Den Elektrik-Halbelektrik-Mix in der Einleitung von „Going Down“ hätten auch die Landsleute von Tad Morose ähnlich gestalten können, bevor hier dann wieder feister Epic Metal draus wird, dessen Riffing auch zu anderen Landsleuten, nämlich zu Candlemass, gepaßt hätte. Schon mehrfach sind auf der Platte auffällige Chorarrangements in den Refrains zu hören gewesen, hier treten sie vielleicht am markantesten auf, wobei zu vermuten steht, dass der neue Basser hier intensiv eingebunden ist, denn das Booklet weist ihm die Angabe „Bass and Vocals“ zu. Ob man ihn gar hier und da auch in Leadpassagen hört, ist schwierig zu bewerten – man hat durchaus hier und da den Eindruck, nicht alle Leadvocals wiesen die gleiche Stimmfarbe auf, aber sie liegen auch nicht so weit auseinander, dass man zwingend die Anwesenheit eines zweiten Leadsängers anzunehmen hätte. Anders Wallentoft war schon zu Debützeiten kein ganz Großer seines Fachs, schlug sich aber achtbar, und dieses Verdikt trifft auch vier Dekaden später immer noch zu, auch wenn man in „The Pusher“ über einige rauhere Passagen erstmal erschrickt – aber er hat die Lage schnell im Griff, und gerade wenn er in den epischen Passagen seine immer noch leicht angerauhte, aber recht dunkle „Klarstimme“ zum Einsatz bringt, paßt das zur angestrebten Stimmung oftmals richtig gut, wie etwa „The Healer“ unter Beweis stellt. Die Haupttrümpfe der Band waren allerdings schon in der frühen Aktivitätsperiode die Gitarristen, und das hat sich auch mit der Auferstehung nicht geändert – Jarl und sein neuer Kompagnon Deild überzeugen mit Riffs wie Melodiepassagen, holen hier und da ein kleines Kabinettstückchen heraus, stellen ihr Spiel aber stets in den Dienst des Songs an sich. Für die eine oder andere Überraschung sorgt wie erwähnt auch die Songwritingfraktion, die im Booklet nicht en detail ausgewiesen ist, etwa mit der verschleppten Bridge in „Lie To Me“. „Violator“ an Position 10 wiederum beweist, dass Axewitch auch mit dem Schaffen von Accept vertraut sein dürften, das sie hier aber geschickt mit winzigen Verharrungen und Gitarrenherunterschaltungen (die Bridge!) zu einem eigenständigen Etwas vermischen. Und wenn dem Rezensenten jetzt noch einfallen würde, an wen ihn das mit diesmal ein wenig anders klingenden Backingvocals ausgestattete Arrangement des Refrains erinnert ...
Die beiden letzten Songs der CD sind als Bonustracks gekennzeichnet; sie stehen auf dem Silberling und auch auf der Downloadversion, fehlen aber der LP-Edition, wohl um die Spielzeit der letzteren unter 50 Minuten zu halten. Es handelt sich um Neueinspielungen zweier alter Songs aus der ersten Periode, und zwar vom 1982er Demo. „Nightmare“ fährt dabei in der Neufassung sogar halftimeangehauchte Drums auf, die dem konsequenten Traditionalisten einen Alptraum bescheren könnten, und auch das Solo ist hier eher leicht sleazig (das völlig überraschende Finalsolo fügt noch eine ganz neue, nun aber wieder klassische Richtung hinzu), während das Vorhandensein einer Bandhymne für die Achtziger nicht untypisch ist und „Axewitch“ daher allein aus diesem Grunde schon aus der ersten Aktivitätsperiode stammen muß, was dann aber aufgrund des auch hier ungewöhnlichen Drumstils eigentümlich anmutet (der freilich im Original nicht so gewesen sein muß), während die Gitarren hier nochmal tief in die Blues-Trickkiste greifen. Aber eine richtige Bandhymne zum Mitfeiern und Mitsingen, wo sich alle in den Armen liegen, ist das nun eigentlich auch wieder nicht. Wurde sie deshalb für keines der drei alten Alben berücksichtigt? Möglich wär’s. Der dritte Demotrack, eine Coverversion von Judas Priests „Beyond The Realms Of Death“, erfuhr keine Neueinspielung, und die beiden anderen Neufassungen sind strukturell durchaus etwas verändert worden, was bei „Nightmare“ dann gleich mal zu einer um fast anderthalb Minuten kürzeren Spielzeit geführt hat.
Summa summarum: Wer die Schweden schon in den Achtzigern mochte und akzeptieren kann, dass sie auch in ihrer neuen Inkarnation keine Geschwindigkeitsrekorde aufstellen wollen, oder wer einen Mix aus klassischem und episch angehauchten Metal zu goutieren können glaubt, der sollte diese Auferstehung mal genauer unter die Lupe nehmen. Wem die beiden Bonustracks zu modern bzw. zu schräg sind, der besorgt sich halt das originale Demo und programmiert seinen CD-Player für die vorliegende Scheibe so, dass er nach Track 10 stoppt.



Roland Ludwig

Trackliste

1The Pusher4:04
2In Pitch Black Darkness5:33
3Dues To Pay5:34
4Let Sleeping Dogs Lie4:30
5Boogie Of Death4:52
6Losing You4:57
7Going Down5:31
8The Healer5:11
9Lie To Me4:51
10Violator4:25
11Nightmare5:03
12Axewitch3:21

Besetzung

Anders Wallentoft (Voc)
Magnus Jarl (Git)
Mikael A. Deild (Git)
Björn Hernborg (B)
Mats Johanson (Dr)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger