Reviews

Glaciers

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Info
Musikrichtung:
Avantgarde/Electronica/Jazz
![]() VÖ: 11.04.2025 ![]() (Eigenproduktion) ![]() Gesamtspielzeit: 54:31 ![]() Internet: ![]() https://www.elsanilssonmusic.com/ https://martinfabricius.eu/ |

Die musikalische Kombination von Flöte und Vibrafon ist mir spontan nicht bekannt. Hier, auf dem Album Glaciers sind es die schwedische Flötistin Elsa Nilsson und der dänische Vibrafonist Martin Fabricius, die es vorführen.
Fabricius stellte ich bereits im Trio oder mit Randi Pontoppidan im Duo vor, hier in Richtung Electronic/Improvisation.
Nun, Improvisation wird auch auf Glaciers groß geschrieben! Gleich zu Beginn setzt Flötistin Nilsson klare Akzente mit kraftvollem Ton, "Breathing In", das Vibrafon erklingt nur sacht im Hintergrund. Der nachfolgende Titelsong strahlt eine ganz besondere Wirkung aus, wiederum die Flöte im Vordergrund. Elsa lernte bereits im Alter von fünf Jahren Piano, später begab sie sich auf eine Backpacking Tour in die USA und improvisierte mit einer Flöte, als sie sich in Bergen in Nordkalifornien aufhielt. Nachfolgend, pendelnd zwischen der Heimat und den Vereinigten Staaten, nach entsprechenden Studien widmete sie sich diversen Herausforderungen und schuf viel kreative Musik. Und davon zeugt dann auch diese Veröffentlichung, gleich mit "Weight" wird ihr Instrument durch Verzerrung im Klang verfremdet und durch diverse elektronische Bearbeitungen im Sound scheint sie verschiedene Genres der Musikwelt, mit denen sie sich offensichtlich beschäftigt hatte, in ihr Spiel integriert zu haben. Ihr Spiel geht jedenfalls über das hinaus, was man letztlich an repräsentativen Kollegen*innen des Rock, des Jazz oder anderen Richtungen kennen gelernt hat. Sie geht einen Schritt weiter und nutzt ein weites Spektrum zur Klanggestaltung.
Zur Seite steht ihr dabei Martin Fabricius, seines Zeichens Vibrafonist und Filmkomponist. Auch er geht über die "normale" Nutzung bekannter Protagonisten dieses Instruments hinaus, nutzt ebenfalls elektronische Zurichtungen und schafft einen eigenwilligen Sound, er, der bei Gary Burton studierte und dessen Spiel einer neuen Generation zuführte und es erweiterte. Seine Musik ist insofern nicht nur dem Jazz zuzuordnen, sondern bewegt sich zwischen den Genres, und gemeinsam mit seiner musikalischen Partnerin ist dadurch etwas ganz Faszinierendes entstanden, dass sich schwer einordnen läßt. Die Tatsache, dass Fabricius auch als Filmkomponist tätig ist, erklärt möglicherweise die bildhafte Sprache aller dreizehn gemeinsam komponierten Songs.
Gekennzeichnet ist Glaciers von viel Improvisation, direkt und live eingespielt ohne Overdubs oder sonstige Bearbeitungen. In den Liner Notes führt der Vibrafonist aus, dass der Eingangs- und Ausgangstitel der Veröffentlichung,"Breathing in" und "Breathing Out", suggerieren, dass alle Stücke eine einzige kontinuierliche Meditation bilden, und es sich genau anfühlte während der Aufnahmen. Und dieses gibt mir natürlich Anlass dazu, mich ebenfalls in diese Stimmung fallen zu lassen, und so kann ich das auch nachvollziehen. Der ruhigere Part wird meist von Fabricius dargestellt, während die sich darauf aufbauende Kraft mit den kraftvollen Darstellungen der Flöte von Elsa Nilsson offenbart.
Viele unterschiedliche Bilder versammeln sich zu einem Gesamten, das wie eine Art Suite wirkt, die gelegentlich eine hypnotische Wirkung ausstrahlen kann, so etwa ganz stark mit dem Song "Away", wo Tropfen zu fallen scheinen und darüber von der Flöte eine Geschichte dargeboten wird, das ist wie Posie pur. Doch auch nicht so ruhige Songs werden vorgeführt, so "Disco Kitten", dass in der Eröffnung einen aufkommenden Sturm zu suggerieren scheint. Das Spiel der Flöte gleicht schon fast dem Sound einer verzerrten E-Gitarre, darüber hinaus gleitet man gedanklich bereits in das Lager von Free Jazz. Mit dem längsten Song des Albums, "Rage Monkey" mit knapp sieben Minuten Laufzeit, wird auch recht viel Abwechslung geboten, mit Darstellungen, die in unterschiedliche Genres gleiten.
Ausatmen - "Breathing Out", ein langsames Ausatmen, eine Rückkehr zur tieferen Meditation, zur Rückbesinnung, Raum, um sich Zeit zu nehmen für eine Rückschau auf die bisherigen Songs und Stimmungen. ja, mit Glaciers ist den beiden Protagonisten gelungen, eine Kurzgeschichte vorzustellen von erzählerischer Kraft und nimmt man den Albumtitel beim Wort, dann fällt es mir absolut leicht, mich mittels der Musik auch in die imaginäre Stimmung eines Gletschers zu versetzen, ich bedanke mich für diese sehr angenehme Kurzreise!



Trackliste
2 Glaciers (3:54)
3 Weight (2:24)
4 Pixies (3:18)
5 Wow Fish (4:48)
6 Where We Stand (4:23)
7 Let’s Star Here (4:21)
8 Away (3:47)
9 Disco Kitten (4:04)
10 Rage Monkey (6:56)
11 Loris (3:15)
12 Without (4:32)
13 Breathing out (5:37)
Besetzung
Martin Fabricius (vibraphone)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |