Reviews

Flóð og Fjara

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Info
Musikrichtung:
Chamber Jazz
![]() VÖ: 17.01.2025 ![]() (Challenge Records, Bertus) ![]() Gesamtspielzeit: 48:10 ![]() Internet: ![]() https://www.gulligudmundsson.nl/ https://www.challengerecords.com/ https://www.martinaweinmar.de/ |

Gulli Gudmundsson ist ein Bassist aus Island. Allerdings nicht in Island, sondern in den Niederlanden ist er als Unterstützer der dortigen Jazz-Szene bekannt. Und so legt er mit seinem Album Flóð og Fjara dann auch gleich eine gemeinsame Produktion mit zwei niederländischen Jazzmusikern vor, dem Pianisten Jeroen van Vliet und dem Trompeter Koen Smits. Und sie erzeugen eine wahre kammermusikalische Stimmung mit ihren neun neuen Songs, von denen alle außer "Panta" (Jeroen van Vliet) und "Alcañiz" (Federico Moreno Torroba) sowie "Heyr, Himna Smiður" (Þorkell Sigurbjörnsson) vom Bassisten selbst stammen.
Wie ein roter Faden zieht sich diese ruhige Stimmung durch das Album und verbreitet Entspannung und Wohlgefühl. So kann sich die Seele geschmeichelt fühlen in diesem Vollbad harmonischer Musik, Musik, die gleichermassen einfallsreich tönt, sehr anspruchsvoll, voller Strukturen als auch mit offenen Passagen. Auf jeden Fall passt ein Wort auf das, was die drei Musiker produzieren, Eleganz!
Der Albumtitel, Flóð og Fjara, soll wohl bedeuten "Ebbe und Flut", und das passt durchaus, denn hier an der Küste agieren beide Gezeiten genauso bedächtig und kommen und gehen langsam, während sich dazwischen das Watt offenbart. Und so finden wir Anteile von Kommen und Gehen und kurzfristiger Beständigkeit in der Musik, jedenfalls vollziehe ich es genau so nach, auch das Geräusch des Wassers kann man hören...
Diese Platte hätte gut und gern auch auf dem renommierten Label ECM seine Heimstatt finden können, ja, und einen Querverweis dahin gibt es sogar, denn Gulli Gudmundsson spielte gemeinsam mit Wolfert Brederode und Jasper van Hulten das dort erschienene Album "Black Ice" ein. Und wie soll es anders sein, mit einer ähnlichen Atmosphäre wird man dort umgeben. Es ist schon beeindruckend, wie man durch die Tiefe der Darbietung emotional berührt werden kann, so muss man davon ausgehen, dass diese Tiefe gleichermaßen den Seelen der Musiker entspringt, ein perfektes Beispiel für die Kommunikation zwischen Interpreten und Hörern*innen.
Zwar ist der Trompeter Koen Smits kein Skandinavier, doch kann man ihn aufgrund seiner Spielweise und des Ausdrucks durchaus mit jenen Kollegen wie Mathias Eick, Nils Petter Molvær oder Arve Henriksen vergleichen, ganz besonders fällt mir das auf bei "Heyr, Himna Smiður" des isländischen Komponisten Þorkell Sigurbjörnsson. Eines der für mich ergreifendsten Stücke ist "Panta", hier wurde mit viel Hall gearbeitet, wie verloren wirkende Pianotupfer ergänzen sich mit diesem und der Trompete und verschwinden im Nirgendwo, ach, ich höre im Geiste die Gitarre Terje Rypdals von irgendwo her auftauchen, das würde passen. Doch auch ohne ihn ergreift mich diese sehnsüchtige Stimmung, die auf ganz hervorragende Weise durch den Bass von Gulli Gudmundsson rhythmisch zart geleitet wird.
Verabschiedet werden wir auf ganz sphärische Weise, wiederum stark mit Hall versehen, durch "Komdu Heim", ja, es heisst in der Tat "Komm nach Hause", aber - ich bin längst angekommen und werde noch einmal von vorn starten müssen, um nicht aus dieser mich ummantelnden Stimmung herausgerissen zu werden, das ist wie ein wärmender Mantel in der Kälte, wie eine gute Nachricht in schlechten Tagen, danke dafür!



Trackliste
2 Philip (5:55)
3 Glíma (3:27)
4 Heyr, Himna Smiður (4:42)
5 Panta (8:17)
6 Floð og Fjara (6:17)
7 Alcañiz (2:44)
8 Sólveig (7:00)
9 Komdu Heim (3:24)
Besetzung
Koen Smits (trumpet)
Jeroen van Vliet (piano)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |