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Reviews

Bitter Velvet

Unleashed Fears


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 31.07.2023

(Stormspell)

Gesamtspielzeit: 34:21

Internet:

stormspell.bigcartel.com
http://www.facebook.com/people/Bitter-Velvet/100090069983640/

Hinter einem Namen wie Bitter Velvet würde der Metal-Kenner primär eine Gothic-Metal-Formation vermuten, zumal wenn die CD Unleashed Fears heißt und das Cover eine weibliche Jugendliche im Schlafanzug zeigt, die scheinbar gerade aus einem verwunschenen Haus in den freilich nicht weniger verwunschenen Wald geflüchtet ist, was ihre Stimmung offensichtlich nicht gerade hebt. Aber Pustekuchen – seitlich unter dem Cleartray prangt der Schriftzug „New Wave Of Old School Heavy Metal“. Gut, auch in diesem Stil kann man sich mit entfesselten Ängsten auseinandersetzen, als ob man auf bitteren Samt gebettet worden wäre, also offenbar sowas wie das mit Zentaurenblut getränkte Gewand, mit dem Herakles vergiftet wurde. Wie sieht die Sache nun hier aus?
Nimmt man die CD aus dem Tray, entdeckt man darunter das Bandfoto, und das offenbart, dass es sich bei Bitter Velvet nur um ein Duo handelt, und zwar um ein gemischtgeschlechtliches. Wirft man die Scheibe nun endlich in den Player, schallt einem im Opener „Monster In Disguise“ zunächst fieses finsteres Lachen entgegen, ehe Sage Zavage, bürgerlich Sebastian Peña, aber tatsächlich ein traditionsmetallisches Riff abfeuert und sich eine flotte, aber noch unter der Speedgrenze liegende Metalnummer entwickelt. Die wird dann im folgenden „Princess Within“ überschritten, dazu gesellen sich in der Folge einige Midtemponummern, und obwohl sowohl „Tangled Web“ als auch „Illumination“ mit Akustikparts anheben, entwickeln auch sie sich schnell zu knackigem Metal weiter – eine Ballade hat das Duo unter den acht Songs also nicht versteckt, sondern läßt tatsächlich die gesamten recht oldschoolig bemessenen 34 Minuten das metallische Herz schlagen. Und in gewisser Weise oldschoolig ausgefallen ist auch die Musik, wenn man nicht davon ausgeht, dass „oldschoolig“ im Metal-Kontext automatisch „Achtziger“ bedeutet. Bitter Velvet bedienen sich eher der zweiten Traditionsmetalwelle ab den späten Neunzigern, verzichten aber im Gegensatz zu Combos wie etwa Axenstar oder Morifade mit minimalen Ausnahmen komplett auf den Einsatz von Keyboards, so dass die einzige etwas ungewöhnliche Zutat das Cello bildet, das Omar Sanchez gasthalber eingespielt hat und das aber akustisch eher unauffällig bleibt – aktiv nimmt man es eigentlich nur in der Bridge vorm Solo von „Illumination“, später in dessen Solo selbst und in der letzten Strophe dieses Songs sowie im Intro von „Whispers Of You“ wahr, in dem im Hintergrund auch noch etwas Didgeridoo-Ähnliches tönt, und im Hauptsolo dieses Speedies haben wir dann mal einen der seltenen Momente, wo tatsächlich ein unauffälliger, aber wirkungsvoller Keyboardteppich hinter der Leadgitarre liegt. Sanchez war als Gast ebenfalls für den Baß verantwortlich (inclusive Leadverpflichtungen im Finale von „Whispers Of You“, leider etwas einfallslos ausgeblendet), wird im Booklet beim Cellospielen sogar abgebildet, und Zavage hat außer dem Hauptjob des Gitarrespielens im Nebenjob auch noch den Drumcomputer programmiert, der zum Glück nicht gar zu künstlich klingt und sich gut ins Gesamtbild einfügt. Gitarrespielen macht ihm freilich offenbar mehr Spaß, er soliert fleißig, aber songdienlich und behängt so manches Riff noch mit einer Melodiegirlande, wobei auch die Riffs selbst zu überzeugen wissen – da ist naturgemäß nichts Neues oder Innovatives dabei, aber das erwartet in diesem Stil ja auch niemand, und auch hier kann man dem Saitenschwinger definitiv ein gutes Händchen für Songdienlichkeit attestieren. Dass er in „Heavy Metal Bomb“ allerdings einen Mittelteil einbaut, der sich leicht zu Mitsingspielchen oder anderen Integrationsmöglichkeiten weiterentwickeln läßt, könnte assoziieren, dass Bitter Velvet das Ziel hatten, auch eine bühnenfähige Besetzung zusammenzubekommen, und zwischenzeitlich haben sie dieses in der Tat erreicht und erste Gigs gespielt.
Zu analysieren bleibt nun noch die Rolle von Malikce, der weiblichen Hälfte des Duos. Alma Cevallos, so der bürgerliche Name der äußerst ansehnlichen Dunkelblondine, steht am Mikrofon und gibt dort eine prima Figur ab. Von Klassikelementen hält sie sich komplett fern, sondern ist eine klassische Rocksängerin, die sich zumeist in halbhohen bis hohen Lagen aufhält und nur ganz selten mal andeutet, dass sie auch noch mehr könnte, was die Höhe angeht. Wer bei der Stimme bisweilen an Marta Gabriel denkt, hat einen passenden Vergleich gefunden, und da Bitter Velvet auch instrumentell wie kompositorisch nicht so weit entfernt von Crystal Viper lagern, sollte, wer die Polen mag, auch die Ecuadorianer – ja, das Duo siedelt in Quito – mal antesten.
Nur gegen Ende hin geht Unleashed Fears ein wenig die Puste aus: Dem Speedie „Whispers Of You“ folgt dreimal gemäßigter Melodic Metal an der Grenze zum Hardrock. Zwar verstecken sich auch hier noch prima Ideen, etwa die nur halb verzerrten Gitarren, die Teile von „Tangled Web“ prägen, oder das erwähnte Cello-Crescendo im Solo von „Illumination“, aber ein Paukenschlag zum Schluß wäre vielleicht doch nutzbringend gewesen. Aber man darf sich ja für den Zweitling noch Steigerungsmöglichkeiten offenlassen. Unleashed Fears könnte derweil für den Traditionsmetalfreund, so er mit den Drums klarkommt und nicht zwingend auf die Achtziger geeicht ist, jedenfalls ein gefundenes Fressen darstellen, obwohl die ganz großen Highlights, die Bitter Velvet irgendwann mal auf jedem Konzert spielen müssen, mit Ausnahme von „Heavy Metal Bomb“ noch fehlen. Dafür stimmt die Gesamtleistung ohne Wenn und Aber positiv.



Roland Ludwig

Trackliste

1A Monster In Disguise3:40
2Princess Within4:44
3The Long And Lonely Fight3:36
4Heavy Metal Bomb4:27
5Whispers Of You4:34
6Tangled Web4:14
7Illumination4:17
8Bad Girl4:48

Besetzung

Malikce (Voc)
Sage Zavage (Instrumente außer B und Cello)
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So bewerten wir:

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