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Rens, J.-M. / Berio, L. (Carrère)

Folk Songs

Info Musikrichtung: Moderne VÖ: 08.03.2024 (Cypres / Naxos / CD / 2023 / Artikelnr. CYP 4662) Gesamtspielzeit: 59:42 Internet: Albane Carrere

Die Anleihen, die der zeitgenössische Komponist Jean-Marie Rens (Jg. 1955) mit seinen "Onze Folk Songs" bei Luciano Berios (1925-2003) "Folk Songs" nimmt, sind unüberhörbar und werden auch gar nicht kaschiert. Wie Berio bettet der Belgier traditionelle Songs unterschiedlichster Herkunft in eine eigene Klangumgebung ein, was hier wie dort zunächst für eine kleinere Instrumentalbesetzung geschah und später für größeres Ensemble transkribiert wurde. Rens´ Eingriffe in die Vokalstruktur sind zurückhaltender, seine instrumentalen Kommentare erschöpfen sich vielfach eher im Atmosphärisch-Klangmalerischen was ein ums andere Mal gefährlich nahe an den Abgrund des filmmusikalisch geschmäcklerisch abgenutzten Effekts führt. Und über den Abgrund hinaus.

Mezzosopranistin Albane Carrère bleibt dabei gezwungen, sich im Rahmen eines naiv-mädchenhaften Liedvortrags zu halten. Das tut sie auch klag- und tadellos, aber das wesentlich breitere Farb- und Ausdrucksspektrum, das Berios "Folk Songs" ihr abverlangen, wirkt dann doch befreiend und zeigt das Potential dieser Sängerin. Auch wenn sie nicht derart zur Selbstentäußerung neigt, wie einst Widmungsträgerin Cathy Berberian oder jüngst ihre Kollegin Lucile Richardot (hm, 2020) werden die Songs bei ihr doch zu einem profunden, reizvollen Bilderbuch der tausend (weiblichen) Gesichter. Das bleibt alles immer noch gut hörbar, aber hat eben bis hin zum Spiel mit den Momenten der Stille doch einen klar avantgardistischeren Impuls als bei Rens. Berio war zudem weise genug, die einzelnen Songs zeitlich knapper zu halten und damit einer Erschöpfung die stilistischen Mittel vorzubeugen. Und so bleibt das Vorbild am Ende unerreicht.

Sven Kerkhoff