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Reviews

Destouches, A. C. (Blanchard, M. – Sartre, S. – Les Ombres)

Télémaque et Calypso


Info

Musikrichtung: Barock / Oper

VÖ: 12.04.2024

(CVS / 2 CD / DDD / 2023 / CVS )

Gesamtspielzeit: 126:10

ZWISCHEN KONVENTION UND ERNEUERUNG

Unter den Nachfolgern von Jean-Baptiste Lully war André Cardinal Destouches (1672 bis 1749) einer der erfolgreichsten. Seine Karriere wirkt ein wenig wie aus einem Historienroman: adelige Herkunft, erst Missionar in Siam, dann Musketier im Dienste Ludwig XIV, schließlich ein von vom König geförderter Komponist und in seinen letzten Lebensjahren der Leiter von Oper und Musikakademie.

Eine ganze Reihe von Bühnenwerken – lyrische Tragödien, Ballette und Pastoralen – stammt aus Destouches Feder. Mit seinem Schaffen setzte er die Traditionen des Grand Siècle fort und versuchte zugleich, diese für den modernen Geschmack zu erneuern. Das Ziel, die Erwartungen durch Anlehnung an die Konventionen Lullys zu erfüllen und zugleich durch Anpassungen ein nachhaltiges Publikumsinteresse zu wecken, erreichte Destouches wie viele seiner Kollegen aber nicht immer. Vor allem die Opern „Issé“, „Omphale“ und „Callirhoe“ hielten sich längere Zeit im Repertoire, bis sie wie das meiste aus der Epoche des Ancien Regime mit diesem untergingen und in einer Art Dornröschenschlaf fielen.

Die 1714 uraufgeführte und 1730 noch einmal revidierte Oper „Télémaque et Calypso“ war weder ein Erfolg noch ein Misserfolg. Ihr Plot verweist auf Lullys „Armide“, wirkt aber auch wie ein Geschwisterstück zu Henry Desmarsts 1694 entstandener „Circé“, die ebenfalls auf einer Episode aus der Odyssee beruht. Bei „Télémaque et Calypso“ ist es der Sohn des Odysseus, der auf der Insel der Göttin Kalypso strandet. Die erkennt in dem Jungen dessen Vater, dem sie aus Liebe zur Flucht verhalf, statt ihn im Auftrag Neptun zu töten. Nun sucht sie mit dessen Sprößling anzubandeln, der allerdings die ebenfalls gestrandete Eucharis liebt, die als Oper für Neptun ausersehen ist. Gegenseitige Rettungsversuche beschwören weitere Konflikte herauf, ein Nebenbuhler muss bekämpft werden, bevor es gilt, der vor Eifersucht rasenden Kalypso zu entkommen …

Die Musik lebt von der Fähigkeit des Komponisten, ein stereotypes mythologisches Figurenkarussell lebensnah zu zeichnen, um mit der bewährten Mischung aus Liebesintrige und Wunderbarem das Publikum zu berühren und zu unterhalten. Dazu dienem ihm genretypsich vor allem die differenzierten Rezitative, die er harmonisch unter hohe Spannung zu setzten weiß. Wie auch schon bei seinen anderen Opern fällt zudem Destouches Gespür für Tempo und Dramatik auf. Die Divertissements sind geschickt in die Handlung eingebunden. Tanz und Gesang folgen in dichter Folge aufeinander, ohne den Fortgang der Geschichte mehr als nötig zu verlangsamen.
Unter anderem mit einer großen Chaconne-Szene im 3. Akt wird der Epoche des Sonnenkönigs und seines Superintendenten Reverenz erwiesen. Vor allem die Kaylpso hat es dem Komponisten angetan und wird, ausgestattet mit leidenschaftlicher Musik, zu einer jener übermächtigen barocken Frauenfiguren stilisiert, wie man sie damals gerne auf der Opernbühne sah. Das Liebespaar hingegen bekommt effektvolle emotionsgeladene Dialoge, die in einer Wiedererkennungs-Szene gipfeln, die das damalige Publikum zu Tränen gerüht habe, so der Komponist in einem Brief.

Mit dieser Produktion wird ein weiteres „Missing Link“ aus der langen Zeit zwischen Lully und Rameau erfolgreich zu Gehör gebracht. Obwohl die Zutaten im Grunde konventionell sind, wirkt ihre Aufbereitung durch den Komponisten doch frisch genug, um Interesse zu wecken, zumal die Interpretation durch „Les Ombres“ und eine Truppe versierter Sängerinnen und Sänger sehr lebendig geraten ist.
Isabelle Druet stattet Kalypso mit ebenso sinnlichen wie wild lodernden Farben aus. Die Eucharis von Emmanuelle de Negri agiert nicht weniger leidenschaftlich. Dazwischen behauptet sich der meist im Rezitativ geforderte Telemach von Antonin Rondepierre mit runder und nuancierter Tongebung.
In der kleineren, aber wichtigen Rolle des Rivalen Adraste kann der bewährte Bass von David Witczak markante Akzente setzen. Auch die Nebenrollen sind mit den meist mehrfach geforderten Sänger:innen auf hohem Niveau besetzt. Das kleine Orchester agiert schlagkräftig und farbig, während der versierte Chor des koproduzierenden Versailler Barockzentrums die Besetzungsliste angemessen abrundet.



Georg Henkel

Besetzung

Isabelle Druet, Antonin Rondepierre, Emmanuelle de Negri, David Witczak, Hasnaa Bennani
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