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Reviews

Dvorak, A. / Scarlatti, D. (Bestion)

Stabat Mater


Info

Musikrichtung: Barock / Romantik

VÖ: 08.03.2024

(Alpha / Outhere / Naxos / 2 CD / 2022 / Artikelnr. ALPHA 1054)

Gesamtspielzeit: 93:48

Internet:

Bestion & La Tempete

HYBRIS

In DJ-Manier meint Simon-Pierre Bestion die beiden Stabat Mater-Vertonungen von Domenico Scarlatti (1724) und Antonin Dvorak (1880) ineinander schieben zu müssen, um die Musik für die Hörer der heutigen Zeit erschließen, ins allgemein Menschliche umdeuten und Verbindungslinien sichtbar machen zu können. Dabei scheut er weder vor massiven Eingriffen, noch vor vordergründigen Effekten und musikhistorischen Binsen zurück. Etwa jener, dass der Gregorianische Choral auch im 18. und 19. Jahrhundert noch Keimzelle der geistlichen Musik ist - was als Begründung dafür herhalten muss, selbst diesen noch anzuflanschen und in einer an Vangelis gemahnenden Art zu arrangieren.

Im Wesentlichen aber dessen wechseln sich Sätze aus Dvoraks und Scarlattis Werk ab, manche doppeln sich. Damit einigermaßen zusammenpasst, was nicht zusammengehört, hat Bestion Dvoraks reiche Orchesterbegeleitung (auf deren Wirkung der Komponist in Abgrenzung von cäcilianistischen Tendenzen in der Kirchenmusikpraxis seiner Heimat besonderen Wert legte) auf ein kleines Streicherensemble zusammengedampft, dem das Klavier beigesellt ist. Für dieses hatte Dvorak die Begleitung seinerzeit in einer ersten Konzeptskizze ausgesetzt - nicht, weil es seiner Klangidee entsprochen hätte, sondern aus zeitlicher Not und im Drange persönlicher Umstände. Umgekehrt wird die instrumentale Ausstattung bei Scarlatti (ursprünglich 2 Violinen und Basso Continuo) entsprechend aufgepimpt. Man nehme noch die wenig überraschende Erkenntnis hinzu, dass beide Vertonungen mit starken Dissonanzeffekten und Affektausbrüchen arbeiten, überblende hier und da mehr oder weniger gefühlvoll, mische intonatorische Traditionen ostkirchlicher Gesänge in den Dvorak und südeuropäischen, nicht lupenrein homogenen Chorklangs in den Scarlatti, lasse einzelne Solisten grotesk unscharf übermarkieren (allen voran: Tenor Édouard Monjanel): Fertig ist der Smoothie.

Im Ohr bekömmlich ist daran allerdings kaum etwas, sieht man von einzelnen Scarlatti-Momenten ab, in denen sich erahnen lässt, was das Ensemble La Tempête eigentlich vermag. Doch fällt das Potential diesmal der Hybris des Leiters zum Opfer, die im Booklet-Text unverhohlen ihren Ausdruck findet: "Man könnte vielleicht sagen, dass ich Scarlatti durch diese neue Version des Stabat Mater ein drittes Leben schenke!", so lässt sich Bestion vernehmen. Frankenstein lässt grüßen - das Ende ist bekannt.



Sven Kerkhoff

Besetzung

La Tempête
Simon-Pierre Bestion: Ltg., Transkription und Konzept
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger