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Reviews

Frescobaldi, G. – Storace, B. – Rossi, M. u. a. (Corti, F.)

Frescobaldi and the South


Info

Musikrichtung: Barock / Cembalo

VÖ: 07.07.2023

(Arcana / Note 1 / CD / DDD / 2022 / A547)

Gesamtspielzeit: 81:27

KASKADEN, LOOPS & THRILLS

Nach seiner wahrhaft berauschenden Händel-Einspielung wendet sich Francesco Corti jetzt einem frühbarocken Großmeister der Tastenkunst zu: Girolamo Frescobaldi. Einige seiner Toccaten, Capriccios und Ricercare bilden das Rückgrat dieser Einspielung und demonstrieren, wie Frescobaldi ober- und süditalienische Einflüsse miteinander verschmolzen hat.
Auf letztere, die sich durch Experimentierlust und einen prickelnden Manierismus auszeichnen, wirft das Programm einen vertieften Blick. Dabei kann man so manches kleinere und größere Juwel von kaum noch bekannten Meistern wie Giovanni de Macque, Michelangelo Rossi oder Bernardo Storace entdecken.

Cortis Instrumente nach italienischen Vorbildern zeichnen eine mineralische Farbigkeit und kernige Klangfülle aus, was sicherlich auch eine Folge der sehr direkten Tonabnahme ist (man hört mitunter das Atmen des Interpreten). Dabei wurde der Resonanzraum jedoch weit genug belassen, dass die einzelnen Töne darin ausschwingen und schweben können.

Die kleinteilige und dichte frühbarocke Satzweise mit ihrer Lust auf reich ausgezierte Stimmführung und gewagte harmonische Fortschreitungen kommt so prachtvoll zur Geltung. Dabei wirkt die Musik in vielem archaischer und gleichzeitig avantgardistischer und nervöser als die ausgewogeneren Werke von Bach oder Händel. Diese Musik präsentiert den affekt-orientierten neuen Stil gleichsam noch im Embryonalzustand, mit raschen harmonischen, rhythmischen oder metrischen Wechseln auf kleinstem Raum. Es scheint so, als hätten die Komponisten oft nicht gewusst, wohin mit ihren Einfällen. Bei Frescobaldi bringt jeder Toccaten-Takt mindestens eine Überraschung.

Abgesehen von den eher freien, fantasieartigen Kompositionen nutzen die Komponisten die stabileren Tanzmodelle des späten 16. Jahrhunderts wie die hüpfende Gagliarda oder streng kontrapunktische Abstraktionen wie das Ricercar, ein Vorläufer der Fuge. Dann gibt es Stücke, die offenkundig an der Klangfarbe interessiert sind (wie die „Glockenklangakkorde“ und ihre Brechungen im "Capriccio sopra re fa mi sol" von Giovanni de Macque). Größere Architekturen werden vor allem in Form von Variationen über damals bekannte Lieder oder einen Ciaconna-Bass realisiert.

Cortis Virtuosität und sein Sinn für dramatisch-sinnliche Effekte beeindrucken ebenso wie sein Timing. Toll, wie er das Battaglia-Capriccio Frescobaldis zu einem Schlachtengemälde mit Böllerschuss ausgestaltet oder die üppigen Verzierungen wie improvisiert aus dem Handgelenk zu schütteln weiß, auf das die Musik elektrische Funken schlägt. Cortis manuelle Möglichkeiten stehen dabei stets im Dienst der Musik, freilich im Wissen um das schiere Vergnügen, die das reflexschnelle Spiel mit den wirbelnden Pirouetten, Kaskaden, Fontänen, Loops und flirrenden Trillern macht. Da lässt Corti die Finger über die Klaviatur hüpfen und bleibt der Musik doch nichts an organischem Zusammenhalt und Klarheit schuldig. So überzeugt seine Interpretation des gerade bei Frescobaldi oft komplizierten und nicht immer eindeutigen Notensatzes rundum.



Georg Henkel

Trackliste

Girolamo Frescobaldi: Toccaten Nr. 1, 7, 9, 10; Partite sopra Ruggiero; Capriccio sopra La Battaglia; Balletto - Ciaccona; Gagliarden Nr. 2 & 5; Capriccio Nono, di durezze; Recercar, con obligo di cantare la quinta parte senza tocarla; Cento Partite sopra Passacagli
Giovanni de Macque: Capriccio sopra re fa mi sol; Consonanze stravaganti; Gagliarda Nr. 1
Rocco Rodio: Terza Ricercata
Scipione Stella: Partita sopra la Romanesca
Francesco Lambardo: Toccata; Gagliarda
Michelangelo Rossi: Toccata Nr. 1; Corrente Nr. 3
Bernardo Storace: Ciaccona
Giovanni Salvatore: Canzon francese Seconda, del nono tuono naturale

Besetzung

Francesco Corti, Cembali nach italienischen Vorbildern
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
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