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Reviews

Johannes Haage / Drift

Wings


Info

Musikrichtung: Modern Jazz

VÖ: 30.09.2022

(Shoebill Music)

Gesamtspielzeit: 48:04

Internet:

https://www.johanneshaage.com/about
https://shoebillmusic.com/

2015 erschien die Platte "Drift" des Gitarristen Johannes Haage, eingespielt im Trio. 2019 folgte "Darwin’s Blues", auch in Triobesetzung. Und nun, noch immer sind es die gleichen Musiker wie vor sieben Jahren, nun allerdings mit jenem Albumtitel als Bandname integriert, das Album Wings.

Der Hamburger Gitarrist Johannes Haage, der österreichische Bassist Matthias Pichler und der US-amerikanische Schlagzeuger Joe Smith verbreiten also wieder internationales Flair, stilistisch anknüpfend an die Vorgängeralben. Zu "Darwin's Blues" erwähnte ich zum Beispiel ein Ergebnis zeitgenössischen Jazz', der modernisiert wurde mit Klangverfremdungen, Loops und ähnlichen Elektronikeinsätzen. Lediglich bei jenem Album empfand ich den stilistischen Rahmen in Verbindung mit experimentellen Einschüben etwas weiter gesteckt als jetzt.

Die zwölf Songs des Albums wurden abwechselnd von Haage und Smith komponiert, siehe Line-up. Etwas, was mir spontan auffällt, ist diese durchgehende Gelassenheit. Die Musik fließt, sie treibt in ruhiger See und läßt mich mittreiben. Selbst die "Fluttering Wings" (#8)flattern nicht wirklich, sondern lassen mich auch eher nahezu schwerelos durch die Luft gleiten. Und hier eröffnen sich mir dann vollends die Einsicht und Erkenntnis, dass jeder einzelne Songs Kopfkino auslösen kann. Und das wird jeweils, von Hörer*in abhängig, ein anderer kleiner Film sein. Bei "Fluttering Wings", um bei diesem Beispiel zu bleiben, purzeln bei mir diverse Assoziationen, einmal ist es, und das ist nahe liegend, der Song "Albatross" von Fleetwood Mac, der mir plötzlich vor Ohren erscheint, und mitten im Song meine ich das Thema zum Western "12 Uhr mittags" zu vernehmen.

Nun, es gibt eine "Hilfestellung" für mich. Dem Pressematerial ist eine Seite beigefügt, in dem sich die beiden Komponisten zu ihren Songs positionieren und ihre Absicht dahinter deklarieren. Ich werde diese jedoch erst nach Beendigung dieser Rezension lesen, um mich nicht beinflussen zu lassen. Angaben aus "bandcamp" kann ich jedoch entnehmen, dass "Delaney" dem australischen Gitarristen Jon Delaney gewidmet ist (1976-2021) und "Mantz" dem Künstler Gerhard Mantz (1951 - 2021), Zwei, die zu früh gegangen sind.

Allen Stücken ist erneut gemein, dass sie regelrecht Freiheit atmen, dass die drei Musiker große Räume schaffen, die reichlich Platz bieten, um entspannt und gespannt zuzuhören, und um kleine musikalische Abenteuer zu erleben, immer dann, wenn dennoch im Erwarteten und scheinbar gleichförmig Wirkenden neue Türen geöffnet werden und spontane Andersgestaltungen der Musik erscheinen, ein gutes Beispiel hierfür ist "Zero Gravity", ja, in der Tat, Schwerelosigkeit könnte man wirklich vernehmen, Haage spielt die Gitarre hier offensichtlich mit einem Geigenbogen. In diesem Zusammenhang, zum Stil, stelle ich mitunter im Spiel des Protagonisten einige Ähnlichkeiten zu Larry Coryell fest, bevor dieser sich seinerzeit mehr der Fusion zuwandte.

Nun, entgegen der vorherigen Schwerelosigkeit, scheint "Whole" förmlich zäh und fest am Boden zu kleben. Langsame Bewegungen der Musiker lassen den Song dahinschleichen und die Entschleunigung scheint einen Höhepunkt erreicht zu haben. Aber dieses ist eigentlich symptomatisch für den Sound der gesamten Veröffentlichung, fast behutsam tastet man sich vorwärts, lässt den Moment strahlen, oder - viele Momente, aneinander gereiht zu einer schillernden Perlenkette. Mit dem zweiten Titel namens "Slope" nimmt die Musik eine Art schreitende Stimmung ein, wie auf einem lockeren Spaziergang erscheint die Konversation der Drei. Und diese Konversation ist Bestandteil jedes Stücks, man hat das Gefühl, die drei Musiker sind mittlerweile so fest ineinander verwoben, dass sie auf jedes Zeichen des Einzelnen reagieren und einsteigen oder antworten. Und dieses Gefühl wird auch sofort mit dem ersten Song, "Angel In The Air", vermittelt und läßt im Zuge der gesamten Spielzeit nicht mehr nach.



Wolfgang Giese

Trackliste

1 Angel In The Air (4:02)
2 Delaney (5:11)
3 Feraxus VIII. (3:52)
4 Mantz (4:54)
- Chat (vinyl only)
5 Double Rainbow (5:56)
6 Slope (2:01)
7 Two Way (2:53)
8 Fluttering Wings (5:19)
9 Local (5:30)
10 Zero Gravity (3:24)
11 Whole (3:33)
12 Slope (1:27)

Besetzung

Johannes Haage (guitar, compositions - #2-4,6,7,9,10,12)
Matthias Pichler (bass)
Joe Smith (drums, compositions - #1,5,8,11)
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