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Reviews

Lusitano, V. (McCleery, R.)

Motetten


Info

Musikrichtung: Renaissance Vokal

VÖ: 07.10.2022

(Linn / Note 1 / CD / DDD / 2022 / Best. Nr. CKD 964)

Gesamtspielzeit: 68:20

LICHTE KALEIDOSKOPE

Die Musikgeschichte ist nicht immer gerecht: Der um 1561 verstorbene Komponist Vincente Lusitano verschwand offenbar nur deswegen weitgehend aus der Historie, weil er weder einen einflussreichen Mäzen noch Verleger hatte. Dass er zum Protestantismus übertrat und, als ehemals katholischer Priester, heiratete, und seine Heimat verlassen musste, hat ihn aus den "geordenten Bahnen" seiner Zunft gleichsam herauskatapultiert.

Entsprechend ist nur relativ wenig von seiner Musik überliefert. Seine Wiederentdeckung in den 1980er Jahren galt zunächst mehr dem Theoretiker, dessen Traktate von der Musikwissenschaft analysiert wurden. Und ein wenig hatte es auch auch damit zu tun, dass offenbar ein Elternteil Vincentes, wohl die Mutter, afrikanischer Abstammung war und der „Portugise“ – das nämlich bedeutet der Nachname „Lusitano“ – eine dunkle Hautfarbe hatte. Als erster schwarzer Renaissancekomponist fand Vincente Lusitano einen Eckplatz am Tisch unter den weitaus berühmteren Kollegen.

Dabei zeigt diese Einspielung von „The Marian Consort“, dass Lusitano alles andere als ein provinzieller Kleinmeister war. Die ausgewählten Motetten sind reife und reiche Werke, überwiegend fünf-, manche sechs- oder sogar achtstimmig und ebenso ambitioniert wie ansprechend. Sie können sich mühelos im Reigen der großen Meister behaupten, denen Lusitano durch Parodien freilich auch seine Reverenz erweist: das fünfstimmige „Inviolata, integra et casta es“ von Josquin Desprez wird von ihm zu einer achtstimmige Version erweitert und wie eine kostbare Reliquie in ein kunstvolles kontrapunktisches Gehäuse eingebettet.
Am bemerkenswertesten ist freilich ein vierstimmiges „Demonstrationsstück“, das zentrale „Heu me, Domine“, dessen verschlungene Chromatik ebenso ergreifend wie manieristisch ist.

Diese Preziose wird ebenso wie die vielstimmigeren Werke von „The Marian Consort“ unter der Leitung von Altus Rory McCleery mit jener selbstvergessen schönen Tongebung, Perfektion und Eleganz dargeboten, für die die britischen Ensembles zur Recht berühmt sind. Die mehrfache Besetzung der Stimmen verleiht der Musik eine gewisse Fülle. Darüber freilich wird die nötige lichte Transparenz, durch die diese Musik immer auch an das kaleidoskopische Farbspiel gotischer Kirchenfenster erinnert, nicht vernachlässigt.



Georg Henkel

Trackliste

Praeter rerum seriem; Regina caeli; Aspice Domine; Ave spes nostra, Dei genitrix; Salve regina; Heu me, Domine; Emendemus in melius; Sancta Maria; Sancta mater, istud agas; Inviolata, integra et casta es

Besetzung

Rory McCleery, Altus & Leitung
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger