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Reviews

Canterra

Heartmachine


Info

Musikrichtung: Symphonic / Gothic Metal

VÖ: 07.08.2020

(Eigenproduktion / Broken Silence)

Gesamtspielzeit: 31:22

Internet:

http://www.canterra.de

Viereinhalb Jahre nach dem Debüt First Escape kommen Canterra mit dem Zweitling Heartmachine um die Ecke, der auf den ersten Blick von einer Reduzierungsstrategie geprägt zu sein scheint: Statt elf Songs (plus einen Bonustrack) gibt es diesmal nur sieben (auch plus einen Bonustrack) – wer jetzt aber vermutet, die Leipziger hätten erkannt, dass die längsten Songs des Debüts auch die stärksten waren, und sich konsequent in diese Richtung bewegt, der irrt: „Another Tear“ ist mit fünfeinhalb Minuten der längste des Oktetts, während die Hälfte nicht mal die Vierminutenmarke schafft. Also eine verstärkte Komprimierung, die den Hörer im Vorfeld doch ein wenig nervös macht, wenngleich die kurzen Songs auf dem Debüt ja durchaus nicht schlecht waren, nur „The Hunt“ beispielsweise nach hinten heraus abgehackt und noch nicht zu Ende gedacht wirkte.
Also, was bieten die Neulinge nun? An der grundsätzlichen Marschrichtung hat sich nichts geändert: Canterra balancieren noch immer auf dem Grat zwischen Gothic und Symphonic Metal, und da sie weiterhin keinen festen Keyboarder in der Besetzung haben, verwundert es nicht, dass die Tastensounds nach wie vor nur unterstützende, aber keine tragende Wirkung ausüben, wobei „When The Rain Begins To Fall“ wieder so einen Retroklang auffährt wie „Come With Me“ vom Debüt. In der Hälfte der acht Songs hat der Produzent die Keyboards beigesteuert – und das ist diesmal nicht Stammkraft Andy Schmidt, sondern JP Genkel. Streit gab’s offenbar nicht, denn als Publisher agiert immer noch Kick The Flame, also Schmidts direktes Umfeld. Gemäß der Lobeshymnen, die in den Dankeslisten im Booklet ausgeschüttet werden, scheint die neue Zusammenarbeit richtig gut funktioniert zu haben – und man hört daraufhin gleich nochmal genauer hin, ob sich an den grundsätzlichen Mixverhältnissen etwas geändert hat. Nein, ist die Antwort: Korinnas Gesang ist immer noch auffällig zurückhaltend abgemischt und verhindert so auch auf dieser CD, dass die Vokalistin eine richtige akustische Führungsrolle übernehmen kann. Zudem hat sich auch der Aspekt, dass die meisten Refrains allgemein eher wenig markant ausfallen, nicht geändert, und so enthält auch Heartmachine zwar gutes, aber zumindest in der Konservenfassung überwiegend nicht richtig packendes Material, zumal sich Canterra diesmal wie erwähnt auch des Epikfaktors selbst beraubt haben.
Das mag jetzt negativer klingen, als es eigentlich gemeint ist – Trümpfe auszuspielen haben die Leipziger natürlich auch. Sie umschiffen zunächst die Spannungsklippe im Opener „A Lifetime“ gekonnter als auf dem Debüt: Es gibt kein Intro im eigentlichen Sinne, sondern lediglich einige zurückhaltende, aber schon in gewisser Weise vorwärtsdrängende Akkorde, die bald durch das folkangehauchte Gitarren-Hauptthema des eigentlichen Songs abgelöst werden, das zu den eingängigsten Momenten der reichlichen halben Stunde Musik zählt, wobei allerdings auch der Refrain hier einer der einprägsameren ist. Das trifft auf den des folgenden Titeltracks auch zu, nur leider sträuben sich auch nach etlichen Durchläufen die Synapsen noch, die auf eine in himmlische Höhen abgeglittene Bridge folgende erste Hälfte des Refrains mit ihrem Mix aus appellierendem Folk und punkigem Gestus als irgendwie in diesen Song passend anzusehen, was auch auf die Gangshouts des Song- und Albumtitels zutrifft (sie könnten freilich live eine mitreißende Wirkung entfalten, was der Rezensent noch nicht nachprüfen konnte), während der eher knapp gehaltene, geradlinig vor sich hin riffende Instrumentalteil unter der zurückhaltend eingemischten Geräuschkulisse wiederum richtig Laune macht. Dass die Kompaktinszenierung nicht jedem Song guttut, beweist „No Bitter End“, dessen plötzliche Drumverschleppung in den hinteren Strophenparts den ganzen Fluß herausnimmt, was erst im furiosen Hauptsolo entscheidend korrigiert werden kann, aber trotzdem ein Musterbeispiel darstellt, wie man eine Idee lieber aufgehoben oder in zusätzlichen Songteilen umgesetzt hätte, um ihr zugleich mehr Entfaltungsmöglichkeiten zu verleihen. Dieser Song und das folgende „The Day“, das bei Nightwish eine gute Single-B-Seite abgegeben hätte und auch einen der besseren Refrains der Scheibe besitzt, wurden gasthalber übrigens von Mark Cross eingetrommelt, während in den anderen sechs Songs eine Maschine zu hören ist – Debüttrommler Max hat die meisten Drumparts noch ausgearbeitet, die Band aber dann verlassen, und Neuzugang Lars wird zwar im Booklet schon vorgestellt, war aber offenbar zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch nicht an Bord. Die maschinelle Herkunft der Drums stört in den meisten Momenten nicht, da ihnen ein relativ natürlicher Sound verliehen wurde – einzig in den einleitenden entspannten Passagen der Ballade „Another Tear“ wirken die den „klassischen“ Drumsounds punktuell noch hinzugefügten zusätzlichen Geräuscheffekte einen Tick zu klinisch, was das Feeling dieser schönen Nummer aber dankenswerterweise nicht gar zu sehr beeinträchtigt, während man sich an die häufig eingesetzten von den gängigen Betonungsschemata abweichenden Beats schnell gewöhnt und sie nicht als nervösen Faktor ansieht. „Revolution“ ist die letzte der neuen Eigenkompositionen und hätte unter Beibehaltung des Tempos im Intro die Revolution innerhalb kürzester Zeit zum Sieg geführt, trotz der bemüht wirkenden Bluesharmonik samt abschließendem Tonsprung auf die nächste Oktave nach oben anstatt auf die näher liegende nach unten im Refrain. Canterra haben gute Ideen, aber manchmal wollen sie noch zuviel oder scheitern an der treffsicheren Anwendung der Stilmittel, wofür diese nur dreieinhalb Minuten ein prima Beispiel abgeben: Sowohl das Speedintro als auch das fette Riffgeschiebe des Mittelteils kehren nirgendwo wieder und können ihr Potential so nicht entfalten – das hatte die Band in den längeren Songs des Debüts schon besser gelöst. Mit dem bereits erwähnten „When The Rain Begins To Fall“ covert die Band anschließend einen Peggy-March-Klassiker im Stil von Lacrimosa, mit denen Canterra schon auf Tour waren – die Retro-Keyboards in diesem Song sind garantiert kein Zufall. Dass dieser Song den mit Abstand besten Refrain des Albums besitzt, sollte der Band allerdings wirklich zu denken geben, selbst wenn auch er durch Korinnas merkwürdig zurückhaltende Mixposition nicht ganz seine komplette Schönheit entfalten kann, wobei die instrumentale Umsetzung durchaus richtig Hörspaß macht. Das gilt auch für den Bonustrack „Fear Me – Fast“, eine Neueinspielung von „Fear Me“ von der Echoes Of Fear-EP des Bandvorgängers Avatar, wo Gitarrist Hendrik „Harry“ Zantop auch mal wieder herb ins Mikro grunzt und 2:40 min Gothic Metal traditioneller Bauart entstehen, die man richtig liebgewinnen kann, wobei der Rezensent keine Vergleiche zum Original zu ziehen in der Lage ist und nur aufgrund des Titelzusatzes und der Spielzeit (das Original dauerte 3:29 min) mutmaßen kann, dass das hübsche Ufta-Ufta-Gepolter der Neufassung im Original etwas schleppender daherkam.
Der Gesamteindruck von Heartmachine bleibt in musikalischer Hinsicht allerdings zwiespältig – die Band spielt ihre Stärken immer noch nicht konsequent aus, teils sogar in geringerem Maße als auf dem Debütalbum. Trotzdem ist viel Potential da, und in einem Aspekt gibt es sogar einen markanten Fortschritt zu verzeichnen: Das optische Konzept von First Escape war nicht schlecht, aber das von Heartmachine wirkt edler.



Roland Ludwig

Trackliste

1A Lifetime3:50
2Heartmachine4:11
3No Bitter End3:35
4The Day4:22
5Another Tear5:24
6Revolution3:33
7When The Rain Begins To Fall4:04
8Fear Me - Fast2:40

Besetzung

Korinna König (Voc)
Hendrik „Harry“ Zantop (Git)
Hannes Otto (Git)
Tom Steudel (B)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger