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Reviews

Rameau, J.-Ph. – De Blamont, F. C. – Mondonville, J.-J. C. de u. a. (Van Mechelen, R.)

Jéliote – Haute-Contre de Rameau


Info

Musikrichtung: Barock Vokal / Oper

VÖ: 03.09.2021

(Alpha / Note 1 / CD DDD / 2020 / Best. Nr. Alpha 753)

Gesamtspielzeit: 78:51

TRIUMPH DES "FRANZÖSISCHEN BELCANTO"

Pierre Jéliote war im 18. Jahrhundert der französische Orpheus: Der Ruhm des 1713 geborenen Sängers war so groß, dass ein krankheitsbedingter Rückzug von der Opernbühne im Jahr 1755 zu einer großen Spendenaktion seiner zahlreichen Fans führte. Immerhin trat Jéliote Anfang ab der 1760er Jahre zumindest für eine kurze Zeit wieder bei Hofe auf. Sein Markenzeichen war eine hohe, silbrig-helle Tenorstimme von besonderer Strahlkraft und großem Tonumfang. Mit seiner einfühlsam noblen Gestaltung verkörperte das französische Stimmideal des Haute-Contre sowohl in pastoralen wie auch heroischen Rollen. Anders als heutige Tenöre, die in der Tradition Carusos auch das hohe „C“ mit der Bruststimme und einer gewissen metallischen Penetranz herausschmettern, sang der barocke französische Tenor mit der leichter ansprechenden Kopf- bzw. Voix-mixte-Stimme hochliegende Partien, was ein sehr viel sensiblere Tonbildung ermöglicht und weniger klischeehaft "viril" klingt.

In seiner zweiten Folge mit Haute-Contre-Arien tritt der Sänger Reinoud van Mechelen in die Fußstapfen Jéliotes. Das Timbre des Belgiers mit seiner Mischung von Klarinetten- und Clarinofarben harmoniert prächtig mit den ausgewählten Stücken, die die Karriere Jéliotes von den frühen Nebenrollen bis hin zum führenden Sänger chronologisch nachzeichnen. Es ist ein üppiges Bouquet, das neben bekannten Stücken von Jean-Philippe Rameau aus „Hippolyte et Aricie“, „Dardanus“ und den „Boreaden“ viel Unbekanntes und Entlegenes aus der barocken Operntradition Frankreichs enthält. Aus François Rebels und François Francœurs lyrischer Tragödie „Scandérberg“ über den albanischen Nationalhelden Gjergj Kastrioti beispielsweise stammt die erstaunliche Arie der Magie, eine Art Musterbuch der Gesangskunst, mit der Jéliote respektive Van Mechelen seine Fähigkeiten im Lyrischen wie Dramatischen und Virtuosen gleichermaßen unter Beweis stellt.
Berückend sanglich gestaltet Van Mechelen die Deklamation, herrlich klar und leuchtend ist seine Höhe, von verführerischer Grazie die Zeichnung der melodischen Linien! Obwohl seine Stimmfarbe in allen Lagen recht einheitlich ist, gelingt es ihm doch, die illustrativen und atmosphärischen Effekte angemessen herauszustellen, vor allem das hier geforderte Unterweltliche und Unheimliche – freilich ganz im Sinne der französischen bienséance, die Übertreibungen verabscheut.
So gerät auch die komische Nymphe Platée in Rameau gleichnamiger Oper nicht zur Karikatur, sondern wahrt in ihrer Hässlichkeit eine anrührende Naivität.
An Innigkeit und Delikatesse schwer zu überbieten ist Van Mechelen in den zahlreichen empfindsamen Stücken, wo er mit erlesener Pianokultur Sehnsuchtsmomente unerfüllter Liebe beschwört. Die Arien aus Charles-Louis Minons „Nitétis“, Pierre-Montan Bertons „Érosine“ oder auch das nur von einer Gitarre begleitete volksliedhafte „Poulido Pastourélo“ aus Jean-Joseph Cassanéa de Mondonvilles Pastorale „Daphnis et Alcimandure“ sind Paradebeispiele für diese subtile Gestaltungskunst, bei der beim Zuhören die Zeit stillzustehen scheint: die Verwirklichung eines spezifisch französischen Belcantos.

Dass Van Mechelen eigenes, mittlerweile auf Kammerorchestergröße angewachsenes Ensemble „A Nocte Temporis“ den Ansatz des Sängers mit aufs das Beste unterstützt, versteht sich. Von einer angenehm räumlichen Aufnahmeakustik unterstützt, entfalten sich die Pastellfarben des Rokoko ebenso feinsinnig wie luxuriös.



Georg Henkel

Trackliste

Rameau: Arien aus Hippolyte et Aricie, Dardanus, Platée, Le Temple de la Gloire, Castor et Pollux, Les Boreades
Blamont: Arie aus "Les Fêtés Grecques et Romaines"
Rebel / Francoeur: Arie aus "Scandérberg"
Mion: Arie aus "Nitétis"
Jeliote: Arie aus "Zélisca"
Dauvergne: Arie aus "Les Amours de Tempé"
Berton: Arie aus „Érosine“
Borde: Arie aus "Ismène et Isménias“
Mondonville: Arien aus „Daphnis et Alcimandure“

sowie Instrumentalstücke aus diesen und andern Opern

Besetzung

Reinoud van Mechelen, Tenor & Leitung

A Nocte Temporis
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