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Reviews

Auri

Auri


Info

Musikrichtung: Progressive Folk

VÖ: 23.03.2018

(Nuclear Blast)

Gesamtspielzeit: 56:25

Internet:

http://www.facebook.com/AURIband

Das selbstbetitelte Debütalbum von Auri hatte man mit einer gewissen nervösen Spannung erwartet, besteht das Trio doch aus Nightwish-Chefdenker Tuomas Holopainen, seiner Angetrauten Johanna Kurkela und seinem Nightwish-Bandkumpan Troy Donockley, und alle drei waren bereits 2014 am weitgehend mißglückten Holopainen-Soloalbum Music Inspired By The Life And Times Of Scrooge maßgeblich beteiligt gewesen. Auri hat nun erstmal den strukturellen Vorteil, nicht explizit an eine Film- oder sonstige Storyhandlung gebunden zu sein, auch wenn der Bandname einem Buch von Patrick Rothfuß entlehnt wurde und Holopainen angibt, dass auch einige der Songs von Geschehnissen aus dessen Büchern inspiriert wurden und genaue Kenner derselben vermutlich die eine oder andere Spur entdecken werden. Der Rezensent, in dessen Bücherregalen kein Rothfuß-Werk steht, kann also völlig unbeeinflußt an die elf bzw. zwölf Songs des düster gestalteten Digipacks herangehen und erlebt mit dem Opener „The Space Between“ erstmal eine angenehme Überraschung: Das Schlagzeugintro beweist, dass die auf dem genannten Soloalbum verschüttet gegangene Dramatik wieder aufgetaucht ist, bevor sich der Song nach knapp 20 Sekunden abermals wandelt. Gastschlagzeuger Frank van Elden legt einen flotten, locker groovenden Beat vor und hält den mit Ausnahme eines großen Breaks auch den ganzen Song über durch, wobei sich das Ganze so anhört, als würden Pallas mit der Erfahrung der Alben um die Jahrtausendwende (vor allem Beat The Drum) nun Achtziger-Pop (in diesem Fall mit einem kapitalen Ohrwurmrefrain) spielen, wobei für den Touch aus besagtem Jahrzehnt vor allem die Keyboards markant sind. Darüber liegt allerdings Kurkelas Stimme, in diesem Song und auf dem ganzen Album überwiegend im Areal der Heavenly Voices mit gelegentlicher Melodic-Rock-Stimmkante lagernd und dem Song damit nochmal ein eigenes Gepräge gebend – und man ist heilfroh, dass Holopainen der Versuchung widerstanden hat, seine Angetraute auch zur Nightwish-Sängerin zu machen: Floor Jansen ist für diesen Job die deutlich bessere Lösung, und Kurkela singt zwar keineswegs schlecht, aber eben in Arealen, die diejenigen, die schon Anette Olzon als ungeeignet für die Aufgaben am Nightwish-Mikrofon ansahen, völlig desillusioniert hätten. Und es ist auch auf Auri typisch, dass die dramatischeren Impulse überwiegend von den Instrumenten ausgehen, kaum mal vom Gesang. Hier ist aber eben die musikalische Ausgangslage eine völlig andere: Auch wenn Holopainen den Terminus „Celestial Metal“ für Auri in Beschlag nimmt, so bleibt die knappe Stunde Musik doch metalfreie Zone, und selbst Rockelemente muß man mit der Lupe suchen, ehe man im knackigen Schlußteil von „Skeleton Tree“ oder dem in dem Albumcloser „Them Thar Chanterelles“ eingewobenen „Liquor In The Well“ dann doch noch welche findet. Aber es dominiert der Folk mit gewissem keltischem Einschlag, und der liegt bisweilen so weit in der Nähe des musikalischen Stillstandes, dass so mancher Hörer in bestimmten Situationen Schwierigkeiten haben wird, die Augen offenzuhalten – „Desert Flower“ und vor allem „Underthing Solstice“ üben eine derart entschleunigende Wirkung aus, dass dringend davon abzuraten ist, Auri im Autoradio zu hören. Auch „Night 13“ verharrt minutenlang in diesem Areal, setzt aber dann einen mit traditionellen Perkussionsinstrumenten unterlegten Part an, in dem Kurkela zugleich demonstriert, dass sie in der Stimmfärbung gar nicht so weit von Olzon entfernt liegt. Das eher gemächlich groovende und mit sitarartigen Klängen ausstaffierte „See“ wiederum hätte mit Marko Hietalas Gesang auf dessen Soloalbum Pyre Of The Black Heart gepaßt, vom folkloristischen Solopart mal abgesehen, der dort stilistisch ein wenig aus dem Rahmen gefallen wäre. Aber die Nightwish-Querverbindungen lassen sich auch so erkennen, denn Holopainen kann nun mal nicht aus seiner Haut: Das Intro von „I Hope Your World Is Kind“ hätte er genausogut für Nightwish verwenden können, und Donockleys keltische Einflüsse sind ja mittlerweile auch fester Bestandteil des Bandsounds geworden, ob man das nun gut findet oder nicht. Wer dessen Ex-Band Iona kennt, kann in diesem Areal auch weiter auf Spurensuche gehen, zumal diesem Personenkreis der Name des Gastdrummers Frank van Elden geläufig ist, stand der Mann doch in den Reihen der gleichen Band. Der keinen Iona-Tonträger besitzende Rezensent hingegen muß sich mit der reinen Feststellung der personellen Konstellation begnügen und konstatiert statt dessen, dass das gesanglich nur mit Vokalisen arbeitende „The Name Of The Wind“ auch als Zwischenspiel auf eines der jüngeren Nightwish-Alben gepaßt hätte und das Klavierspiel dort ein klein wenig an das in „Slow Love Slow“ erinnert, dessen total verträumt-verliebten Touch indes nicht hundertprozentig reproduziert. Und auch wenn man als Nightwish-Anhänger logischerweise noch einiges mehr an Dramatik hätte vertragen können, muß man doch, wenn man sich mal aus dem Anhängerblick befreit, lobend anerkennen, dass Holopainen der Sinn für die dramatische Verhältnismäßigkeit im Gegensatz zu seinem Soloalbum diesmal nicht abhandengekommen ist: Gerade als man sich in der hinteren Hälfte des Albums zu fragen beginnt, wann denn mal wieder richtig was passiert, lenken er und Donockley „Aphrodite Rising“ in eine bombastischere Richtung mit abermaligen flotteren Drumeinlagen van Eldens, und nur das „The Name Of The Wind“ replizierende, alle eventuellen Steigerungen ins Nichts lenkende und lediglich noch mit einer Gedichtrezitation ergänzte „Savant“ und das erwähnte, mit sieben Minuten längste Stück „Underthing Solstice“, in dem einen nur der plötzliche feiste Orgelprinzipal und später noch ein Gewitterdonner erschreckt, verlangen dem Hörer nochmal einiges an Stehvermögen ab, bevor er dann in „Liquor In The Well“ zum ersten und einzigen Mal auf dem Album das folkige Tanzbein schwingen kann. Wer Folk also in erster Linie aus dem Grunde hört, bewegungsinduzierende Musik serviert zu bekommen, der geht bei Auri weitestgehend leer aus – statt dessen könnte man die Musik als eine konsequente Weiterdenkung von „The Islander“ zu interpretieren versuchen, vergäße man dabei nicht, dass dieses Nightwish-Stück nun gerade nicht von Holopainen, sondern von Hietala geschrieben wurde. Dem Vernehmen nach war Donockleys anno 2011 geschriebenes Stück „Aphrodite Rising“ die Keimzelle des Projektes – also ein völlig anderer Weg bis zu dem, was dann 2017 kurioserweise erst in den Bookletfotografien in Cornwall festgehalten und erst danach auskomponiert und aufgenommen wurde. Seltsame Musik ist’s in jedem Fall geworden, aber auch irgendwie reizvoll, trotz einer gewissen Sprödigkeit – und was die Hauptbands angeht, sollten vermutlich Iona-Anhänger besser damit klarkommen als die Nightwish-Fangemeinde (mit Kurkelas Soloschaffen hat sich der Rezensent noch nicht intensiv genug auseinandergesetzt, um sich diesbezüglich ein Urteil erlauben zu können). Auch wer aus dem Frühwerk von The Third And The Mortal den Folk immer reizvoller fand als den Metal, der könnte hier ein reizvolles Hörareal entdecken, wenngleich der Folk Auris aus einer anderen Tradition stammt. Bleibt abschließend ein interessanter Aspekt: Holopainen hatte in den Interviews zu Oceanborn angegeben, er sehe seine Gesangsleistung auf Angels Fall First rückblickend sehr kritisch und werde sich daher nie wieder in die Nähe eines Gesangsmikrofons begeben – auf Auri ist er aber nun als Backingvokalist genannt. Wo nun hört man ihn genau und wo Donockley? Viel Spaß beim Suchen!



Roland Ludwig

Trackliste

1The Space Between5:00
2I Hope Your World Is Kind5:02
3Skeleton Tree4:19
4Desert Flower6:03
5Night 134:24
6See5:12
7The Name Of The Wind3:50
8Aphrodite Rising5:33
9Savant4:27
10Underthing Solstice7:06
11Them Thar Chanterelles (feat. Liquor In The Well)5:21

Besetzung

Johanna Kurkela (Voc, Viola)
Tuomas Holopainen (Keys, Voc)
Troy Donockley (Git, Bouzouki, Uilleann Pipes, Low Whistles, Aerophon, Bodhran, Keys, Voc)
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