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Reviews

Mihály Borbély Quartet

Grenadilla


Info

Musikrichtung: Modern Jazz

VÖ: 29.11.2019

(BMC)

Gesamtspielzeit: 66:28

Internet:

http://mihalyborbely.hu/english/
https://bmc.hu/en

Mihály Borbély, Jahrgang 1956, stammt aus Ungarn. Grundsätzlich ein Jazzmusiker, hat er sich auch den Einflüssen von Folk und Worldmusic nicht verschlossen. So spielt er neben Sopran-Saxofon und Klarinetten auch solche Instrumente wie Tárogató, Kaval, Dvojnice, Fujara, Okarina, Bombard und Zurna. Einige und andere Exoten sind auch auf dieser Platte seines Quartetts, Grenadilla, zu hören.

Auf diese Weise ist es Borbély gelungen, neben Jazz solche Einflüsse aus ungarischen, serbischen, slowakischen und jüdischen Folkquellen mit einzubeziehen und somit einen unglaublich unterhaltsamen und spannenden Sound zu schaffen. Dazu klingt noch die eine oder andere Nuance aus der klassischen Musik heraus. Die Band versteht es mühelos, Songs zu gestalten, die sich aus der Masse gängiger Jazzproduktionen wohltuend abheben durch ihren individuellen Charakter, und dabei mit einer großartigen und tiefgehenden Spiritualität behaftet. Leidenschaft springt aus jeder Note, von allen Musikern gleichermaßen, eine solch vollmundige Komplexität versteht es ganz einfach, zu fesseln und sich voller Faszination auf diese enorm ausdrucksstarke Musik einzulassen.

Wenn Borbély seine Salven auf dem Tárogató abfeuert, dann scheint er über sich hinaus zu wachsen und überschreitet die Grenzen des oft eingegrenzten Spiels so mancher Saxofonisten. Dieses Instrument ist eigentlich ein hölzernes Saxofon, einer Klarinette ähnlich. Mich erinnert der Musiker oft stark an John Coltrane, der es auch verstand, mit seinen Soli mitunter Gänsehaut erregend mitzureißen. Doch nicht nur wilde und treibende Klänge wie zum Beispiel mit “Fly, Bird, Fly“ und diesem entfesselten Solo gibt es, sondern auch bedächtige und schwebende Songs à la “Narrow Path“, das viel Folklore beinhaltet. Ein sehr gefühlvoller Song voller Entrücktheit und Schönheit ist, tief in den Mitt-Sechzigern stilistisch verwurzelt, “Dense Starry Sky“, und somit sind viele Stimmungen ausgedrückt worden in der Gesamtschau der Titel.

Im Übrigen bezieht sich der Titel der Platte auf einen Baum aus Afrika, aus dessen Holz zum Beispiel Klarinetten als auch das eher in der ungarischen Volksmusik verwendete Tárogató hergestellt werden. So hat man es vollbracht, musikalisch durchaus einen musikalischen Brückenschlag vom Ursprung des Baumes hin zu den Orten der Verwendung der aus dem Holz gefertigten Instrumente zu vollziehen. Mir fällt es schwer, einen Song der Platte besonders herauszustellen, denn sie sind alle auf ihre Weise hervorragend und niveauvoll. So möge sich Jede/r ihre/seine Lieblingstitel wählen. Mir gefällt die Musik ausnahmslos sehr gut, wie aus einem Guss, eine Gesamtheit darstellend.

Eine brillante Allianz von grundlegendem Jazz in einer Ausprägung ab jener Zeit, als John Coltrane in den frühen Sechzigern diese Musik individuell erweiterte, auch Spuren von Pharoah Sanders vernehme ich, angereichert mit folkloristischen Motiven, und Musikern, die ihre jeweiligen Vorlieben offenbar auszuleben scheinen, so swingt der Schlagzeuger beispielsweise nicht nur, sondern bringt afrikanische Rhythmen und Rockelemente spielerisch ein. Faszinierend sind für mich auch diese spirituelle Gelassenheit und Tiefe und Ruhe, die ausgestrahlt wird, und das mit hohem Energielevel. Auf jeden Fall ist diese Platte einer der Höhepunkte des Jazz der letzten Zeit, und so bin ich schon sehr gespannt auf eine hoffentlich erscheinende nächste Veröffentlichung.



Wolfgang Giese

Trackliste

1 Our Favorite Things / Kedvenc dolgaink (8:06)
2 If Possible / Ha lehet (2:49)
3 Fly, Bird, Fly / Repulj madar (5:52)
4 Narrow Path / Keskeny osveny (3:01)
5 Caravan / Tevemenet (5:30)
6 Dream of a Land / Alom egy folderol (5:20)
7 Cart of Life / Elet-szekeren (4:43)
8 Giddy Fairies / Kerge villok (3:18)
9 Stony Broke / Huncut vas (3:42)
10 Dense Strarry Sky / Suru csillagos eg (6:53)
11 Again / Ujra (3:27)
12 Grenadilla (7:48)
13 Coda (5:55)

Besetzung

Mihály Borbély (tárogató - #1, 3, 5, 10, clarinet - #7, 12, bass clarinet - #2, 9, soprano sax - #6, 11, 13, dvojnice - #1, kaval - #4, tilinkó - #8)
Áron Tálas (piano)
Balázs Horváth (double bass)
Hunor G. Szabó (drums)
Dániel Szabó (piano - #11, 13)
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So bewerten wir:

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