····· Verlosung: Drei Mal zwei Tickets zur Record Release Party der Leipziger Metaller Factory of Art ····· Kurz nach seinem 80sten Geburtstag ist Maschine erneut auf #4 ····· Osterei - Luxus-Haydn auf Vinyl ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Riot

Through The Storm


Info

Musikrichtung: Classic Rock

VÖ: 15.9.2017 (26.8.02)

(Metal Blade)

Gesamtspielzeit: 75:48

Internet:

http://www.metalblade.de
http://www.areyoureadytoriot.com

Zwar hatten Riot in den letzten Jahren vor der Jahrtausendwende in die Erfolgsspur zurückgefunden, aber kühlschrankfüllend agierte die Band nach wie vor nur bedingt – eine Situation, mit der Musiker prinzipiell durchaus unterschiedlich umgehen. Bobby Jarzombek, nibelungentreuer Riot-Drummer seit Thundersteel mit nur einer kurzen Unterbrechung in den Mittneunzigern, verließ die Formation nach dem Sons Of Society-Album und wechselte in die Band Rob Halfords, wo man ihm offenbar ein Auskommen bieten konnte (es entstand dort mit Resurrection gerade des Oberpriesters Rückkehralbum in die heiligen Hallen des traditionellen Metals), zumal vielleicht gar nicht feststand, in welcher Form es mit Riot weitergehen würde. Der Grund dafür hieß Tony Harnell, hatte einstmals bei TNT gesungen und auf einer ganzen Reihe von Riot-Alben Backing Vocals beigesteuert – und mit ebenjenem Mann gründete Riot-Mastermind Mark Reale eine neue Band namens Westworld, mit der er zwischen 1998 und 2002 gleich drei Alben herausbrachte, die im Direktvergleich etwas melodischer und rockorientierter agierten als Riot. Die logische Konsequenz wäre nun gewesen, beide Bands stilistisch konsequent voneinander zu trennen und mit Riot auf sehr hartem Kurs zu bleiben bzw. wieder auf einen solchen einzuschwenken, freilich mit einem Unsicherheitsfaktor, wie das mit Mike DiMeos Stimme funktionieren sollte, dessen Stärken klar im (Hard-)Rock-Bereich lagen, obwohl er flexibel genug war, auch metallischere Anforderungen zu meistern.
Ebenjenen logisch anmutenden Schritt ging Reale nicht: Through The Storm ist metalfreie Zone und statt dessen deutlich im Classic Rock bzw. Hardrock angesiedelt. Dazu paßt der Fakt, dass als neuer Drummer Bobby Rondinelli anheuerte, ein Veteran, der dem Szenekenner spätestens seit seiner Arbeit mit Rainbow in den Frühachtzigern geläufig ist. Zweitgitarrist Mike Flyntz schreibt in den Liner Notes der 2017er Wiederveröffentlichung von Through The Storm in der Posterbooklet-Serie von Metal Blade Records, Reale habe seine Songs immer genau auf die jeweiligen Mitmusiker zugeschnitten. Ergo hätte einer Verpflichtung eines harten Metaldrummers samt der Veröffentlichung eines knackigen Metalalbums per se nichts im Wege gestanden – die Theorie läßt sich aber auch auf die real eingetretene Situation anwenden: Rondinelli kommt aus dem Classic Rock, also schrieb Reale ein Classic-Rock-Album für ihn, das freilich einen etwas irreführenden Titel trägt, denn stürmisch ist hier jedenfalls ganz und gar nichts, ein einziger zumindest an der Speedgrenze kratzender Track irrlichtert umher („Burn The Sun“ an Position 6), und schon der zwar relativ zügige, aber mit seinen Positionsvorgängern der letzten Alben in puncto Geschwindigkeit nicht konkurrieren könnende Opener „Turn The Tables“ macht klar, dass sich die Vorzeichen hier in der Tat geändert hatten. Das muß nichts per se Schlechtes sein, zumal die Ausrichtung DiMeos Stimme durchaus entgegenkommt und der Sänger hier auch man möchte sagen folgerichtig eine starke Leistung vollbringt, wenngleich man die verzerrten Vocals in „Essential Enemies“ vielleicht nicht unbedingt gebraucht hätte. Aber ansonsten gibt es durchaus einige gute Ideen zu entdecken: Der orientalische Doompart in der Mitte von „Essential Enemies“ reißt so manches wieder heraus, „Chains (Revolving)“ stellt eine Art Mini-Hit dar, und die Halbballade „Let It Show“ steht ihrem Vorgänger „Cover Me“ von Sons Of Society trotz etwas anderer stilistischer Ausrichtung kaum nach – so nahe an den frühen MSG wie im Intro dieses Songs lagerte Reale lange nicht. Mit dem Intro des Titeltracks wiederum lieferte er eine Vorlage, die Symphonity sechs Jahre später auf ihrem Album Voice From The Silence im Song „Searching You“ aufgriffen, freilich wohl eher unbewußt denn als gezielte Hommage. Reale wiederum zollt anderen Künstlern Tribut: Michael Schenkers Schaffen wurde ja eben bereits genannt, und hier findet sich auch gleich noch eine Coverversion von UFOs „Only You Can Rock Me“, die sich in die Grundausrichtung des Albums perfekt einpaßt und wo Reale den Schenkerschen Gitarrenton so genau trifft, dass man sich verwundert die Augen reibt. Wie es zur zweiten Coverversion des Albums kam, erklärt Reale selbst in den originalen Liner Notes, die auch dem Re-Release beigefügt sind: George Harrison war der Grund, wieso Reale mit dem Gitarrespiel begonnen hatte (allein dafür müssen wir dem Beatle auf ewig dankbar sein, denn sonst wäre ein Meisterwerk wie Thundersteel nie entstanden), und sein Tod anno 2001 ging dem Riot-Mainman ziemlich nahe, weshalb er „Here Comes The Sun“ vom Abbey Road-Album umarrangierte – als geigendurchwirktes Akustikinstrumental, ohne Gesang also, und das funktioniert durchaus gut und paßt sich ähnlich gut ins Album ein wie das UFO-Cover, wobei dieses sowieso eine Art strukturelles Scharnier bildet. Vor ihm stand auf den Europa- und US-Pressungen das erwähnte experimentellere „Essential Enemies“, nach ihm kamen noch das Instrumental „Isle Of Shadows“, in klassischer ABAB‘-Form arrangiert, wobei sich im entrückt-langsamen B-Teil sogar mal kurz eine Flöte einschmuggelt, und eben das Beatles-Cover. Der Re-Release durchbricht diese Folge etwas, indem nach „Essential Enemies“ noch „Somebody“ eingeschoben wird, der 2002er Japan-Bonustrack, der eher unauffälligen Hardrock bietet. Schaut man mal die Composer-Credits durch, so fällt auf, dass wir mit Through The Storm tatsächlich ein fast reines Reale-Album vor uns haben – nur zweimal kommt Flyntz und einmal Bassist Pete Perez wenigstens zu Co-Composer-Credits.
Der Re-Release bietet außer der Hinzufügung des erwähnten Japan-Bonustracks aber noch vier weitere zusätzliche Songs. Da wäre zunächst eine Demo-Aufnahme von „Follow You“, einer speedigen Nummer, die am stärksten auf die direkten Vorgänger-Alben zurückblickt und die mit Jarzombek oder einem anderen Metal-Drummer ein richtig kerniges Stück geworden wäre, wobei der Refrain vielleicht noch eine gewisse Überarbeitung erfahren hätte, da er sehr unauffällig rüberkommt. Aber ansonsten handelt es sich um eine gewohnt starke Nummer mit schönem Soloduett, die gerne noch weiter hätte ausgearbeitet werden dürfen. Ebenjenes ist mit den anderen drei Nummern passiert, allerdings nicht auf Through The Storm, sondern erst auf dem Folgealbum. Sowohl „Army Of One“ als auch „Shine“ und „Blinded“ fanden dort ihren endgültigen Platz, ersterer sogar als Titeltrack und endlich wieder in den Speed-Metal-Gewässern fischend, die mancher Hörer auf Through The Storm doch ein wenig vermißt haben mag. Ob die hier zu hörenden Demoaufnahmen, die in Analogie zu denen vom Sons Of Society-Re-Release aus Rhythmusgitarren, Bässen und Drums bestehen, also Leadgitarren und Vocals noch außen vor lassen, noch aus den Arbeiten zu Through The Storm stammen, was ihre Veröffentlichung im Kontext von dessen Re-Release sozusagen chrono-logisch machen würde, ist ohne Vorliegen näherer Informationen nicht zu entscheiden – wenn dem so ist, dann erklärt sich nur aus der eingangs zitierten Reale-Strategie, dass die Songs nicht für dieses Album ausgearbeitet, sondern für einen weiteren metallischen Klopfer zurückgehalten wurden, zumal auch „Shine“ kernig-speedigen Metal bietet und nur „Blinded“ ein wenig zurückhaltender agiert. Sind sie aber erst später entstanden, so erschließt sich der Grund, sie ausgerechnet hier auf den Re-Release von Through The Storm zu packen, nicht so richtig, vom Platz mal abgesehen: Alle drei plus die zwei auf dem Army Of One-Re-Release (Review folgt) stehenden Boni hätten die dortige Kapazitätsgrenze gesprengt. Aber eine kleine Info darüber wäre schon irgendwie schön gewesen. Dennoch lohnt sich der Erwerb dieses Re-Releases natürlich grundsätzlich trotzdem, wenn man mit der „richtigen“ Erwartungshaltung an die Scheibe herangeht.



Roland Ludwig

Trackliste

1Turn The Tables5:21
2Lost Inside This World4:44
3Chains (Revolving)4:43
4Through The Storm6:13
5Let It Show4:37
6Burn The Sun4:26
7To My Head5:59
8Essential Enemies3:48
9Somebody3:42
10Only You Can Rock Me3:56
11Isle Of Shadows4:08
12Here Comes The Sun3:21
13Follow You (Demo)3:39
14Army Of One (Instrumental)4:19
15Shine (Instrumental)7:11
16Blinded (Instrumental)5:44

Besetzung

Mike DiMeo (Voc)
Mark Reale (Git)
Mike Flyntz (Git)
Pete Perez (B)
Bobby Rondinelli (Dr)
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger