····· Neues Solo-Album von David Gilmour im September ····· Evildead-Album wird mit einer ersten Single angekündigt ····· Alles ist =1 meinen Deep Purple auf ihrem kommenden Album ····· Sense of Fear, Heavy-Metal-Band aus Griechenland, veröffentlicht neue Single ····· Status Quo-Sommer-Tour in Deutschland ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Stravinsky, I. (Conlon - Chaudet)

Le Rossignol – Die Nachtigal


Info

Musikrichtung: Oper

VÖ: 01.04.2005

(Virgin Classics / EMI
DVD / Best. Nr. 7243 5 44242 9 8)


Gesamtspielzeit: 110:00

NACHTIGALL IM DIGITALEN WUNDERLAND

Gerade war der Uraufführungsschock des Sacre verkraftet, da verblüffte Igor Stravinsky sein Publikum mit einer Märchenoper nach Hans Christian Andersen: Le Rossignol - Die (chinesische) Nachtigall. Das 1914 uraufgeführte Werk hatte der Komponist bereits 1909 begonnen, dann aber wegen anderer Projekte zurückgestellt. Nach den blechgepanzerten Brachialschocks des Sacre wirkte Le Rossignol mit seiner in allen Regenbogenfarben schillernden Klangpracht wie Balsam. Stravinsky hatte seine Orchestersprache unter dem Eindruck des Impressionismus noch einmal verfeinert und erreicht hier geradezu filmmusikalische malerische Wirkungen. James Conlon und das Orchestre de l’Opera National de Paris, die das Werk 1999 mustergültig für die EMI auf CD gebannt haben, lassen denn auch keine Wünsche offen. Die Nachtigall sang damals keine geringere als Natalie Dessay mit ihrer wahrlich überirdisch schönen Stimme, die selbst in den exotischsten Wendungen federleicht, dabei aber ungemein leuchtend klingt.

Sowohl die Modernität der Musik wie auch die Qualität dieser Einspielung haben den französischen Regisseur Christian Chaudet zu einem Filmprojekt inspiriert. Getreu der Stravinskischen Forderung, es reiche nicht nur, die Musik zu hören, man müsse sie auch sehen, hat er seinen Film dem Werk Bild für Bild auf die Noten komponiert.
Dass dies ein Film zur Musik ist, darf man wörtlich nehmen: Keine Einstellung, keine Bewegung und keinerlei Effekte, die nicht auf Stravinskys Komposition abgestimmt wären. Anders aber als z. B. Oliver Herrmann, der auf die Musik zum Sacre mit einer eigenen Filmgeschichte antwortete, folgt Chaudet dem Libretto. Er übersetzt Andersens wunderschönes Märchen in nicht weniger fantasievolle Bilder, die überwiegend aus dem Computer kommen und auch sonst allerlei technische Spielereien, vom Notebook bis zum Handy, als Requisiten miteinbeziehen: ein Klassikvideo im Zeitalter von MTV und Clipästhetik, das zarte Poesie und Hightech harmonisch zu verbinden sucht. Aufs Ganze gesehen funktioniert diese ambitionierte Produktion allerdings besser als manch halbgarer Multimedia-Versuch, mit denen vor allem die Majors ihre Stars und Sternchen unters junge Publikum bringen wollen.

Die Grenzen zum Edelkitsch scheinen am ehesten noch die Eingangssequenzen zu überschreiten, obwohl (oder gerade: weil) hier die „unschuldige“ Natur-Welt der Nachtigall besungen wird. Doch diese Welt nimmt sich im Rechner eben trotz all der hübschen Schirmchen und sich blütengleich öffnenden Fächer doch merklich steriler aus, als die Las-Vegas-Vision der „Verbotenen Stadt“ im 2. Teil der Oper. Die nämlich ist hier - wie in Andersens Märchen - ein Palast aus kostbarem Porzellan und erglüht beim Empfang der Nachtigall in den knalligsten Bonbonfarben. Dass sich der kleine Vogel in dieser spektakulären Pop-Art-Welt mit ihren seltsamen, in Lampignons einherschwebenden Bewohnern, blinkenden Kameraaugen, gleißenden Scheinwerfen und Mikrofonen nicht wohl fühlt, versteht sich. Dennoch wünscht man sich an dieser Stelle, Stravinsky hätte noch ein paar Takte mehr geschrieben, die Chaudet auf diese Weise hätte bebildern können. Wenn dann der Tod den ganzen Laden abwickelt wie eine Supermarktkassiererin, lässt Chaudet das Reich des chinesischen Kaisers in welkem Grau-Grün dahindämmern. Bis die kleine Nachtigall zurückkehrt …

Da die kurze Oper - kaum eine Stunde lang - keine DVD füllt, hat man ein ebenso umfangreiches Making-Off dazugegeben. Für das Verständnis der Musik und des Films bringt der Anhang zwar nicht gerade viel. Aber für alle Technikinteressierten bietet die Dokumentation faszinierende Einblicke in die digitale Trickküche.



Georg Henkel

Besetzung

Natalie Dessay u. a.

Christian Chaudet, Regie

Orchester und Chor der Opera National de Paris
Ltg. James Conlon
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger