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Reviews

Schütz, H. (Kuijken, S.)

Auferstehungshistorie SWV 50 / Ostermotetten


Info

Musikrichtung: Barock Geistliche Musik

VÖ: 08.03.2019

(Accent/Note1 / Note 1 / CD / DDD 2018 / Best. Nr. ACC 2455)

Gesamtspielzeit: 56:57

VERINNERLICHTE OSTERFREUDE

Seinen 75. Geburtstag feiert dieses Jahr der Belgische Alte-Musik-Experte Sigiswald Kuijken. Für die erste Jubiläumseinspielung 2019 hat er mit seinem Ensemble La Petite Bande eine Reihe von Schütz-Werken aufgenommen, wie immer in der Personalunion von Leiter und ausführendem Musiker.

Während der Zeit des Dreißigjähren Krieges musste der Kirchen-Komponist Heinrich Schütz in Dresden mit sparsamsten musikalischen Mitteln auskommen; als Folge der vielfachen Kriegsverheerungen gab es einfach nicht genügend Sänger und Instrumentalisten, um großbesetzte Werke zu realisieren.
Schütz freilich erweist sich gerade angesichts der aufgezwungenen Beschränkungen als Meister intimer Sakralmusik. Eine Handvoll Sänger und Instrumentalisten genügen ihm, um geistliche Werke zu komponieren, die gerade wegen ihrer reduzierten Besetzungen besonders ergreifend sind.

Die Auferstehungshistorie zum Beispiel benötigt neun Sänger, die abgesehen vom Eingangs- und Schlusschor überwiegend solistisch oder in Duo-Besetzungen agieren. Dazu treten ein begleitendes Quartett von vier Gamben (von denen eine in dieser Einspielung durch die Violone ersetzt wurde) und eine kleine Orgel.
Der biblische Text, eine Synopse der verschiedenen Auferstehungsberichte, wird auf einem schlichten liturgischen Deklamationston vorgetragen, der vom dezent ausgezierten Gambenquartett mit einer klanglichen Aureole umgeben wird. Hier besticht der Tenor Stephan Scherpe mit hellem, klaren und unagestrengem Vortrag - verhalten und innig. Diese Qualitäten bestimmen auch die übrigen Partien und deren Darbietungen. Die einzelnen Figuren - Jesus, Maria Magdalena, einzelne Jünger - sind oft als Duo gesetzt, was Schütz zu immer wieder unmittelbar sprechenden, verfeinert-ausdrucksvollen Harmonisierungen nutzt, die vom Ensembles durch die vibratoarme Tongebung noch intensiviert werden. Bei aller äußerlichen "Armut" dieser Musik erreicht Schütz so immer wieder eine erstaunliche essentielle Verdichtung; es fehlt nicht an wirklicher Substanz und es braucht keine weitere Aufstockung der Besetzung, um mehr aus der Musik zu machen (was gleichwohl möglich und "authentisch" wäre).

Begleitet wird das Hauptwerk von mehreren kleineren Motetten zum Osterfestkreis, die von vergleichbarer Machart und Qualität sind. Schütz erweist sich diesen kleinen komponierten "Predigten" als ausgesprochen gelehriger Schüler jener venezianischen Meister, bei denen er studiert hat. Die madrigalesken Wirkungen der solistisch besetzten "Chöre" berühren hier wie bei der Historie durch die kunstvolle, dissonant angeschärfte Kontrapunktik. Auch hier ist die Musik immer klar "wortgezeugt": eine musikalische Vekündigung, die freilich nicht trocken dozierend ist und selbst da, wo sie sich auf die Text besungenen Trompeten und Posaunen verzichten muss, zu einem stillen Jubel aufschwingt.

Kuijken und La Petite Bande sind kongeniale Sachwalter dieser reduzierten Musik, die bei ihnen zu selbst kommt und aus sich selbst heraus spricht. Die hingebungsvoll meditative Haltung, die das Musizieren des Ensembles bestimmt, reagiert gleichwohl sensibel auf die rhetorischen Wendungen und Ausdrucksgipfel von Schütz' Musik. So ruft diese Einspielung die entsprechenden Resonanzen auch im Hörer hervor. Diese verhaltene Osterfreude erweist sich da vielleicht auch heute als angemessener als ein Triumphalismus mit Pauken und Trompeten.



Georg Henkel

Trackliste

01 "Weib, was weinest du?" SVW 443 4:04
02 "Ich bin die Auferstehung und das Leben" SWV 464 2:37
03 "Ich weiss, dass mein Erlöser lebt" SWV 393 2:46
04 "Singet dem Herren ein neues Lied" SWV 35 4:35
05-12 Historia der Auferstehung Jesu Christi SWV 50 42:55

Besetzung

La Petite Bande:

Anna Gschwend, Marie Kuijken, Sören Richter, Daniel Schreiber, Jens Hamann, Baltazar Zuniga, Stephan Scherpe, Stephan Vock: Gesang
Thomas Baeté, Kaori Uemura, Marleen Thiers: Gambe
Mario Sarecchia: Orgel

Sigiswald Kuijken, Violine/Violone & Leitung
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