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Reviews

Mercury Rev

Bobbie Gentry’s The Delta Sweete Revisited


Info

Musikrichtung: Indie-Rock Fusion

VÖ: 08.02.2019

(Bella Union)

Gesamtspielzeit: 42:46

Internet:

http://www.mercuryrev.com/
https://www.pias.com/#
https://bellaunion.com/

Um es einmal lautmalerisch auszudrücken, „Em-Ei-Dabbel-Es-Ei-Dabbel-Es-Ei-Dabbel-Pi-Ei!“, das kennen doch ganz viele, oder? Klar, wenn man es schreibt, dann heißt es natürlich “Mississippi“, und der ganze Song “Mississippi Delta“ und stammt von der ersten Platte der US-amerikanischen Sängerin Bobbie Gentry, von ihrer ersten Platte (und den Song kennen wahrscheinlich noch viel mehr) “Ode To Billie Joe“. Jener Scheibe folgte “The Delta Sweete“. Leider kann man diese einzeln nicht mehr erhalten, allenfalls auf dem Komplett-Paket “The Girl from Chickasaw County: The Complete Capitol Masters“.

Doch was hat die 1989 gegründete New Yorker Band Mercury Rev damit zu tun? Sie nahm sich letztlich der Songs jenes Zweitwerks der Künstlerin an, titelmäßig mit einer Ausnahme. "Louisiana Man“ wurde durch “Ode To Billie Joe“ ersetzt. Als positiv anzusehen ist es, dass man nicht versucht hat, die einzelnen Stücke so originalgetreu wie möglich zu interpretieren, sondern sich eine eigene Sichtweise zulegte. Geholfen haben zwölf ganz unterschiedliche Sängerinnen verschiedener Genres, so dass man meistens den Eindruck hat, nicht das Werk einer einzigen Band zu hören, sondern eine Kollektion eines Tributs an Bobbie Gentry.

Allein dadurch, dass jeder Song von einer anderen Lady gesungen wird, ist die Ausrichtung bereits anders angelegt, jedoch vermag es keine der Damen, diesen besonderen erotisch-rauchigen Ausdruck von Bobbie zu erreichen. Aber – das muss ja auch nicht sein, weil Mercury Rev Musik vorgelegt haben, die außer den jeweiligen Kompositionen auch gar nichts gemein haben mit der Original-Platte, jener Platte, mit der ein Sittenbild des damaligen Lebens im Süden der USA gemalt wurde. Und das gelang eben nur so, wie es seinerzeit vorgetragen wurde. Mit anderen Worten, wüsste man nicht von der Existenz des Originals oder von Bobbie Gentry, dann müsste man sich halt konzentrieren auf diese zwölf Songs dieser Einspielung.

Und die sind, losgelöst betrachtet, als ein abwechslungsreicher Reigen interessanter Musik mit Indie-Anstrich zu betrachten. So mutiert zum Beispiel das damals bereits gecoverte “Big Boss Man“ vom schleppenden Blues zu einem Stückchen Americana, dass vom Blues so gar nichts übrig behalten hat, sogar die Melodie scheint völlig verändert. Sehr melancholisch und mit schwirrenden Streicherklängen und Mundharmonika unterfüttert, singt Rachel Goswell “Reunion“, wobei man den Eindruck gewinnen muss, dass das Original in viele Einzelteile zerlegt wurde und mühevoll zu einem neuen Song zusammengebastelt wurde. Es klingt eindrucksvoll, ist aber letztlich nicht sehr beeindruckend. Das hängt sicher auch mit der Auswahl der jeweiligen Gastsängerinnen zusammen, die sich nicht unbedingt sehr engagiert zeigen, sondern oft sehr lasziv bis mitunter gelangweilt wirkend, und so wurde aus dem einst druckvollen “Parchman Farm“, einer Geschichte um das Leben im Knast, eher ein nachdenklich wirkendes Liedchen, dass sich auch damit beschäftigen könnte, wie man auf einer Farm den Weizen aussät oder Blümchen pflanzt.

Als herausragende Songs fallen mir das mit einem seichten Hauch gut arrangierter Popmusik versehene “Mornin‘ Glory“, gesungen von Laetitia Sadier, das von Margo Price mit mehr Emotion vorgetragene “Sermon“ und, wie zu erwarten, Lucinda Williams‘ Interpretation von “Ode To Billie Joe“. Sie singt es, wie man es vermutet, schräg und kraftvoll und voller Inbrunst. Warum hat man Lucinda nicht für die ganze Platte verpflichten können? Wie man die Herangehensweise von Mercury Rev nun betrachtet, mag polarisieren, zu hoffen bleibt für mich jedenfalls, dass diese Veröffentlichung zumindest Anlass genug sein sollte, das 1968er Original wieder auf den Markt zu werfen!



Wolfgang Giese

Trackliste

1 Okolona River Bottom Band (ft. Norah Jones)
2 Big Boss Man (ft. Hope Sandoval)
3 Reunion (ft. Rachel Goswell)
4 Parchman Farm (ft. Carice van Houten)
5 Mornin’ Glory (ft. Laetitia Sadier)
6 Sermon (ft. Margo Price)
7 Tobacco Road (ft. Susanne Sundfør)
8 Penduli Pendulum (ft. Vashti Bunyan with Kaela Sinclair)
9 Jessye Lisabeth (ft. Phoebe Bridgers)
10 Refractions (ft. Marissa Nadler)
11 Courtyard (ft. Beth Orton)
12 Ode To Billie Joe (ft. Lucinda Williams)

Besetzung

Jonathan Donahue (vocals and guitar)
Sean "Grasshopper" Mackowiak (guitar, keyboards, clarinet)
Jesse Chandler
Plus vocal guests
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
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19 bis 20 Überflieger