····· Osterei - Luxus-Haydn auf Vinyl ····· Zwischen Grunge und Pop suchen Woo Syrah ihren Weg ····· Der zweite Streich von Billy Idol neu und erweitert ····· Die Hamburger Ohrenfeindt sind „Südlich von Mitternacht“ auf der Überholspur ····· BAP gehen auf Zeitreise in ihre besten Jahre ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Vodu

The Final Conflict


Info

Musikrichtung: Melodic Speed Metal

VÖ: 25.02.2017

(Voice Music / Classic Metal)

Gesamtspielzeit: 40:20

Internet:

http://www.voduband.com
http://www.voicemusic.com.br
http://www.classicmetal.com.br

Zu den Vorreitern des brasilianischen Metals in den Achtzigern zählten Vodu, die nach zwei noch in portugiesischer Sprache betexteten Demos anno 1986 ihr in Englisch eingesungenes Debütalbum The Final Conflict aufnahmen. Für selbiges geben manche Quellen zwar auch andere Jahre als Veröffentlichungsdatum an, aber die hier vorliegende 2017er Wiederveröffentlichung arbeitet überall mit der Zahl 1986, und da es die Band zudem fertigbrachte, anno 2007 aus Anlaß des 21jährigen (!) Jubiläums der besagten Scheibe die vorher jahrelang brachliegenden musikalischen Aktivitäten wieder aufzunehmen, liegt die größere Wahrscheinlichkeit tatsächlich auf 1986.

Wie auch immer: Ein Exemplar gelangte weiland auf verschlungenen Wegen auch nach Berlin und erzeugte eine Lobhuldigung auf die Band in Volume 3 von Matthias Herrs Heavy Metal Lexikon, die der Damals-Noch-Nicht-Rezensent wahrnahm – aber zu einer akustischen Begegnung mit der Band kam es damals nicht, sondern erst jetzt im Zuge der besagten Wiederveröffentlichung, die neben den acht Originalsongs noch einen mit 2016 datierten Bonustrack namens „Walking With Fire“ enthält, der anfangs ein Instrumental vermuten läßt, aber dann nach knapp anderthalb Minuten doch noch Gesang auffährt und sich wie das Originalalbum im Bereich des melodischen Speed Metal ansiedeln läßt. Wer allerdings auch immer in Track 9 singt, tut dies viel tiefer als Andrews Góis in den acht Originalsongs, dessen gelegentliche hohe Schreie jeder US-Metal-Band zur Ehre gereichen würden, der allerdings generell ein relativ weites Stimmspektrum beherrscht und sich keineswegs nur in allerhöchsten Lagen bewegt – in „This Is Not Your World“ wechselt er gar kurz in kehliges Shouting, während sonst eine sehr klare Artikulation dominiert und die Stimmfärbung bisweilen ein klein wenig an André Matos erinnert, mit dessen damaliger Band Viper Vodu weiland auch die Bühne geteilt haben, wie das um diverse alte Plakate und viele Fotos angereicherte Booklet des Re-Releases beweist.

Auffälligster unter den Instrumentalisten ist akustisch allerdings nicht das Gitarristenduo aus Bruno Bontempi und José Luis Gemigniani, sondern Bassist André Cagni, denn das Klangbild stellt sein Spiel relativ weit in den Vordergrund, wenngleich ab Song 2 nicht mehr so auffällig wie im Opener „Contradictions“, dessen völlig eigentümlicher Sound sehr schwer zu beschreiben ist. Dass Cagni in Songs wie „What An Irony“ auch Leadpassagen übernimmt, dürfte gleichfalls kein Zufall sein – der Mann ist schließlich Hauptsongwriter der Band und gönnt sich selbst logischerweise Möglichkeiten, sein Können unter Beweis zu stellen, wobei er allerdings immer band- und songdienlich arbeitet und keinem Egotrip unterliegt. Und natürlich bleiben auch die Gitarristen nicht unterrepräsentiert: Für das Genre immanent haben Vodu zwei absolute Könner an diesen Positionen stehen, die sowohl im Riffing Solides als auch im Solobereich Phantastisches leisten. Der noch geradliniger anmutende Opener macht freilich nicht nur soundlich, sondern auch tempotechnisch in den Folgesongs einer etwas anderen Linie Platz, denn die Songwriter basteln immer mehr Tempovariationen ein, ohne freilich die Songs unlogisch zu zerpflücken. Die Halbballade „Nuclear Delirium“ arbeitet darüber hinaus hochgradig geschickt atmosphärische Akustikparts ein, die zudem bisweilen mit einem sanften Keyboardteppich unterlegt werden, dessen Urheber das Booklet anonym beläßt, so dass nicht ergründet werden kann, ob es der rein namentlich naheliegende Bruno Bontempi war. Auch der Titeltrack wird nach einer kriegerischen Soundcollage von einem längeren Akustikpart aus Gitarre und Baß eingeleitet, bis sich nach anderthalb Minuten dann doch wieder die insgesamt dominierende melodische Hochgeschwindigkeit Bahn bricht.

Interessanterweise sind alle fünf Mitglieder am Songwriting beteiligt, auch der Drummer hat zwei Songs mitgeschrieben und der erwähnte Basser/Hauptsongwriter nur den letzten, „Let Me Live (I Don't Wanna Die)“, nicht, der dafür der einzige Beitrag von Zweitgitarrist Gemigniani ist. Den Bonustrack wiederum hat Sänger Gois verfaßt, was dafür spricht, dass er ihn auch singt – in den halbhohen Lagen agiert er immer noch sicher und ausdrucksstark, in den tieferen trifft er nicht immer ganz die Ideallinie. Aber exzellente Gitarristen haben auch die aktuellen Vodu noch (laut der Encyclopedia Metallum ist von der The Final Conflict-Besetzung Gemigniani immer noch bzw. wieder dabei, und die nennt auch Gois als aktuellen Sänger), und der Sound des Bonustracks ist logischerweise viel fetter, interessanterweise aber weniger baßlastig als die alten Aufnahmen. So bleibt summiert nur die Aussage, dass man Matthias Herrs sehr positivem Urteil über Vodu bereits anhand dieses Debütalbums ohne weiteres beipflichten kann. (Der mit drei neuen Mitgliedern an Mikrofon und Gitarren eingespielte Nachfolger Seeds Of Destruction soll noch stärker sein, was der Rezensent mangels Besitzes aber bisher nicht beurteilen kann.)



Roland Ludwig

Trackliste

1Contradictions2:24
2What An Irony2:57
3How Can You Believe6:30
4This Is Not Your World5:12
5Endless Nightmare3:23
6Nuclear Delirium5:39
7Final Conflict5:14
8Let Me Live (I Don't Wanna Die)3:35
9Walking With Fire (Bonus Track)5:19

Besetzung

Andrews Góis (Voc)
Bruno Bontempi (Git)
José Luis Gemigniani (Git)
André Cagni (B)
Sergio Facci (Dr)
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger