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Reviews

Mutter

Der Traum vom Anderssein


Info

Musikrichtung: Psychedelic Rock / Garage / Punk / Alternative Rock

VÖ: 24.03.2017

Die eigene Gesellschaft (Eigenverlag) / Hanseplatte

Gesamtspielzeit: 52:35

Internet:

http://www.muttermusik.de

Mutter sind wohl die am sträflichst vernachlässigte deutsche Band, die noch aktiv ist. Gegründet 1986, schafte es die Band zwar zu Kultstatus, aber leider (oder zum Glück?) niemals den Durchbruch. Ihre Ursprünge liegen im Berliner Underground der 80er Jahre, unter anderem gibt bzw. gab es Beziehungen zur Kultband Die Tödliche Doris (deren Sänger der Bruder von Max Müller ist) und der Hamburger Schule in den 90ern. Und Mutter sind zäh, spielen bis heute live und haben es seit ihrer Gründung auf inzwischen 13 Alben (Livealben inklusive) gebracht.

Das nun erschienene Studioalbum Der Traum vom Anderssein ist eben dieses erste Album und zeigt durchaus, dass die Band nach wie vor an ihrer Linie festhält. Es zeigt deutlich die zwei Gesichter diese Mutter auf.

Das erste Stück prescht mit einer heftigen Mischung aus Psychedelic, Punk und Garage gleich nach vorn. Schlagzeug und Drums knallen in bester Stoner-Manier, Gitarren und Keyboards geben einen mystischen Sound wieder und Max Müller schreit seinen Text durch diesen Soundnebel. Auch das folgende “Menschen werden alt und dann sterben sie“ geht in diese Richtung, wirkt etwas strukturieter, was aber in erster Linie am etwas klarer gemsichten Gesang liegt.

Somit hat Mutter erst mal ihre Marke gesetzt, den Hörer ein wenig verschreckt und gleichzeitig in ihre Welt gezogen. Darauf folgt dann das zweite Gesicht. “So bist Du“ ist purer Alternativerock mit einer sehr packenden Melodie und einem schon etwas ausgetreten wirkenden Refrain. Allerdings rettet die Band das Stück durch wunderbar schräge Gitarreneffekte, die sich langsam zu einem Klangwall entwickeln, vor dem Versinken in belanglosem Alternative.

Das folgende Titelstück bewegt sich auch mehr im gemäßigteren Bereich, doch auch hier versteht es die Band den an sich einfachen Song mit vielen interessanten Gitarren- und Schlagzeugeffekten spannend zu gestalten. Ebenso baut sich ein starker "Wall of Sound" zum Ende auf, der durchaus ein wenig an die guten alten Chameleons oder My Bloody Valentine erinnert. Trotzdem bleibt es natürlich recht simpler Alternative Rock.

“Glorie“ arbeitet mit einem treibenden Gitarrenrhythmus, pulsierendem Schlagzeug-/Bass-Gemisch und einer treibenden, einfachen Keyboardmelodie. Hierüber wird der Text recht aggressiv gesprochen und später kreisen richtig geile Gitarrensounds um den Hörer. Starker Song der so viel in weniger als drei Minuten packt. Andere Badns machen aus diesen Ideen vermutlich ein komplettes Album.

“Fremd“ ist dann purer Alternative, der die Nähe zur Hamburgerschule (das Bulletteninstut? ;-) - Anm.d.Red.) mehr als deutlich aufweist. Eine Ballade, die von Bass und Schlagzeug angetrieben und von perlenden Keyboards und Gitarren domniert wird. Vielleicht schon ein Stück zu süßlich, doch auch hier schaft es Mutter durch die vielzahl von Ideen im Arrangement und vor allem mit dem sehr geilen, abhebendem Outro das Stück vor Schlimmerem zu bewahren, auch wenn die Streicher zwar sehr schön, aber auch recht dick aufgetragen sind.

Mit “Geh“ schwenkt Mutter dann wieder in ihr anderes Gesicht zurück. Brodelnder Garagepsych, vermischt mit ein wenig Alternativerock bildet einen soundgewaltigen Teppich für den kaum verständlichen Gesang der zwischen Sprechen und Chorgesang changiert. Auch das fast 10 Minuten lange letzte Stück “Kravmann“ bleibt beim sich langsam entwickelnden Psychsoundgetöse. Es werden noch einmal alle Register gezogen und ein weiterer Höhepunkt abgeliefert.

Der Traum vom Anderssein ist ein weiteres sehr hochwertiges Produkt von Mutter, das aber wohl wieder nicht zum großen Durchbruch führen wird. Dafür ist diese Dame zu kantig, zu ehrlich und zu sehr bei ihren Wurzeln geblieben. Aber das ist wohl auch gut so. Denn Alben wie diese macht man nicht mit kommerziellen Kalkül. Alben wie dieses macht aus dem Bauch. Und für uns alle bleibt zu hoffen, dass Mutter das weiterhin so machen und uns regelmäßig mit Alben wie deisem beglücken wird.



Wolfgang Kabsch

Trackliste

1Glauben, nicht wissen5:46
2Menschen werden alt und dann sterben sie8:37
3So bist Du6:12
4Der Traum vom Anderssein5:18
5Glorie2:57
6Fremd7:26
7Geh6:34
8Kravmann9:45

Besetzung

Max Müller: Gesang
Florian Koerner von Gustorf: Schlagzeug
Micki Fröhlich: Bass
Olaf Boqwist: Gitarren
Keyboard: Julie Miess
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger