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Reviews

Adam de la Halle (Micrologus)

Le Jeu de Robin et Marion


Info

Musikrichtung: Mittelalter

VÖ: 11.09.2004

Zig Zag Territories / Note 1
CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. ZZT 040602


Gesamtspielzeit: 58:22

OPER DES MITTELALTERS!?

Eine mittelalterliche Oper? Nun, die Version von Adam de la Halles berühmten weltlichen Spiel von Robin und Marion aus dem Jahre 1285, die uns das italienische Ensemble Micrologus hier präsentiert, hat tatsächlich etwas von jener Gattung, die offiziell erst 400 Jahre später das Licht der Welt erblicken sollte. Da gibt „Rezitative“ und liedhafte „Arien“, kleine „Ensembles“, „Chöre“ und „Duette“, alles begleitet und verbunden durch wechselnde instrumentale Zwischenspiele oder Tanzeinlagen. Allerdings: Vieles davon ist eine nachträgliche Anreicherung des eigentlichen Spiels, wobei die Interpreten vornehmlich auf andere Werke des Komponisten zurückgegriffen haben.
Diese Ausweitung aber ist sehr überzeugend gelungen. Während das originale Spiel den dramatischen roten Faden enthält und die Geschichte von Robin, seiner Marion und dem eifersüchtigen Ritter Aubert in der Art einer mittelalterlichen Pastorale erzählt, liefern diverse Motetten und Rondeaus de la Halles dazu einen im wahrsten Sinne vielstimmigen Kommentar: Bei den Motetten z. B. erklingen im Stil der Zeit drei Texte gleichzeitig! Die Tänze fungieren zwischen den Abschnitten als Überleitungen oder spinnen die „Stimmung“ einer Szene mit rein instrumentalen Mitteln weiter.
Die Begabung von Adam de la Halle zeigt sich u. a. in der Mühelosigkeit, mit der er einen volksliedhaften, eingängigen Ton mit den Kompositionstechniken der zeitgenössischen Kunstmusik verschmolz. Das Material der Musik sind im Wesentlichen eingängige kleine Motivzellen und rhythmische patterns, die den Text des Spiels einerseits unter Spannung setzten, andererseits ornamental auszieren.

Dass Micrologus darauf verzichtet, die instrumentale Begleitung auf pseudomittelalterliche, leiernde Borduntöne zu reduzieren, bringt einem diese Musik ein gutes Stück näher. Es gibt durchweg einen quasi-improvisierten, oft mehrstimmigen Begleitsatz, an dem die unterschiedlichsten Instrumente beteiligt sind. Gespielt und Gesungen wird tadellos, wobei die „psychologische“ Gestaltung der Partien eher diskret ist. Dies und die Betonung des rhythmischen Puls’ bedingt eine gewisse ritualhafte Statik der Darbietung, die ihren eigenen Reiz hat.
Die Ergänzungen der „Originalkomposition“ kommen heutigen Hörerwartungen, die es nach einer gewissen Abwechslung verlangt, entgegen, entsprechen aber auch dem offenen, prozesshaften Werkvorstellungen des Mittelalters. Sowieso lassen sich viele aufführungspraktische Fragen - vor allem von Intrumentation, Rhythmus und Metrum - nur durch intensive Forschungen und Entlehnungen aus vergleichbaren Quellen lösen. Hierzu und zu Adam de la Halle enthält das leider nur englisch- und französischsprachige Beiheft einen ausführlichen, interessanten Beitrag.

Insgesamt eine ebenso klangvolle wie musikalische Erlösung von Adam de la Halles wegweisendem Werk aus der musikhistorischen Spezialistenecke.



Georg Henkel

Besetzung

Patrizia Bovi (Gesang, Gotische Harfe, Trompete)
Adolfo Broegg (Laute, Guinterne)
Gabriele Russo (Fiedel, Cornemuse, Trompete)
Leah Stuttart (Gotische Harfe, Mittelalterliche Harfe)
Goffredo Degli Esposti (Große und Kleine Schalmei, Flöten, Tambour, Cornamuse)
Olivier Marcaud (Gesang)
Mauro Borgioni (Gesang)
Simone Sorini (Gesang, Cymbal)
François Lazarevic (Cornamuse)
Luigi Germini (Trompete)
Gabriele Miracle (Kastagnetten, Tambourin)
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