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Reviews

Vejvanovsky, P. J. u. a. (Les Sacqueboutiers)

Musique à la cour de Kromeríž


Info

Musikrichtung: Barocke Bläsermusik

VÖ: 01.05.2004

Ambroisie / Note 1
CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. AMB 9948


Gesamtspielzeit: 64:15

KOMPONIEREN UNTER DEM KRUMMSTAB

„Unter dem Krummstab ist gut leben.“ So hieß es landläufig im 17. und 18. Jahrhundert. „Krummstab“ ist eine Anspielung auf das Herrschaftszeichen jener Bischöfe und Äbte, die nicht nur geistliche Gewalt über Bistümer oder Klöster ausübten, sondern als katholische Territorialherren zugleich auch weltliche Potentaten waren. Als solche wetteiferten sie nicht nur in politischen Dingen mit ihren „rein“ weltlichen Kollegen von Gottes Gnaden, sondern auch, was Hofhaltung und Repräsentation anging. Ein reichspolitischer Nebenschauplatz in der Provinz konnte - modern gesprochen - kulturpolitisch durchaus tonangebend sein. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Denn die Musik, vor allem jene auf den „starcken“ Instrumenten wie Trompeten, Posaunen und Pauken war seit jeher ein Privileg und Standeskennzeichen der großen Herren. Ein akustisches Signet kündete ihren Auftritt an, Tafelfreuden wurden musikalisch untermalt, abendliches Amüsement im fürstlichen Appartement oder Garten, Bälle und schließlich die Oper waren nur einige weitere der Gelegenheiten, zu denen Musik unerlässlich war.
Für Musiker jedweder Couleur war der barocke Hof also ein lohnendes Biotop, vorausgesetzt, der hohe Herr (oder die entsprechende Dame) hatte Sinn für derlei prestigevolle wie kostspielige Unterhaltung. (J. S. Bach wusste von der wenig musikbegeisterten Gattin seines Herrn Leopold von Anhalt-Köthen, der berühmten „Amusa“, ein Klagelied zu singen.)

Diese neue Aufnahme des renommierten französischen Ensembles Les Sacqueboutiers führt den Hörer an den Hof von Kromeríž (oder Kremsier), der im 17. Jahrhundert als Residenz der Bischöfe von Olomuc (Olmütz) seine Glanzzeit erlebte. Zahlreiche so genannte „Kleinmeister“ dieser Epoche, die heute längst als „Großmeister“ erkannt sind, wirkten dort als Hofkomponisten: Heinrich Ignaz Franz von Biber (von dem es hier einmal nichts zu hören gibt), Johann Heinrich Schmelzer und Pavel Josef Vejvanovsky zum Beispiel.
Letzteren und einigen ihrer Kollegen aus dem 18. Jahrhundert ist die vorliegende Produktion gewidmet.
Auf dem Programm steht Bläsermusik in unterschiedlicher Besetzung und Couleur: Stücke für die, wenn man so will, „Big-Band“ des Bischofs. Zu der gehörten neben Zinken und Posaunen auch Fagott, Trompeten, Violine, Pauke und Truhenorgel. Das Kremsier-Ensemble war damals für seine Qualität berühmt. Und hört man diese Musik, dann versteht man schon, dass es für die virtuose Musik entsprechende Spezialisten braucht. Selbst die Posaunen müssen hier mitunter mit der Leichtigkeit von Blockflöten geführt werden, um die reich figurierten Linien zu spielen. Der Satz ist durchweg farbig, durchsichtig und konzertant gehalten: Das ist (selbst beim einleitenden Balletto von Schmelzer) keine protzige Prunkmusik, sondern elegante Hofkunst. Selbst Trompeten gibt es nur gelegentlich zu hören, auch sie fügen sich stets in den eher intimen Gesamtklang ein. Les Sacqueboutiers spielen die Musik entsprechend in kammermusikalischer Besetzung, mit warmen, unaufdringlichem Ton.



Georg Henkel

Trackliste

1Schmelzer: Balletto a Cavallo6:29
2Fux: Sonata a quatro7:12
3Vejvanovsky: Sonata Tribus Qudrantibus3:50
4Weckmann: Sonata I a quatro4:31
5Vejvanovsky: Sonata a cinque3:48
6Vejvanovsky: Sonata Sancti Spiritus2:09
7Schmelzer: Sonata a tre in do maggiore4:16
8Schmelzer: Sonata La Carolietta in sol maggiore6:04
9Vejvanovsky: Sonata Venatoria3:44
10Schmelzer: Sonata a tre in la minore5:30
11Vejvanovsky: Sonata a quatro in sol minore4:53
12Johann Theile: Sonata a cinque4:40
13Vejvanovsky: Serenada7:09

Besetzung

Gilles Colliard, Violine
Jean-Pierre Canihac, Zink
Daniel Lasalle, Posaune
Laurent Le Chenadec, Trompete
Yasuko Bouvard, Orgel-Positiv

mit:
Guillaume Blaise (Pauken)
Jean Imbert – Patrick Pagès – Valentin Perez(Trompete)
Fabrice Millischer (Trompete, Tenor-Posaune)
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