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Die Staatsoper Unter den Linden trauert um Michael Gielen

Michael Gielen (20. Juli 1927 – 8. März 2019), einer der zentralen Dirigenten der vergangenen Jahrzehnte, der mit seinem Engagement für die Klassische Moderne und die zeitgenössische Musik, aber auch mit seinen zutiefst ernsthaften, auf die Substanz und den Kern der Werke zielenden Aufführungen des klassisch-romantischen Repertoires Bleibendes geleistet hat, ist im Alter von 91 Jahren verstorben.

Der Staatsoper Unter den Linden und der Staatskapelle Berlin war er als »Principal Guest Conductor« in besonderer Weise verbunden. Zwischen 1991, als er erstmals im Haus dirigierte – die von Ruth Berghaus inszenierte Neuproduktion von Debussys Pelléas et Mélisande –, und 2013 hat er zahlreiche Opernvorstellungen und Sinfoniekonzerte geleitet. In den Jahren danach war es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich, diese kontinuierlich gewachsene, auf wechselseitiger Zuneigung und Wertschätzung begründete Zusammenarbeit fortzusetzen. Die Verbundenheit mit der Staatsoper und der Staatskapelle, für die er sich gerade auch in kritischen Zeiten immer sehr eingesetzt hat, blieb über seine gesamte Lebenszeit erhalten.

Eine Fülle an eindrucksvollen Abenden verdanken wir Michael Gielen: die Erstaufführung von Alban Bergs Oper Lulu etwa, die 1997 im Haus Unter den Linden stattfand (zwei Jahre zuvor hatte er dieses Werk gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin bereits bei den Salzburger Festspielen zur Aufführung gebracht), die vom Publikum wie der Presse gefeierte Premiere von Franz Schrekers Der ferne Klang 2001 in der Regie von Peter Mussbach, aber auch die Neuproduktionen von Bellinis Norma und Verdis Macbeth mit ihren innovativen künstlerischen Ansätzen.

Seit 1999 dirigierte er regelmäßig die Staatskapelle Berlin, wobei er pro Saison ein sinfonisches Programm mit dem Orchester einstudierte und präsentierte, weit gefächert mit Musik von Beethoven und Schubert, Bruckner und Mahler, über Schönberg und seine Schüler bis hin zu Bernd Alois Zimmermann und Aribert Reimann. Mit hoher künstlerischer Verantwortung hat sich Michael Gielen dabei den aufführungspraktisch herausfordernden Werken der Neuen und Neuesten Musik zugewandt, aber auch den Klassikern der sinfonischen Literatur, die er in einer von allen unreflektierten Traditionen gereinigten Art und Weise wiederzugeben und zu vermitteln wusste. Die von ihm dirigierten Aufführungen in Oper wie Konzert haben eindrucksvoll bewiesen, das vermeintlich Bekannte in einem überraschend neuen und klaren Licht erscheinen zu lassen, im Zuge eines auf die Werke selbst hin konzentrierten, dirigentisch souveränen und gedankentiefen Musizierens, dessen Unbedingtheit und Energie sich auf alle, die es erlebt haben, unmittelbar übertragen hat.

In Michael Gielens Biographie spiegelt sich die Geschichte des 20. Jahrhunderts, die politische wie die musikalische. Geboren in Dresden als Sohn des prominenten Opern- und Schauspielregisseurs Josef Gielen kam er 1936 nach Berlin. Auf Druck der Nationalsozialisten ging die Familie zwei Jahre darauf nach Wien, um 1940 nach Buenos Aires zu emigrieren, da der Vater dem Regime kritisch gegenüberstand und die Mutter jüdischer Abkunft war. In Buenos Aires, wo Josef Gielen am Teatro Colón engagiert war, kam der junge Michael Gielen u. a. mit Erich Kleiber in Kontakt, der ihn sehr prägte, zudem auch mit Wilhelm Furtwängler. Er studierte Klavier und Musiktheorie, darüber hinaus begann er auch zu komponieren. Seine musikalische Tätigkeit begann er als Korrepetitor am Teatro Colón, nach seiner Rückkehr nach Europa arbeitete er ab 1950 in gleicher Funktion an der Wiener Staatsoper, wo er von Dirigenten wie Herbert von Karajan, Karl Böhm und Clemens Krauss beeinflusst wurde. Ab 1960 hatte Michael Gielen dann Leitungspositionen an Opernhäusern sowie bei Orchestern inne – zunächst an der Königlichen Oper in Stockholm, ab 1969 dann beim Belgischen Nationalorchester in Brüssel, ab 1973 dann an der Niederländischen Oper in Amsterdam. Das Jahrzehnt zwischen 1977 und 1987, als Michael Gielen gemeinsam mit Ruth Berghaus legendäre Produktionen an der Oper Frankfurt realisierte (zudem war er Leiter der Frankfurter Museumskonzerte), gehört zu den wichtigsten seiner Laufbahn, ebenso die Zeit als Chefdirigent des SWR-Sinfonieorchesters Baden-Baden zwischen 1986 und 1999, in der er große sinfonische Zyklen, u. a. mit Werken von Beethoven, Bruckner und Mahler erarbeitete. Darüber hinaus leitete Michael Gielen auch das BBC Symphony Orchestra und das Cincinnati Symphony Orchestra, in Berlin neben der Staatskapelle häufig auch das Konzerthausorchester.

Im Mittelpunkt seiner musikalischen Interessen standen die Werken der großen Komponisten des 18. und 19. Jahrhunderts (insbesondere Bach, Beethoven, Schubert, Bruckner und Mahler), vor allem aber die Musik der Wiener Schule mit ihren Protagonisten Schönberg, Berg und Webern, desgleichen aber auch deren Zeitgenossen Schreker und Zemlinsky und die Komponisten der Nachkriegszeit, u. a. Bernd Alois Zimmermann – dessen seinerzeit als unspielbar geltende Oper »Die Soldaten« er 1965 in Köln zur Aufführung brachte –, Karlheinz Stockhausen oder Luigi Nono.

Michael Gielen ging es immer um die Wahrheit der Musik, um die »utopischen« und »ersehnten Momente«, wie er es in seiner 2005 veröffentlichten Autobiographie »Unbedingt Musik« ausgedrückt hat. Die Musikwelt verliert mit ihm einen engagierten Streiter für diese, unsere Kunst, einen wachen, reflektierten Geist, der um ihre Gefährdungen wusste und sich immer neu für sie eingesetzt hat. Die Staatsoper Unter den Linden und die Staatskapelle Berlin, die Michael Gielen so viel verdanken, werden ihm ihr ehrendes Andenken bewahren.


[Staatsoper Unter den Linden]


Internet:
http://www.staatsoper-berlin.de
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