Musik an sich


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Stockhausen, K. H. (Rundel)

Michaels Reise (2. Akt vom Donnerstag aus Licht)


Info
Musikrichtung: Neue Musik Orchester Konzert

VÖ: 01.10.2012

(Wergo / Note 1 / CD / live DDD / 2011 / Best. Nr. WER 68582)


Mit dem 2. Akt Michaels Reise aus seiner Oper Donnerstag aus Licht zeigt Karlheinz Stockhausen, dass eine Oper auch auf Gesang verzichten kann, ohne dass es darum an einer Handlung fehlen muss. Das Stück, das wie alle Szenen aus dem Licht-Zyklus auch separat aufgeführt werden kann, ist eine szenische Musik mit diversen Instrumentaldarstellern und Aktionen, die ganz aus der Entfaltung der musikalischen Struktur – einer dreistimmigen „Superformel“ - erwachsen. Sänger gibt es keine. Bei Michaels Reise handelt es sich zugleich um ein veritables Trompetenkonzert, dessen hochvirtuose Solo-Partie Stockhausen für seinen Sohn Markus geschrieben hat. Weitere wichtige Rollen übernehmen neben dem Orchester ein Kontrabass und ein Bassetthorn sowie ein Klarinettenpärchen.

In Michaels Reise begibt sich der Engel Michael in Gestalt eines Trompeters auf eine Reise um die Welt in sieben Stationen. U. a. werden Köln, New York, Japan, Bali, Indien und Afrika besucht und klingen auch in der Musik vor Ferne an. 2010 hat die Wiener Taschenoper zusammen mit dem Regieteam La Fura des Baus und dem Ensemble musikFabrik NRW das Werk neu inszeniert. Die ebenso suggestive wie effektvolle Einrichtung mit Videoprojektionen sowie einer spektakulären Schwebevorrichtung für den Micheals-Trompeter sorgte später in Dresden, Venedig, Paris und Köln für Furore. Jetzt ist eine CD mit dem Mitschnitt der Pariser Aufführung beim Label Wergo erschienen. Sie unterscheidet sich im Charakter von Stockhausens eigener Produktion aus den frühen 1980er Jahren, die bei seinem eigenen Label im Kürtener Stockhausenverlag erhältlich ist: Verglichen mit dem neuen Live-Mitschnitt nimmt sich die ältere Studiofassung transparenter, aber auch klanglich trockener aus. Die Darbietung ist von erlesener Qualität – perfekt musiziert von Markus Stockhausen und Suzanne Stephens (Bassetthorn) sowie dem Ensemble Intercontemporain.
Dafür bietet die neue Produktion unter Peter Rundels geschmeidiger Leitung einen sinnlicheren, auch körperbetonteren Klang und reich ausgehörte Farben. Die Musik wirkt massiver, dramatischer, sie ist dunkler und noch deutlicher bläserlastig grundiert. Man lauscht einem avantgardistischen Big-Band-Konzert. Marco Blauw als Michael und Nicola Jürgensen als Bassethorn-Mond-Eva bieten eine ausgesprochen klangschöne Darstellung ihres komplexen Parts - vor allem wenn man bedenkt, dass insbesondere Blauw seine Partie oft während zahlreicher waghalsiger Mannöver spielt. Stockhausens Musiker müssen buchstäblich fliegen können. Als Hörer hebt man hier gerne mit ab.



Georg Henkel



Besetzung

Marco Blaauw: Trompete
Nicola Jürgensen: Bassethorn

Ensemble musikFabrik

Peter Rundel: Leitung


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